ES IST EINE endlose Geschichte - von Pilotprojekten, vonFirmen, die aufgaben, und vom immer kurz bevorstehendenMarktstart. Die Ankündigungen der Energiekonzerne, Internetaus der Steckdose anzubieten, haben auf der ComputermesseCebit eine gewisse Tradition. Genauso war es allerdingsbislang Tradition, dass diesen Ankündigungen keine(sichtbaren) Taten folgten.
Grund für die verfrühten und falschen Versprechungenist das Wettrennen der Anbieter von Breitbandzugängenvia Kabel, Nahbereichsfunk (Wireless Local Loop) und DSLüber Kupferkabel um ein und dieselbe Kundschaft. Dochallein die Deutsche Telekom brachte ihr T-DSL bis heuteweitgehend flächendeckend auf den Markt.
Früher dachten die Stromanbieter noch, sie könnten durch denInternet-Zugang über das Stromnetz eine Alternative auf derletzten Meile zum Telefonnetz der Deutschen Telekombieten. Doch mittlerweile hat die Liberalisierung des Marktsdie Preise so weit gedrückt, dass sich Telefonieren undInternet über die Stromleitung gar nicht mehr lohnen.
Technische Probleme
Zudem war die Technik nur schwer in den Griff zubekommen. Ständig drohte Powerline, andere Funkdienste zustören. Legendär die Geschichte von den flackernden Laternenbei einem Feldversuch in Großbritannien.
Erst am 30. März machte der Bundesrat den Weg für denInternet-Zugang über Stromleitungen frei. Am 1. Juli tratdie Nutzungsbestimmung "NB30" der"Frequenzzuweisungsplanungsverordnung" in Kraft. Doch diekritischen Stimmen mehren sich: Powerline werde sich inDeutschland bis auf weiteres nicht durchsetzen, so dieMarktforscher des Instituts ForresterResearch. Hauptprobleme seien die undurchsichtigePreisgestaltung, die mangelhafte Flächenabdeckung und dienicht garantierte Geschwindigkeit. Denn Powerline ist einShared Medium. Die Anbieter können die Bandbreite nichtgarantieren, weil sich bis zu 25 Kunden einen Trafoteilen. Gehen diese gleichzeitig online, verringert sich dietheoretisch mögliche Datenübertragungsrate von zwei Megabitdeutlich.
"Sollte der Feldversuch erfolgreich verlaufen, will Tesionschon im zweiten Halbjahr 1999 allen EnBW-Kunden den Dienstanbieten", hieß es damals. Doch dazu kam es bis heute nicht.Im September 1999 stellte EnBW-Partner Nortel nämlich seinePowerline-Entwicklung einfach ein. Der offizielle Grund: "zugeringe Erfolgsaussichten". Tatsächlich hatte dasbritisch-kanadische Gemeinschaftsunternehmen die Techniknicht in den Griff bekommen.
Scheinbares Zwischenhoch
Im Februar 2000 verbündete sich EnBW mit Siemens. Im März1999, pünktlich zur Cebit, hatte der Siemens-BereichInformation and Communication Networks erstmals vermeldet:"Umfangreiche Feldversuche für die Datenübertragung über dasStromnetz mit ausgewählten Energieversorgern sind geplant."Im November 2000 verkündete das Unternehmen zusammen mit demKasseler Energieversorger Energie-AktiengesellschaftMitteldeutschland (EAM) stolz den Start eines Pilotprojektsin Göttingen.
Zur Cebit 2001 sorgte Siemens jedoch statt mit derVorstellung des angekündigten "seriennahen Prototypen" miteinem Nebensatz in einer EnBW-Presseerklärung für einenPaukenschlag: EnBW halte an den Planungen auch ohne denPartner Siemens fest. Auf Nachfrage erklärte Siemens, derKonzern ziehe sich wegen der "ungewissen Rahmenbedingungenin Deutschland" aus der Powerline-Technik zurück. Insidervermuten, dass bereits zu diesem Zeitpunkt absehbar war,dass die Regulierungsbehörde die hochpegeligeSiemens-Technik niemals genehmigen würde und dies auch derwahre Grund für den Nortel-Rückzug gewesen sei. Die Nutzungder hohen Frequenzbereiche führte zu Störungen andererFunknutzer.
Neuer EnBW-Partner wurde der Schweizer TechnologiekonzernAscom. Zur Cebit 2001 konnte EnBW immerhin einen Test mit7500 Kunden im schwäbischen Ellwangen verkünden, der im Juliin ein reguläres Angebot überging.
Vom Durcheinander profitieren die Großen der Branche: Seit1. Juli bietet die Powerline-Tochter des Essener StromriesenRWE mit Ascom-Technik Anschlüsse für Kunden in denRuhrgebietsstädten Essen und Mülheim an. Bis Ende 2001 willRWE rund 20000 Kunden gewinnen; bis Mitte August gab esgerade 109 Nutzer. Viele ließen sich, gibt GeschäftsführerMichael Laskowski zu, vom Tarifsystem und den Preisenabschrecken. Statt Flatrate muss der Kunde für jedesMegabyte zahlen. Das Modem kostete bis zu 350 Mark. SeitSeptember ist der Preis in der Monatsgebühr enthalten- dieauf knapp 96 Mark stieg.
Auch der Stromversorger Preussen Elektra aus dem Eon-Konzernstellte vor der Cebit 2000 eine vom Jointventure Onelineentwickelte Surf-Box vor. In diesem Frühjahr sollte dasVerfahren, so Preussen-Elektra-Chef Hans-Dieter Harig imFebruar 2000, flächendeckend angeboten werden. Passiert istjedoch abgesehen von weiteren Feldversuchen bisher nichts.