Raus damit: Der US-amerikanische Service Provider Cognizant wollte wissen, wie es in Europa um Outsourcing steht. Das Unternehmen gab bei der Warwick Business School in London eine Studie unter 250 CIOs und CFOs (Chief Financial Officer) in Auftrag. Deren Teilnehmer stammten aus Deutschland, der Schweiz, den Benelux-Ländern und Frankreich sowie Skandinavien und Großbritannien.
Glaubt man den Zahlen, lagert jeder deutsche CIO Software-Entwicklungsprojekte aus. In der Schweiz dagegen tun das nur knapp zwei von drei IT-Chefs (65 Prozent). Im Durchschnitt aller Befragten sind es 85 Prozent. 77 Prozent der Deutschen geben demnach auch geschäftskritische Prozesse nach draußen (Business Process Outsourcing). Im Schnitt gilt das für 81 Prozent. Allerdings darf angesichts der Grundgesamtheit von 250 Studienteilnehmern aus so vielen verschiedenen Ländern an der Repräsentativität der Aussagen gezweifelt werden.
Laut der Studie sourct jeder deutsche CIO auch Application Maintenance aus (Schnitt: 87 Prozent). 85 Prozent der Deutschen geben Aufgaben um ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) nach draußen (Schnitt: 49 Prozent). 77 Prozent holen sich Unterstützung durch externe IT-Berater (Durchschnitt: 59 Prozent).
Außerdem lagern Deutsche Software-Testing (54 Prozent/Durchschnitt: 45 Prozent) aus. Weiter sourct knapp jeder Zweite (46 Prozent) Data Warehousing/Business Intelligence aus (Schnitt: 30 Prozent).
Beim Offshoring zeigen sich deutsche IT-Entscheider zurückhaltender als ihre europäischen Kollegen. "Nur" 62 Prozent entscheiden sich für Offshore-Anbieter, im Schnitt sind es 70 Prozent.
Stichwort Multi-Sourcing: Fast vier von zehn deutschen CIOs (38 Prozent) arbeiten im Bereich ERP mit mehr als einem Anbieter (Schnitt: 24 Prozent). Bei der IT-Beratung gilt das jedoch nur für rund jeden Zwölften (acht Prozent, Schnitt: 30 Prozent).
Abrechnung wenig flexibel
Abgerechnet wird in Deutschland typischerweise (77 Prozent) über vorab festgelegte Gebühren für bestimmte Dienstleistungen (Durchschnitt: 74 Prozent). Nur 31 Prozent nutzen ein Ticket-basiertes SLA-Abrechnungsmodell (Schnitt: 51 Prozent).
Glaubt man diesen Zahlen, weicht Deutschland oft vom europäischen Durchschnitt ab. Dieter Berz, Country Managing Director Deutschland bei Cognizant Deutschland, beobachtet bei deutschen CIOs ohnehin einige Besonderheiten.
"Deutsche IT-Entscheider legen sehr viel Wert auf den direkten, persönlichen Kontakt mit dem Provider", sagt Berz. "Am liebsten wäre es ihnen, wenn der Dienstleister mit im selben Raum säße." Deutsche CIOs fragen auch ungewöhnlich häufig nach Referenzen und Lebensläufen.
Klingt, als pflegten IT-Chefs hierzulande Misstrauen gegen Service Provider. Dass kulturell und geografisch entfernte Anbieter in der Bundesrepublik schlecht Fuß fassen, überrascht Berz nicht. Sein Eindruck: indische Dienstleister adressieren den deutschen Markt mit einem traditionellen Offshoring-Modell, das in Großbritannien und den USA sehr erfolgreich ist.
Deutsche CIOs müssen Einstellung zum Outsourcing ändern
Berz erwartet jedoch, dass sich diese Haltung in den kommenden fünf bis zehn Jahren ändert. "Das liegt zum einen am demografischen Wandel in Deutschland und zum Anderen an der Globalisierung", so der Deutschlandchef von Cognizant. "Wir werden künftig wesentlich virtueller kommunizieren und arbeiten als bisher. Die Nutzung sozialer Netzwerke und das Kommunikationsverhalten der nachfolgenden Generation geben hier gute Einblicke."
Stichwort Zukunft: Berz gehört zu den Befürwortern von Cloud Computing. Zumindest die Nachfrage nach Beratung rund um Cloud steige schon jetzt, berichtet er. Noch experimentierten deutsche Unternehmen vor allem mit Private Clouds. Insbesondere bei Business Process Services würden bereits Cloud-basierte Lösungen genutzt.