Social Media oder Social CRM ist aktuell das Buzz-Word im Bereich Customer Relationship Management (CRM). Wodurch unterscheidet sich Social CRM vom herkömmlichen CRM?
Social CRM ist ja ein Teilbereich des Web 2.0, das die Kommunikation mit bestehenden und potenziellen Kunden erleichtert. Früher fand der Kontakt zum Kunden per Brief, Besuch oder Telefon statt oder die Ansprache erfolgte über Fernseh- und Radiospots - eine sehr einseitige Art der Kontaktaufnahme. Social CRM bietet eine dynamische Form der Kommunikation, bei der Unternehmen und Kunden ohne jegliche Programmier-Kenntnisse miteinander in Kontakt treten können. Deshalb wird das Web 2.0 auch oft Mitmach-Web genannt.
Wie funktioniert Social CRM eigentlich?
Das Web 2.0 hilft Unternehmen, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen und sich mit anderen Usern, sprich Kunden oder Interessenten zu vernetzen. Die Vernetzung kann über Kanäle wie Xing, Facebook, Twitter oder die Blogosphäre erfolgen und zwar zum Teil über Themen, die nicht unmittelbar mit dem Produkt in Verbindung stehen. So finden Unternehmen beispielsweise in einer Angelsport-Gruppe voraussichtlich männliche Teilnehmer zwischen 30 und 40 mit Interesse an Outdoor-Themen.
Angebot muss gepflegt werden
Wie kann ein Unternehmen über das Web 2.0 relevante Zielgruppen identfizieren ?
Es ist entscheidend ein Angebot zu machen, das die Zielgruppe anspricht, und dieses dann zu kommunizieren und zu pflegen. Es genügt beispielsweise nicht, einen Blog einzurichten, der selten neue Beiträge liefert und nicht vernetzt ist. Daran wird niemand Interesse zeigen.
Und wie erreiche ich eine gute Vernetzung?
Durch gute Inhalte auf einer entsprechenden Microsite und eine zielgerichtete Kommunikation. In einem unserer Projekte sollten wir beispielsweise für eine Afghanistan-Hilfsorganisation Interessierte und Multiplikatoren erreichen, um Hilfsprojekte und ein Buch zum Thema zu promoten. Dafür haben wie ein Online-Afghanistan Magazin und eine Xing-Gruppe eingerichtet. Für die Gruppe haben wir Einladungen an Personen versandt, die direkt Interesse an dem Land bekundet haben oder beispielsweise eine afghanische Sprache sprechen. Kriterium war außerdem eine hoher Aktivitätsindex und eine gute Vernetzung, um sicher zu gehen, dass unsere Informationen auch weitergetragen werden. Auf diese Weise wuchs die Gruppe rasch auf 200 Mitglieder an.
Erfolgt die Filterung der Personen automatisch?
Nein, wir haben zwar bestimmte Techniken und Standards bei den Schlagworten. Aber die Auswahl der Kontakte sollte meiner Meinung nach nicht automatisiert erfolgen. Auf diese Weise erhält man möglicherweise mehr Kontakte, aber mit hohen Streuverlusten. Die Kommunikation wird ineffizient. So funktioniert Networking nicht.
Ist das etwa für Großunternehmen nicht zu aufwändig?
Beim Social Media ist die Qualität der Kontakte von entscheidender Bedeutung. Auch Großunternehmen sollten ihre Kontakte immer aufdröseln und gezielt ansprechen. Auf diese Weise betriebenes Marketing wirkt zudem nachhaltiger. Wir haben schon Projekte umgesetzt, die längst abgeschlossen sind, zu denen wir aber heute noch Rückmeldungen erhalten. Der so genannte Longtail-Effekt.
Maus-zu-Maus-Propaganda bringt Reichweite
Vielen Unternehmen gelten Dienste wie Twitter und Facebook als unseriös wegen ihrer banalen Inhalte. Zu Recht?
Twitter hat durch Großereignisse wie die Wahl Obamas zum amerikanischen Präsidenten, die Wahlproteste im Iran oder die Flugzeuglandung auf dem Hudson einen enormen Popularitätsschub erhalten und ist zu einem Massenphänomen geworden. Inzwischen sind die Dienste in der Tat ein bisschen verschrien, weil sie beliebig erscheinen und häufig profane Themen zum Inhalt hat. Das ist bei Blogs nicht anders.
Wenn Unternehmen jedoch gute Inhalte liefern und sich effektiv vernetzen, können sie damit gute Marketing-Erfolge erzielen, weil man mit Twitter und einer "Maus-zu-Maus-Propaganda" durchaus hohe Reichweiten erzielen kann. Eine erfolgreiche Kampagne muss aber auch Aspekte wie die Suchmaschinen-Optimierung abdecken. Für eine professionelle Umsetzung ist daher die Unterstützung eines Fachmannes nötig.
Wie nutzen deutsche Unternehmen das Web 2.0?
Sehr zaghaft. Einige selten Exemplare nutzen Social Media bereits, es gibt beispielsweise einige erfolgreiche Blogs wie etwa der Firma Frosta, um ein Beispiel zu nennen. Aber die große Masse hat den Nutzen des Instrumentes noch nicht verstanden.
Welche Risiken birgt Social Media Marketing?
Die größte Gefahr liegt meiner Meinung nach darin, dass jeder über ein Unternehmen auch Schlechtes schreiben kann. Dafür gibt es Bewertungsplattformen und andere Kanäle. Die digitale Reputation eines Unternehmens - also wie die Internet-Gemeinde ein Unternehmen beurteilt - ist jedoch von größter Bedeutung. Die Strategie kann in diesem Fall nur sein, positive Nachrichten ins Netz zu spülen Dies ist auch der Grund, weshalb sich Firmen im Grunde mit dem Web 2.0 befassen müssen. Darin unterscheidet sich klassisches Marketing übrigens nicht von Social Media.
Der Trend hin zu Social Media wird sicher auch an den deutschen Unternehmen nicht vorüber gehen. Besteht dabei nicht die Gefahr, dass sich User aufgrund der Werbedominanz früher oder später enttäuscht von den Communities abwenden?
Das Risiko, dass das Web 2.0 an Aufmerksamkeit einbüßt, existiert sicherlich. Heutzutage schaut auch praktisch niemand mehr Fernseh-Werbung, und dennoch wirkt sie. Aber vielleicht wird es nach dem Web 2.0 ja bald ein Web 3.0 gegen, das wieder neue Marketing-Möglichkeiten eröffnet. Im Augenblick ist Social Media gerade für kleine und mittlere Unternehmen eine gute Möglichkeit, mit vergleichsweise geringen Budgets erfolgreich ihre Produkte zu kommunizieren. Mit guten Inhalten lassen sich gerade sehr spezielle Zielgruppen erreichen.