Noch vor wenigen Jahren war die Betastraße in Unterföhring bei München in der Hand des Bezahlfernseh-Anbieters Premiere. Die Namensgeberin der Straße, Beta Research, entwickelte dort die D-Box, einen Empfänger ausschließlich für das Abo-Fernsehen und Pay-per-View-Angebot bei Premiere – heute ist der Receiver-Markt liberalisiert, der Preis von 400 auf 40 Euro gefallen, Premiere aus dem Geschäft ausgestiegen. Die Fernsehzeitung TV Digital macht nicht mehr Premiere, sondern das Hamburger Medienhaus Springer. Und die auf Dienstleistungen für das digitale Satellitenfernsehen spezialisierte Premiere-Tochter Digital Playout Center DPC verkaufte Premiere-Chef Georg Kofler im letzten Jahr an den Satellitenbetreiber SES Astra. „Premiere konzentriert sich auf sein Kerngeschäft – Marketing, Vertrieb und Programm“, erläutert Günter Weinrauch, seit Anfang des Jahres Leiter des Bereichs Information Management: „Und die IT gehört auch nicht dazu“.
Bereits kurz nach dem Börsengang von Premiere im März diesen Jahres und der Aufnahme in den MDAX im Juni verschlankt Premiere seine IT. Schon im August sollen die ersten 12 Mitarbeiter nicht mehr für Premiere, sondern für Partner arbeiten. Die Betreuung der Sendeplanung ging bereits am 1. Juli zurück an die Firma Create Ctrl, die die APIx-Tool-Familie „Explorer“, „Control Center“, „Planung und Redaktion“ und die „Programminformation“ einst programmiert hat. Die SAP-Landschaft geht voraussichtlich im August an einen Outsouring-Partner. Doch damit nicht genug: Weinrauch will auch den Systembetrieb, den Anwendungssupport und die Weiterentwicklung der Software auslagern. „Vorbereitend haben wir am 1. Mai bereits eine interne IT-Gesellschaft gegründet – die Pi-Systems“, erläutert Weinrauch, der zudem parallel seine Prozesse nach ITIL „definierbar und beschreibbar“ macht: „Eine wichtige Voraussetzung für Outsourcing“.
Die Geschäfte der IT-Tochter führt Weinrauch als Interims-Chef, doch bis Ende 2005 will er auch die 93 Mitarbeiter der IT-Tochter an einen Partner auslagern. „Für die Mitarbeiter wird sich zunächst nicht viel ändern“, sagt Weinrauch, der allerdings nicht für den künftigen Outourcing-Partner sprechen kann. Übrig bleibt ein 20-köpfiges Management-Team für die IT-strategischen Belange der Firma. Durch den Outsourcing-Gewaltakt erwartet Weinrauch eine „um etwa 20 Prozent höhere Effizienz – gegenüber internen Best Practices“.
An die Systemlandschaft will Weinrauch erst 2006 heran – etwa an das selbst entwickelte CRM-System, das derzeit auf einem Mainframe-System läuft. Der Ingenieur mit MBA bringt 15 Jahre CRM-Erfahrung mit und hat zuletzt auf der anderen Straßenseite bei Kabel Deutschland das Kundenmanagement vereinheitlicht. Erst wenn den 43-jährigen das Outsourcing nicht mehr beschäftigt, holt er seine neuen Pläne raus – und darauf steht: Standardisierung.