Trotz Corona-Pandemie

Pleitewelle blieb Europa 2020 erspart

20.05.2021
Die Corona-Krise hat bisher nicht zu massenhaften Insolvenzen von Unternehmen geführt. Das zeigen aktuelle Zahlen der Creditreform. Grund zum Aufatmen sei das aber nicht, warnen die Experten.
Europa muss 2021 und 2022 mit einer höheren Anzahl an Pleiten rechnen.
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Das Corona-Jahr 2020 war mit seinen Lockdowns und den Problemen in den Lieferketten eine massive Herausforderung für Unternehmen in ganz Europa. Eine Welle von Firmenpleiten ist dem alten Kontinent dennoch bislang erspart geblieben, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zeigt.

Grund für eine Entwarnung sieht die Wirtschaftsauskunftei darin aber nicht. Im Gegenteil: Der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, befürchtet einen "deutlichen Insolvenzanstieg" in diesem und im nächsten Jahr - auch in Deutschland.

Hantzsch warnte, die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Europa spiegele nicht die wahre wirtschaftliche Situation vieler Branchen und Unternehmen wider. Voraussichtlich würden die Folgen der coronabedingen Verwerfungen in der Gesamtheit erst in den kommenden Jahren sichtbar werden. "Die Insolvenzwelle dürfte mit Auslaufen der Hilfsmaßnahmen Fahrt aufnehmen", sagte Hantzsch. Schließlich habe bereits vor der Krise mehr als jedes fünfte Unternehmen in Westeuropa mit seinem Geschäftsmodell keine Gewinne erzielt.

Kein Insolvenz-Tsunami in Sicht

In einer kürzlich veröffentlichten Studie war Creditreform zusammen mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu dem Ergebnis gekommen, dass allein in Deutschland in der Pandemie rund 25.000 Unternehmen durch staatliche Hilfen künstlich am Leben erhalten worden seien. Dennoch glaubt der Experte nicht an einen plötzlichen "Insolvenz-Tsunami". Er betonte: "Wir rechnen mit einer langgezogenen Delle, nicht mit einer großen Welle."

Insgesamt wurden 2020 in den 15 westeuropäischen EU-Ländern sowie Norwegen und Spanien laut Creditreform rund 120.000 Unternehmensinsolvenzen registriert - ein Rückgang um 26,9 Prozent gegenüber 2019. Damit sank die Zahl der Unternehmensinsolvenzen trotz der durch die Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Turbulenzen auf den geringsten Wert seit drei Jahrzehnten. Als einziges Land in Westeuropa meldete Irland einen leichten Anstieg der Firmenpleiten.

Auch in den Staaten Mittel- und Osteuropas sank die Zahl der Firmenpleiten um 8,8 Prozent auf 44.782. Dort verzeichneten drei Länder - Bulgarien, Tschechien und Estland - gegen den allgemeinen Trend einen Anstieg der Fallzahlen.

Staatshilfen für die von den Pandemiefolgen getroffen Unternehmen hätten europaweit bei der Verhinderung einer Pleitewelle eine große Rolle gespielt, betonte Creditreform. "Fast alle nationalen Regierungen mussten mit umfangreichen Hilfsmaßnahmen Unternehmen und Branchen unter die Arme greifen, die von den coronabedingten Einschränkungen stark betroffen waren." Auch Änderungen im Insolvenzrecht hätten dazu beigetragen, eine befürchtete Kettenreaktion zu verhindern. (dpa/rs)