Im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Kunden sind Relevanz, ein geringer Streuverlust und das Vermeiden überflüssiger Kontakte entscheidend. Gleichzeitig geht es immer auch darum, das Marketinginvest sparsam und zielgenau einzusetzen.
Bis heute haben es nur wenige Händler geschafft, eine personalisierte Kundenansprache über alle Vertriebskanäle hinweg umzusetzen. Voraussetzung ist ein hoher Grad an Automatisierung, was eine echte Herausforderung darstellt. Infrastruktur, Datenqualität und Analytics müssen stimmen, damit die richtige Botschaft zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal ausgespielt werden kann.
Der auf "Family Shopping" spezialisierte Online-Händler Mytoys hat dazu eine neue Business-Intelligence-(BI-)Software eingeführt. Dabei verfügt das zur Otto Group gehörende Unternehmen über eine langjährige BI-Erfahrung und besitzt zudem sehr viele Kundendaten, die über einen langen Zeitraum gesammelt wurden. Deshalb kann Mytoys die allermeisten Fragestellungen datentechnisch angehen.
Data Warehouse im Hintergrund
Den gestiegenen Anforderungen im Marketing wurde die vorher eingesetzte Lösung immer weniger gerecht. Deshalb entschied sich der Online-Händler für ein neues System für das Kampagnenmanagement vom Anbieter Selligent. Gefüttert mit Daten aus dem unternehmenseigenen Data Warehouse, bietet es dem Marketing zusammen mit einigen anderen Tools die Möglichkeit, eigenständig personalisierte Cross-Channel-Kampagnen zu erstellen und diese kanalübergreifend zu steuern.
Die neue BI-Infrastruktur sollte es der Fachseite ermöglichen, möglichst einfach auf die richtigen Informationen zuzugreifen, um eine gezielte Aussteuerung von individuellem Content, Angeboten und Incentives für jeden einzelnen Kunden zu erreichen. Dazu lassen sich komplexe Datenstrukturen automatisiert zu relevanten Insights verdichten und in Echtzeit bereitstellen. Selektionen sind dabei via Drag & Drop möglich. Zur Integration in das bestehende IT-System mussten in erster Linie die ETL-Strecken neu implementiert werden (ETL = Extract, Transform, Load; es bezeichnet den Datentransformations-Prozess im Data-Warehouse-Umfeld).
Als technisch und konzeptionell anspruchsvoll erwies sich die Integration verschiedener Dienstleister sowie die Verknüpfung und das automatisierte Zusammenspiel von deren Lösungen. In den PreSales-Gesprächen behaupten die Anbieter ja immer gerne, es werde keine Probleme geben, die Integration sei schnell erledigt. In der Realität aber mussten die Mytoys-Mitarbeiter erst zu Experten für die Tools des Dienstleisters werden, um die bestmögliche Lösung zu entwickeln. Auch die eindeutige Definition der zentralen Business-Kennzahlen sowie die Abstimmung über alle Unternehmensbereiche hinweg waren nicht immer einfach.
Die Erfolgsfaktoren für diese neue, hochindividuelle Infrastruktur sind:
die detaillierten historischen Marketing- und Kundentransaktionsdaten aus dem Data Warehouse,
die Erfassung und Verarbeitung der Bewegungsdaten der Kunden auf der Website in Echtzeit,
die Automatisierung bisher manueller Aufwände sowie
das interdisziplinäre Projektteam aus Marketing- und Data-Warehouse-Experten, das die Implementierung umgesetzt hat.
Im laufenden Betrieb unterstützen darüber hinaus eigene Tech-Spezialisten und Analysten das Marketing. Sie verstehen sowohl die Business- als auch die IT-Seite, denken außerhalb der historisch entstandenen, organisatorischen Silos und arbeiten gemeinsam mit den Fachexperten der Marketingkanäle und den Entwicklern der IT an der Weiterentwicklung und Optimierung der Tool-Landschaft im Marketing.
Kundeninteraktionen auf allen Kanälen
Mit dieser neuen BI-Infrastruktur ist die Mytoys Group heute in der Lage, hochindividualisierte, mehrstufige Kundeninteraktionen auf allen Kanälen - darunter E-Mail, Mobile, Facebook, Onsite, Display, Retargeting und andere - automatisiert umzusetzen. Beispielsweise können jetzt auf der Grundlage zentraler Kundeninformationen wie zum Beispiel Alter und Geschlecht des Kindes gezielt hochpersonalisierte Produktempfehlungen ausgespielt werden. Das betrifft beispielsweise die passende Kindermode oder altersgerechte Geschenkeempfehlungen zum Geburtstag - Dinge also, die für Kunden wirklich relevant sind.
Wird aus dem bisherigen Kaufverhalten oder über eine Shoptransfer-Prognose deutlich, dass Kunden an Produkten aus anderen Shops der Gruppe interessiert sein könnten, werden zusätzlich entsprechende Angebote, Aktionen und Sortimente von den Websites mirapodo (Schuhe), ambellis (Mode) und yomonda (Wohnen) ausgespielt. Dabei ist es egal, auf welchem Kanal sich der Kunde gerade befindet und welches Device er nutzt. Alle Kundeninformationen werden natürlich absolut datenschutzkonform behandelt: Bereits in der Projektphase legte das Unternehmen größten Wert darauf, dass die neue BI-Landschaft von Anfang an die strengen Anforderungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfüllt (Interessiert an der DSGVO? Laden Sie unser kostenloses PDF herunter!).
Conversion- und Click-Raten steigen
Um den organisatorischen Rahmen für diese datenoptimierte Personalisierung zu schaffen, hat Mytoys ihren Analytics-Bereich im Marketing signifikant ausgebaut. Anfang 2016 hat das Unternehmen mit der Weiterentwicklung seiner State-of-the-art BI-Plattform begonnen. Mit der Nutzung von unter anderem Data Vault als Modellierungstechnik und dem Einsatz von Tableau als Visualisierungstool wird Self-Service BI in einem agilen Umfeld fortlaufend gestärkt.
Mit Erfolg: Schon jetzt erreicht der Online-Händler eine um 13 Prozent höhere Conversion-Rate und eine um 45 Prozent höhere Clickrate bei personalisierten Teasern gegenüber nicht-profilbasierten Ausspielungen. Nach ersten Tests und Hochrechnungen verzeichnet die Mytoys Group insgesamt Einsparungen von rund 0,5 Prozentpunkten in der Kosten-Umsatz-Relation sowie hohe zweistellige Einsparungen an Personentagen auf der Data-Warehouse-Seite. Als nächster Kanal wird Print in das System integriert.
Insgesamt macht das Beispiel deutlich: Die Anforderungen an das Marketing und seine Mitarbeiter ändern sich und stellen Handelsunternehmen vor große, immer neue Herausforderungen. IT- und Analytics-Kenntnisse sind gefragt, um das Potenzial der vorhandenen Daten wertbringend für das Unternehmen nutzen zu können.
Passende Fachkräfte zu finden und Mitarbeiter gezielt weiterzubilden, sind in einem von Automatisierung und Analytik geprägten Marketing die Basis, um im Handel weiter erfolgreich bestehen zu können. Nur eine Organisation, die agil, produktbasiert und ohne Silos arbeitet, kann den immer schneller werdenden Veränderungen im Markt standhalten und seine Kunden kanalübergreifend mit größtmöglicher Personalisierung und Relevanz erreichen.