Der Markt für IT-Outsourcing ist sehr intransparent. Besonders unerfahrene Firmen tun sich da schwer, den Überblick zu behalten. Die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Dienstleistern liegen meist in einem zweistelligen Bereich. Dass sie häufig nicht genutzt werden, liegt an den Unklarheiten beim Leistungsumfang im Ausschreibungsverfahren, wie die Berater von Active Sourcing immer wieder in der Praxis erleben.
Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen
Dadurch entsprechen die späteren Preisauswertungen häufig dem sprichwörtlichen Vergleich von Äpfeln und Birnen. Um das zu vermeiden, muss zum Vergleichszeitpunkt mit für alle Anbieter identischen Annahmen gearbeitet werden. Das ist dann der Fall, wenn die genauen Mengen und definitiven Service Level-Anforderungen noch nicht abschließend geklärt sind.
"Unternehmen, die outsourcen wollen, müssen exakt formulieren, welche Anforderungen sie haben", sagt Karsten Leclerque von PAC. Denn sonst flattern den Firmen Angebote von verschiedenen Anbietern ins Haus, die nicht miteinander verglichen werden können. Dabei müssen sich die Unternehmen jedoch ein gewisses Maß an Flexibilität bewahren. Da sie die Anforderungen in zwei oder mehr Jahren nicht genau kennen können, muss es möglich sein, den Vertrag während seiner Laufzeit variabel zu gestalten.
Für das Ausschreibungsverfahren gilt außerdem, zu enge Technologie-Vorgaben zu vermeiden. "Gerade Anwender, die das erste Mal auslagern, begehen häufig diesen Fehler", berichtet Stefan Regniet von Active Sourcing. Sie schreiben den Outsourcing-Anbietern oft die Wahl der einzusetzenden Technologien wie Hardware-Plattformen oder Netzwerktechnologien vor oder zwingen sie, die bestehende Infrastruktur ohne Änderungen zu übernehmen.
Outsourcing-Anbieter Freiraum lassen
Alles kontraproduktiv, was den auszuhandelnden Preis ausmacht, meint Regniet: "Wesentlich bessere Preise lassen sich erzielen, indem man sich als Anwender mit der konsequenten Festlegung von Services und Service Levels begnügt." Dem Anbieter sollte demnach ein angemessener Freiraum überlassen werden, durch eigene Technologien die gewünschten Skaleneffekte zu erzielen.
Zu den erfolgskritischen Elementen des Ausschreibungsverfahrens gehört auch, dass der einzelne Anbieter eine ausreichende Motivation entwickeln muss, den betreffenden Anwender als Kunden zu gewinnen. In der Regel ist das der Fall, wenn der Outsourcing-Dienstleister über mehrere, aber nicht zu viele Kunden ähnlicher Größe mit vergleichbaren Service-Anforderungen aus der gleichen Branche verfügt. Dann sind nämlich günstige Skaleneffekte eher möglich und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Anbieter beim Preis mit sich reden lässt.
Verfügt ein Anbieter dagegen über sehr viele Kunden, entwickelt er möglicherweise eine geringere Bereitschaft, sich auf Preisverhandlungen einzulassen. "Bei der Auswahl eines Outsourcing-Dienstleister ist mit Hinblick auf die langfristige Zusammenarbeit generell wichtig, dass beide Partner auf Augenhöhe agieren", meint Leclerque. Als Anwender bringt es nichts, nur einer unter vielen zu sein.
Keinen Preis vorgeben
Noch ein Problem ist laut Active Sourcing, dass viele Anwender gerne dazu neigen, das Preismodell für einen künftigen Vertrag schon in der Angebotsphase vorzugeben. Das ist meist jedoch nicht zielführend. "Als vorteilhafter hat sich in der Praxis herausgestellt, sehr genau auf die Abgrenzung zu achten, was das Angebot enthält und was nicht", sagt Regniet.
Die Gliederungstiefe des Preismodells hingegen muss noch nicht dem Detaillierungsgrad eines Vertrages entsprechen. Deshalb reicht eine etwas einfachere Struktur vollkommen aus, meinen die Berater von Active Sourcing.
Außerdem gilt es in der Angebotsphase, die Projekt- und Betriebskosten konsequent getrennt zu betrachten. Die Finanzierung von Projektkosten kann zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit berücksichtigt werden. Bei den Betriebskosten sollte die Sicht stets auf die gesamte Vertragsdauer und nicht nur auf ein Jahr gerichtet werden. Dazu gehören auch Restwerte am Vertragsende, die unbedingt in einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung enthalten sein müssen.
Keine übertriebenen Vorstellungen bei Preisverhandlungen
Im Nachgang eines Angebots sollte ausreichend Zeit dafür verwendet werden, technische Details und die gegenseitigen Erwartungen abzuklären, rät Regniet. Jeder Anbieter geht im Übrigen davon aus, dass noch preisliche Nachverhandlungen stattfinden werden. Aber Vorsicht vor übertriebenen Vorstellungen.
Auch wenn einzelne Outsourcer durch aus zu deutlichen Zugeständnissen in der Größenordnung von bis zu 30 Prozent bereit sind, muss die Erwartungshaltung der Anwender realistisch bleiben, wie Regniet warnt: "So hohe Nachlässe sind seltene Einzelfälle. Erwarten darf man jedoch zwischen zehn und 15 Prozent."
Preis ist nicht alles
Auch wenn es sich lohnt zu verhandeln, sollte das keineswegs übertrieben werden. Denn wie so oft im Leben, hat jede Medaille auch hier zwei Seiten. "Der Preis ist zwar wichtig, aber nicht alles", meint auch PAC-Berater Leclerque. Man sollte im Hinterkopf behalten, dass es sich um eine längerfristige Partnerschaft handelt, bei der sich beide Seiten am Leben lassen. Ziel sollte eine Win-Win-Situation sein.
Zwar lassen sich immer noch Anbieter darauf ein, Preise zu akzeptieren, die über mehr als die Hälfte der Laufzeit eines Outsourcing-Vertrages keinen Gewinn erzielen. Der damit verbundene stetig steigende Druck auf die Organisation kann sich für den Anwender aber negativ auswirken.
Adieu Kulanz
"Der Anwender ist als Kunde nicht mehr attraktiv und wird soweit wie möglich mit geringer Priorität behandelt", beschreibt Regniet die Konsequenzen. Es werden dann häufig nur noch die zwingend zu erreichenden Service Levels erfüllt, urteilt der Berater: "Jede Kulanzleistung entfällt dann."