Die Zeit der völligen Abschottung durch Patente in der IT-Welt verändert sich zunehmend. Aus diesem Grund sollten Kunden und Partner die Hersteller auffordern, eine klare Position zu beziehen, um nicht selbst ins Abseits zu geraten.
"Die großen Anbieter fangen an, ihre Strategien zu überdenken und alternative Szenarien zu testen", sagt Rüdiger Spies, Analyst bei der Experton Group. Der Trend sei nicht zuletzt durch die anhaltende Diskussion um Patente auf Software in Europa sowie die hohen Schadensersatzansprüche in den USA ausgelöst worden.
Laut der Analyse hatte IBM bereits im vergangenen Jahr die Nutzung von etwa 500 Patenten öffentlich verfügbar gemacht. Andere IT-Anbieter folgten dem Beispiel. Die Zugeständnisse kommen allerdings nicht von ungefähr. Die großen Hersteller drängen darauf, dass das amerikanische Patentamt die Patente in einem öffentlichen Open-Source-artigen Verfahren prüft. Der Grund: Es würde den Wert des einzelnen Patentes sowie die Qualität der jeweiligen Patenterteilungen erhöhen und die Kosten senken. Das betrifft im Besonderen den Software-Bereich.
Die Untersuchung zeigt, dass IBM zwischenzeitlich die Öffnung des Portfolios zur Verbesserung des Images in der Industrie nutzen konnte. Microsoft wird dagegen eher als restriktiv hinsichtlich des Umgangs mit Patenten gesehen. Allerdings hat das Unternehmen bereits vor knapp zwei Jahren mit seinem so genannten Indemnification-Programm (IP) (Rechtschutzprogramm) auf sich aufmerksam gemacht. Es stellt Kunden von Ansprüchen Dritter wegen potenzieller Patentverletzungen durch die Nutzung von Microsoft-Produkten schadenfrei.
Patente und SOA
Im Rahmen von SOA werden Patente auf High-Tech und Software immer interessanter, ebenso wie der Umgang mit IP. Der Analyse zufolge hat SAP ein Programm zum gemeinsamen software-mässigen Abbilden von Best Practices bei Geschäftsprozessen im Rahmen von SAP Enterprise Services Architecture (ESA) und Composite Applications ins Leben gerufen, ohne allerdings zu sagen, wie der Schutz von Intellectual Property der beteiligten Kunden gewährleistet werden soll.
Damit ergibt sich ein ziemlich uneinheitliches Bild hinsichtlich der zukünftigen Aufstellung im IP-Software-Bereich. Einerseits öffnen die Hersteller ihre Portfolios für die Allgemeinheit, andererseits erreichen die Anstrengungen, Patente auf Vorrat anzuhäufen, dramatische Ausmaße. Sie können schließlich als Handelsware bei potenziellen Auseinandersetzungen mit Mitbewerbern eingesetzt werden.
Die Untersuchung hat ergeben, dass sich Kunden darauf einstellen sollten, dass die Hersteller in Zukunft verstärkt ihr IP-Portfolio im Rahmen von Marketing verwenden. Im positiven Sinne, weil durch Freigabe versucht wird, ein positives Image aufzubauen. Es wird auch negative Faktoren mit sich bringen, weil versucht wird, die technologische Überlegenheit hervorzuheben.
Aus diesem Grund sollten Kunden ihr eigenes Know-How gegenüber Herstellern und System-Integratoren bei der Entwicklung von Best Practices schützen, so die Analyse. Der durch SOA beschleunigte Entwicklungsprozess neuer Software-Lösungen macht diesen Selbstschutz mehr als notwendig.