Die Nachricht, zuerst von der Financial Times verbreitet, sorgte allgemein für Überraschung: Microsoft hat eingestanden, dass das 2007 eingeführte System HealthVault für die Aufzeichnung persönlicher Gesundheitsdaten in den USA, dem Hauptmarkt von Microsoft, nicht zu den erhofften Einnahmen geführt hat.
Das quelloffene HealthVault sollte ein besonderer Baustein in der Microsoft-Strategie in Richtung Cloud Computing werden. 2007 hieß es beim Launch: "HealthVault bietet die Möglichkeit, Gesundheitsinformationen aus unterschiedlichen Quellen an einem gemeinsamen Ort abzulegen. Damit können Patienten von überall her im Internet auf diese Dokumentensammlung zugreifen." HealthVault arbeitet mit Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken, Versicherungen und Herstellern von medizinischen Geräten zusammen.
In Deutschland wurde im Januar 2009 eine Lizenzvereinbarung mit Siemens geschlossen. Damals versprach man, Patienten oder interessierte Personen könnten "in HealthVault ihre relevanten Daten etwa zu Impfungen, Krankheiten oder Medikamenten online in einem persönlichen "Gesundheitstresor" hinterlegen". Ziel sei es, dass sich diese Informationen mittels spezieller Anwendungen mit den IT-Systemen von niedergelassenen Ärzten, Kliniken oder auch Fitnesseinrichtungen austauschen lassen.
Siemens betreibt und vermarktet die Plattform. Darüber hinaus sollte das Unternehmen Partner aus der Gesundheitsbranche bei der Entwicklung von Anwendungen und Applikationen unterstützen, "um eine dynamische, personalisierte und zuverlässige Umgebung für die Gesundheitsdaten der Bürger zu schaffen".
HealthVault unterstützt zum Beispiel Geräte zur Messung des Blutdrucks oder zur Überwachung von Herzschrittmachern. Arztbesuche, Rezepte und weitere personenbezogene Daten können in der Cloud gespeichert werden und sind so für Patienten, Ärzte und andere Interessenten zugänglich.
Die Online-Suche Bing sollte HealthVault finanzieren
Für Personen ist HealthVault kostenlos. 2007 hatte Peter Neupert, bei Microsoft für die Gesundheitsprogramme verantwortlich, erklärt, man wolle Umsätze durch das Anstoßen von Online-Aktivitäten und besonders durch mehr Suchzugriffe auf dem eigenen Search-Portal "Bing" erzielen.
Mit Blick auf Google sagte Neupert damals: "Wir wissen, dass man mit Online-Suche sehr viel Geld verdienen kann. Dort können wir das Geld verdienen, um eine Initiative wie HealthVault zu unterstützen."
Offensichtlich ließ sich diese Absicht nicht verwirklichen. Geplant war unter anderem, kostenpflichtige Anzeigen neben Suchresultaten für HealthVault zu platzieren.
Neupert spricht nun davon, sich mit dem Bekanntmachen des Microsoft- und HealthVault-Brands zu begnügen, sich also in den USA auf reines Marketing zurückzuziehen. Der Gesundheitsmarkt in den USA sei zu komplex, um dort direkt Geld zu verdienen.
HealthVault soll weiterhin für Endkunden kostenlos bleiben. Wieviel Personen HealthVault in den USA nutzen, ließ Neupert gegenüber der Financial Times offen.
Zukunft von Microsofts Engagement für Healthcare-IT bleibt offen
In Deutschland, Kanada und der chinesischen Provinz soll HealthVault bereits Umsätze erzielen. Ob auch Gewinne erwirtschaftet werden, ist offen.
In den USA will Microsoft nun verstärkt seine Anstrengungen auf die Vermarktung eines anderes Produkts konzentrieren: "Amalga" soll Krankenhäuser dabei unterstützen, Daten aus den verschiedensten Gesundheitsanwendungen zu integrieren.
Auf der Fachmesse Medica haben Microsoft und Siemens im November zusammen die Gesundheitsplattform "Assignio" für den deutschen Markt angekündigt. Sie basiert auf HealthVault und soll einen Wandel in der Art und Weise herbeiführen, wie Personen Zugang zu ihren Gesundheitsdaten bekommen. Assignio wird von Siemens IT Solutions vermarktet werden.