Sie haben bei Ihrem Amtsantritt vor etwa zwei Jahren verkündet, Sie wollten die IT vereinfachen. Outsourcing bedeutet allerdings auch mehr Komplexität.
Daniel Hartert: Nicht unbedingt. Es sorgt durchaus für Vereinfachung, wenn man Services, die man als Commodity betrachtet, von darauf spezialisierten Unternehmen betreiben lässt und diese effizient steuert.
Als ausgelagerte IT-Tochter ist BBS doch eigentlich auch auf diese Aufgaben spezialisiert.
Daniel Hartert: Sicher, aber unser Auftrag besteht darin, einen Wertbeitrag für den Konzern zu liefern. Wir sind auch nicht Bayer IT Services, sondern Bayer Business Services. Das heißt, wir bieten dem Konzern neben den IT-Dienstleistungen ein umfangreiches Portfolio an, das von Shared Services für Personal, Einkauf, Logistik und Finanzen bis hin zu Rechts- und Unternehmensberatung reicht.
Bei einem derart divergierenden Aufgabenspektrum konzentrieren wir uns auf die Dienstleistungen, die möglichst nah an der Wertschöpfungskette liegen. Mit Services, die einer sehr starken Commoditisierung unterliegen, kann sich Bayer in seinen Geschäften ja nicht differenzieren.
Wie ermitteln Sie eigentlich die Konkurrenzfähigkeit von Services?
Daniel Hartert: In unserem konkreten Fall haben wir zunächst mit der Unterstützung von IT-Sourcing-Beratern ermittelt, innerhalb welcher Preisspanne ein externer IT-Dienstleister die von uns spezifizierten Services anbieten könnte. Erst dann haben wir diese Services ausgeschrieben und die eingegangenen Angebote mit unseren Servicepreisen verglichen. Dabei haben wir erhebliche Einsparungsmöglichkeiten entdeckt.
Wie hoch ist denn erheblich?
Daniel Hartert: Über konkrete Summen reden wir nicht. Außerdem geht es nicht nur um den Preis. Auch die Qualität ist absolut wichtig. Denn das oberste Kriterium für uns ist die Zufriedenheit der Anwender im Konzern. Die Verantwortung für die Services liegt ja nach wie vor bei uns. Allerdings haben wir nun einmal festgelegt, dass wir in jedem Servicebereich mit den besten 25 Prozent der Anbieter mithalten wollen - und zwar kostendeckend. Eine Quersubventionierung einzelner Bereiche kommt für uns nicht infrage.
Anders herum betrachtet - ab welcher Einsparung lohnt sich eigentlich der ganze Aufwand? Der ist ja nicht unerheblich.
Daniel Hartert: Wir haben hier tatsächlich eine komplexe Transition vor uns. Das würden wir sicher nicht so beabsichtigen, wenn es sich nicht um eine wirklich signifikante Summe handeln würde. Sagen wir, im deutlich zweistelligen Prozentbereich.
Der Benefit braucht seine Zeit
Sie haben sich für Siemens SIS entschieden, einen Provider, dessen Aufmerksamkeit momentan ein wenig abgelenkt sein dürfte - aufgrund der Übernahme durch Atos Origin. Inwiefern ist das eine gute Anbieterwahl?
Daniel Hartert: Die Fusion hat aus unserer Sicht klare Vorteile, denn hier entsteht am Ende der größte europäische IT-Dienstleister - mit neun Milliarden Euro Umsatz und einer Vision, die uns überzeugt. Davon abgesehen, ist Siemens SIS hinsichtlich unseres spezifischen Anforderungsprofils tatsächlich der leistungsfähigste Anbieter. Und er hat zudem ein hohes Maß an Verständnis für unsere Bedürfnisse gezeigt. Darüber hinaus hat Siemens SIS schlüssige Konzepte für eine mögliche Mitarbeiterübernahme vorgelegt. Und das ist ein Thema, das für uns sehr hohe Bedeutung hat.
Welche Garantien geben Sie den betroffenen 260 Mitarbeitern?
Daniel Hartert: Da will ich den Gesprächen mit dem Betriebsrat nicht vorgreifen. Ich kann derzeit also nur bestätigen, dass Siemens SIS zugesagt hat, alle diese Mitarbeiter zu übernehmen.
Als Kriterium für die Provider-Auswahl nannten Sie unter anderem eine langfristige Partnerschaft. Auf welchen Zeitraum ist die Beziehung mit SIS denn ausgelegt?
Daniel Hartert: Das ist noch nicht endgültig entschieden. Aber es wird sicher nicht unter fünf Jahren sein. Denn eine solche Auslagerung erfordert einen gewissen Umbau, der sich nicht innerhalb von drei Monaten erledigen lässt. Und um aus diesem Vorhaben einen Benefit zu ziehen, braucht nicht nur der Anbieter, sondern brauchen auch wir eine gewisse Zeit.
Innerhalb von fünf Jahren verändern sich aber die marktüblichen Preise spürbar - und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit des Angebots.
Daniel Hartert: Deshalb sind regelmäßige Überprüfungen der Marktfähigkeit und eventuelle Anpassungen in heutigen Outsourcing-Verträgen standardmäßig enthalten.
Trotz relativer Größer zu klein
Was ist mit den im Haus verbleibenden IT-Services? Inwieweit werden die auch weiterhin auf ihre Wettbewerbsfähigkeit geprüft?
Daniel Hartert: Das tun wir selbstverständlich. Unsere Konzernkunden erwarten von uns, dass wir durch gezieltes Benchmarking die Wettbewerbsfähigkeit unserer Services kontinuierlich nachweisen. Das gilt auch für die anderen Bereiche von Bayer Business Services. Eine weitere Auslagerung ist derzeit nicht geplant. Es ist definitiv nicht so, dass wir das Outsourcing als Allheilmittel betrachten würden.
Bayer Business Services war ja einige Zeit lang selbst als Provider unterwegs. Aber im vergangenen Jahr haben Sie das externe Geschäft aufgegeben. Warum eigentlich?
Daniel Hartert: Diese Entscheidung haben wir getroffen, weil wir trotz unserer relativen Größe nicht mit den großen Serviceanbietern konkurrieren können. Die Marke Bayer steht nicht für IT oder Business Services, und die Devise des Konzerns ist, dass wir in allen operativen Geschäften zu den weltweit führenden Unternehmen gehören. Dieser Anforderung könnten wir als Service-Provider nie gerecht werden. Unser Ziel ist es deshalb, lieber die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns nachhaltig zu stärken.