IT-Dienstleister verwenden SWOT-Analyse

Plattform-Entscheidung nach SWOT-Verfahren

09.10.2009 von Frank Keusch und Dr. Norbert Terglane
Klare Verantwortlichkeiten, konsequente Terminplanung und ein externer Moderator - dann klappt es auch mit der SWOT-Analyse. Das meinen jedenfalls Norbert Terglane und Frank Keusch von der Management-Beratung Excientes, die eine Untersuchung von Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Optionen (Options) und Risiken (Threats) auf die Fusion zweier IT-Dienstleister anwendeten.

Im Rahmen einer Fusion zweier IT-Dienstleister mussten verschiedene Richtungsentscheidungen getroffen werden, um die beabsichtigten Kosteneinsparungen realisieren zu können. Hierbei handelte es sich unter anderem um die Homogenisierung der Back-End-Plattform. Durch die bereits bei den IT-Dienstleistern vorhandenen Infrastrukturen waren zwei Handlungsalternativen inhaltlich einfach zu beschreiben. Im Rahmen der Auswahlentscheidung wurde noch ein drittes Szenario in Betracht gezogen. Das übergreifende Vorgehen der Richtungsentscheidung stellt sich wie folgt dar:

Die Abgrenzung der Szenarien.

Um nun zu einer konkreten Entscheidung zu gelangen, wurden sowohl die Vorgehensweise, die einzusetzende Methodik, unter anderem eine SWOT-Analyse, und auch die zu berücksichtigenden Aspekte definiert:

Mit der SWOT-Analyse strategisch entscheiden

Nach unserer Projekterfahrung sollte immer bereits vor der Analyse definiert werden, wie der gesamte Entscheidungsprozess ausgestaltet wird (Wer hat welche konkreten Kompetenzen: Wer bereitet die Entscheidung vor? Wer trifft letztlich die Entscheidung und wer ist für die Umsetzung verantwortlich?), um hierdurch insbesondere auch eine stringente Umsetzung sicherzustellen.

Spielregeln für die SWOT-Analyse erstellen

Daher wurde zur Bearbeitung der Aufgabenstellung die folgende Projektorganisation gebildet und die folgenden "Spielregeln" wurden mit dem Kunden vereinbart. Hierbei spiegelten wir das vom Kunden geplante Vorgehen an unseren Erfahrungen und den bis dahin gewonnenen Kenntnissen über die Kundenorganisation und die handelnden Personen im Sinne eines Sparrings-Partners (Wie steht jeder Einzelne der Auswahlentscheidung gegenüber? Wie wird sich die Zusammenarbeit in der Gruppe entwickeln?).

Hierbei zeigt sich regelmäßig, dass der externe "ungetrübte" Blick den Entscheidern auf Kundenseite "die Augen öffnet". Im Ergebnis wurden die folgenden Gremien mit der folgenden Aufgaben- und Kompetenzverteilung gebildet:

Qualität sicherstellen

Klassischerweise ist der Handlungs- und Entscheidungsraum bei Grundsatz- oder Richtungsentscheidungen relativ groß, so dass zunächst eine Abgrenzung und Konkretisierung von einzelnen Alternativen zielführend ist. Hierbei gilt es zu beachten, dass es sich um tatsächlich miteinander vergleichbare Alternativen handelt.

In diesem konkreten Beispiel wurde insbesondere darauf geachtet, dass ein einheitliches Qualitätsniveau betrachtet wurde. Die Alternativen für die Datenbank-Server werden in der folgenden Übersicht stark vereinfacht dargestellt:

Unser konkreter Auftrag als externe Berater im Rahmen der Ausarbeitung und Bewertung der Alternativen lag zum einen in der Vermittlung und Sicherstellung einer "sauberen" Methodik. Zum anderen gilt es gerade in solch einer Bewertungsphase, den Faktor Mensch nicht zu unterschätzen. Durch subjektive Präferenzen aufgrund der eigenen Erfahrungen, Unwissenheit oder unbewusste Voreingenommenheit gegenüber der ein oder anderen technischen Lösung können hier deutliche Verzerrungen in der Bewertung entstehen bzw. herbeigeführt werden.

Grafik zum Vorgehen und zu Bewertungsmethodik.

Diese Faktoren gilt es, beispielsweise durch die stringente Moderation der Sitzungen der Arbeitsgruppe, eine gezielte Qualitätssicherung der Ergebnisse, regulierende Einzelgespräche oder - als "ultima ratio" - auch eine Eskalation zur Geschäftsführung, weitgehend aus der Bewertung herauszuhalten.

Ergebnisse in Steckbriefen zusammenfassen

Nach der detaillierten Bewertung der Alternativen in den Perspektiven der Balanced Scorecard wurden die Ergebnisse in Steckbriefen zusammengefasst. Nachfolgende Übersicht zeigt beispielhaft die Bewertung für eine der Alternativen in den zuvor definierten Perspektiven der Balanced Scorecard:

Die Einzelbewertungen der Alternativen wurden zur Entscheidungsvorbereitung durch die Arbeitsgruppe ebenfalls mittels einer SWOT-Betrachtung gegenübergestellt. Nach unserer Erfahrung ist es wichtiger, hierbei ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, als die Definition aus dem richtigen Lehrbuch zu verwenden, damit sich bei der Entscheidungsfindung nicht in Nebenkriegsschauplätzen verstrickt und über Definitionen diskutiert wird. Hierbei ist es vielfach notwendig, zwischen den Beteiligten und den repräsentierten Unternehmenskulturen als Dolmetscher zu "übersetzen", damit nicht allein aufgrund von unterschiedlichen Begriffswelten Missverständnisse oder sogar Konflikte entstehen.

Die Geschäftsführer kamen nun zu der folgenden Empfehlung: Vor dem Hintergrund der strategischen Zielsetzung der Kostenführerschaft soll das Szenario RISC - Unix - Oracle als Konsolidierungsszenario umgesetzt werden.

Bereits vor der Evaluation der unterschiedlichen Alternativen wurde das folgende weitere Vorgehen definiert: Die Arbeitsgruppe soll entsprechend der Richtungsentscheidung "bis zum 28.10." einen detaillierten Migrationsplan inkl. der damit verbundenen Kosten erarbeiten.

Die Arbeitsgruppe erhält hierzu die Befugnis, kurzfristig auch Indikationsangebote der verschiedenen Hersteller auf der Basis eines gleichen Qualitätsniveaus (von der Arbeitsgruppe zu spezifizieren) einzuholen. Die Ergebnisse sollen dem Lenkungsausschuss in der nächsten Sitzung (Anfang November) vorgestellt werden.

Durch klare Termine Entscheidungsstau vermeiden

Durch solch eine klare Terminplanung vermeidet man unserer Erfahrung nach, dass ein Entscheidungsstau entsteht, weil der ein oder andere Vorstand noch diesen oder jenen Aspekt detaillierter beleuchtet haben möchte, nicht in "Entscheidungslaune" gewesen ist oder aus politischen Überlegungen nicht entscheiden wollte.

Die Richtungsentscheidung definiert das Ziel.

Hierbei hat es sich nach unserer Erfahrung bewährt, solche Sitzungen extern moderieren zu lassen, um nicht noch auf der Zielgeraden über Vorurteile oder unterschiedliche Begriffsverständnisse zu "stolpern". Zudem wird durch eine stringente Moderation und die konsequente Verfolgung der Zeitplanung auch kein Risiko bezüglich der Ergebnissicherung am Ende des Migrationspfades eingegangen.

Dr. Norbert Terglane, Vorsitzender der Geschäftsführung, und Berater Frank Keusch arbeiten bei der Excientes Management Consulting GmbH. Die Firma wurde in 2008 von Terglane als Spin-Off einer der Top-Management-Beratungen Deutschlands gegründet.