Das Drehbuch war schon geschrieben als Klaus Vitt als neuer CIO der Bundesagentur für Arbeit (BA) am 1. Januar 2005 seinen Job in der Nürnberger Zentrale begann. 78.000 PCs tauschen und 60.000 auf das Betriebssystem Windows XP migrieren: Diesen Roll-out hatte Rudi Hey (45) bereits durchorganisiert - der Mann für IT-Roll-outs bei der BA, die in Deutschland über 140.000 Mitarbeiter beschäftigt. Vom März 2005 bis zum April 2006, so Berechnungen des Mathematikers, sollte Cosima 4 - so der interne Projektname - über die Bühne gehen. Doch es kam anders.
Zwei Zwangspausen verzögerten den Roll-out um etwa ein Vierteljahr. Die vom IT-Lieferanten Maxdata gelieferten PC-Türme fielen reihenweise wegen Überhitzung aus. "Kein Kommentar", heißt es von Maxdata. Im September 2005 stoppte die Arbeitsagentur die Lieferung der PCs, die ihren Weg in Geschäftsstellen und Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) antreten sollten. "Die Produktion musste umgestellt werden. PCs dieses Typs haben wir nicht mehr angenommen", so Projektleiter Hey. Erst Mitte Oktober rollte der Cosima-4-Roll-out wieder an. Nach internen Beratungen sahen die IT-Manager um CIO Vitt keine Alternative, als sich vom Hardware-Partner zu trennen: "Wegen der instabilen Hardware mussten wir den Vertrag nach der vereinbarten Mindestabnahmemenge stoppen", konstatiert der Leiter des Bereichs Betrieb Infrastruktur und Logistik des BA-IT-Systemhauses Hey.
Das "bescherte" den Nürnbergern die zweite Pause, die im Rückblick fast gelegen kam. Denn das Bundesarbeitsministerium hatte sich zwischenzeitlich auf den 1. Januar für den Start von Hartz IV entschlossen, was die Integration der entsprechenden Software auf lauffähigen Computern erforderte. Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) sollten die Dienstleistungen weitgehend übernehmen. Doch waren sie noch nicht mit entsprechenden Computern ausgestattet: 15.000 neue Arbeitsplätze sowie 15.000 umbesetzte Agenturarbeitsplätze musste Hey kurzerhand ins Drehbuch miteinbauen.
Parallel dazu lief die neue Ausschreibung, die die BA zwischen November und März abwickelte. Fujitsu Siemens Computers übernahm den Auftrag und schickte fehlerfreie Hardware in das Logistiklager nach Essen, in dem Outsourcing-Partner ADA die PCs "betankte" und an zehn Regionaldirektionen, 180 Aenturen und über 1200 Geschäftsstellen schickte.
48.669 PCs hatte der Ex-Hardwarepartner bis Ende 2005 in das Logistiklager geliefert, die letztlich auch erfolgreich installiert wurden. Die Rest-Charge übernahm dann aber im April vergangenen Jahres FSC.
Detailplanung für die Liegenschaften
Von hier an griff das ursprüngliche Drehbuch wieder, das in der Dramaturgie dieses unvermeidliche Zusatzkapitel bekam. Mehr als hundert Teilschritte sind in dem Hey’schen Drehbuch enthalten, das eine Art Grobplan für den Roll-out ist. Es reicht von der zentralen PC-Bestellung über Detailschritte wie "Vervielfältigung der Boot-CDs" und "Übersendung Festplattendiagnose" über die "Frozen Zone", in der nichts mehr an PCs verändert werden darf, bis zur Endabnahme der Geräte.
Der Masterplan ist ein Aktivitätenplan für die einzelnen Liegenschaften. Schritt für Schritt ist erfasst, wer was zu tun hat. Was IT-Mitarbeiter aus dem dezentralen IT-Service, dem BA-Bereich Betrieb Infrastruktur Systeme BISY und Betrieb Logistik Infrastruktur BILO fertiggestellt haben, ist mit Datum und Haken versehen.
Bis zu 4.500 PCs pro Wochenende
Konzentriert finden sich sämtliche Aktivitäten schließlich im Installationsplan wieder. Hier steht schwarz auf weiß, welche Geschäftsstellen, Agenturen und ARGEn bereits versorgt wurden. 111.741 PCs hatte die Arbeitagentur am 23. Juni vergangenen Jahres mit der richtigen Software am richtigen Ort angeschlossen. Seit Ende Juli 2007 sind 138.000 PCs vor Ort und ausgestattet.
"Von März bis Juli letzten Jahres haben wir an 33 Installationswochenenden 138.000 PC-Arbeitsplätze umgestellt", sagt Hey und fügt hinzu: "Das traut man uns von der Arbeitsagentur gar nicht zu." Donnerstagnacht fuhren die Lkws vom Essener Logistikzentrum los. Bis Freitagmittag standen sie an ihrem Bestimmungsort. Um 13.30 Uhr starteten die "dezentralen IT-Mitarbeiter", in den Dokumentationen, kurz DITS genannt, und bis zu 135 Mitarbeiter der ADA mit der Installation und dem Anstöpseln der PCs. Bis Punkt 24 Uhr waren bis 4.500 PCs angeschlossen und die Geräte abgenommen. Für Problemfälle reservierte die BA den Samstag. Am Montag waren die neu bestückten Arbeitsplätze dann wieder "betriebsbereit".
Dennoch: Der Teufel steckt oft im Detail. "Für jeden einzelnen PC benötigen Sie Set-Daten", sagt Hey, "dazu gehören die Hausanschrift, Zimmernummer, Dosennummer mit den Anschlüssen und die PC-Nummer." Es muss bei jedem der neuen 78.000 PCs klar sein, wo er stehen soll und welche Anschlüsse dort zur Verfügung stehen sollen. Das erfordert eine Menge Detailplanung. Doch gerade das fasziniert den IT-Manager Hey. Bei ihm sind kurzfristig eingefügte Kapitel im Drehbuch geradezu willkommen.