In den meisten Firmen fehlt es an Richtlinien für den Umgang mit privaten Endgeräten. Deren Nutzen fürs Geschäft wird zwar gebetsmühlenhaft propagiert, ist aber keineswegs evident. So lauten zwei Befunde einer insgesamt sehr nüchternen Studie von Freeform Dynamics über das Phänomen Konsumerisierung der IT. Obwohl es also an klaren Belegen für den positiven Charakter dieser Entwicklung fehlt, ist sie laut Analyst Dale Vile nicht aufzuhalten: Der Geist sei schon deshalb aus der Flasche, weil sich Top-Manager den Gebrauch ihrer Smartphones und Tablets nicht von der IT verbieten lassen.
Auf Basis einer Befragung von 1600 IT- und Business-Entscheidern aus Großbritannien, den USA und anderen Regionen zielt die Studie darauf ab, einige Mythen über das heißgekochte Thema „Consumerisation“ zu entkräften. Autor Vile stellt hierzu klar, dass es sich keineswegs um einen künstlichen Hype handle. Im Gegenteil: Der zunehmende und „inoffizielle“ Einsatz persönlicher Technologie und an Endverbraucher gerichteter Internet-Services in den Firmen sei sehr real.
„Es geht dabei aber nicht nur um schillernde Apple-Kits, wie viele uns glauben machen wollen“, heißt es in der Studie. „Die Aktivität umspannt eine Reihe verschiedener Geräte, unter denen Heimrechner und windows-basierte Notebooks vorherrschend sind.“ Unter den Services ragten Instant Messaging und Social Media heraus.
Etwa die Hälfte der Firmen befürwortet die Konsumerisierung der IT laut Studie ausdrücklich nicht, insbesondere wegen Bedenken in Punkto Sicherheit, Datenschutz, Compliance und Support. Das verhindere das beklagte Verhalten der Mitarbeiter allerdings nicht – auch dann nicht, wenn es formal untersagt werde. „Eines der größten Hindernisse gegen Kontrolle ist der Umstand, dass Top-Entscheider oft am stärksten daran interessiert sind, frei das zu nutzen, was sie wollen“, so Vile. „Zu dieser Gruppe Nein zu sagen, ist schwierig.“
Wie die Studie zeigt, gibt es bei den in Unternehmen verwendeten Endgeräten zwei Parallelwelten: eine offizielle und eine inoffizielle. Die offizielle Ausstattung der Mitarbeiter umfasst insbesondere Desktop-PC, Windows-Notebook und Blackberry-Smartphone. In mehr als der Hälfte der Firmen ist dazu aber von einem nicht offiziellen Gebrauch privater iPhones und iPads auszugehen. Das erklärt durchaus den Symbolcharakter dieser beiden Apple-Geräte für den Konsumerisierungs-Trend.
Kaum Nutzen für Talentbindung
Analyst Vile betont allerdings, dass sich in der Befragung ein sehr viel bunteres Bild zeigt. In der Tat ist etwa das iPhone in zwei Fünftel der Firmen mittlerweile auch offiziell Teil der IT-Welt, während alle nur denkbaren Geräte auch inoffiziell zur Arbeit verwendet werden. Als ein Treiber der IT-Konsumerisierung erweist sich dabei, dass Mitarbeiter mit Firmen-Blackberrys der älteren Generation schlicht nicht mehr arbeiten wollen. Während 15 Prozent der Befragten in ihrem Unternehmen überhaupt keine privaten Endgeräte im Einsatz sehen, beziffern fast zwei Fünftel den Verbreitungsgrad auf über ein Viertel der Mitarbeiter. 21 Prozent der Firmen verbieten diese Praxis, 28 Prozent akzeptieren die Konsumerisierung, weitere 5 Prozent ermuntern ihre Mitarbeiter sogar dazu. Der Rest lehnt die Entwicklung tendenziell ab oder hat keine Meinung dazu. Vor allem kleine Firmen zählen zu den Vorreitern. Neben den Mitarbeitern der IT-Abteilung selbst sind es insbesondere Vorstände, Kreativ-Mitarbeiter, das mittlere Management sowie Ingenieure und Techniker, die mit eigenem Equipment arbeiten wollen.
Neben der Verwendung privater Endgeräte macht Freeform Dynamics als zweiten Faktor der Konsumerisierung die Nutzung von Web-Dienstleistungen durch die Mitarbeiter aus. Weil hierfür in der Regel auch kein Support von Seiten der IT benötigt wird, erscheint dieses Feld im Vergleich noch stärker als Grauzone. In der Tat bestätigt die Befragung ein hohes Maß an nichtoffizieller Nutzung von SMS, Web-Conferencing, Social Networking sowie Speicherkapazitäten in der Cloud zu Arbeitszwecken.
Mit Ausnahme einer von zwei Fünftel angenommenen höheren Mitarbeiterzufriedenheit zeichnet die Studie ein eher diffuses Bild von Konsumerisierung als Nutzenbringer fürs Business. So gehen beispielsweise nicht einmal 10 Prozent der Befragten davon aus, dass sich ein starker Vorteil bei der Rekrutierung oder Bindung talentierter Mitarbeiter ergibt. Bei den Auswirkungen auf die Produktivität gehen die Meinungen weit auseinander, ob positive oder negative Effekte überwiegen. Nur ein Fünftel der Befragten vermutet hier einen großen Vorteil, der sich aus der Konsumerisierung ziehen lässt. „Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Konsumerisierungs-Befürworter einen positiven Einfluss auf die Produktivität immer als Hauptargument in Feld führen, um eine freie Wahl von Geräten und Services durch die Mitarbeiter zu rechtfertigen“, kommentiert Vile.
Der Analyst geht davon aus, dass es subjektiv durchaus einen gefühlten Produktivitätsschub gibt, wenn Mitarbeiter etwa statt eines alten Firmen-Blackberrys mit einem eigenen und neuen iPhone arbeiten. Als Gegenargument führen die Befragten zum Teil die Sorge um die Arbeitsdisziplin der Mitarbeiter an, weil ständig und überall private Ablenkung möglich sei. Freeform Dynamics weist das nicht von der Hand, gewichtet einen anderen Punkt aber wesentlich höher: Der individuelle Produktivitätsgewinn des Einzelnen muss nicht zwangsläufig fürs ganze Unternehmen gut sein.
„Die Gefahr an der Konsumerisierung ist, dass die Mitarbeiter am Ende ganz unterschiedliche Hardware, Software und Services verwenden, die wiederum auf unterschiedlichen Standards, Protokollen, Dateiformaten etc. basieren“, heißt es in der Studie. Selbst in der besten aller Welten könne kein Helpdesk über Expertise in allen Gadgets, Applikationen und Services verfügen, die die User bei freiem Spiel der Kräfte nutzen. In der Tat rechnen in der Studie mehr als 50 Prozent der Befragten damit, dass sich die Konsumerisierung auf den IT-Support im Unternehmen äußerst negativ auswirkt.
4 Tipps für die Anwender
Neben Support-Fragen machen die Befragten mehrheitlich Sorgen um die IT-Sicherheit, den Verlust von Daten und die Compliance. Im Kern wurzeln diese Bedenken laut Freeform Dynamics alle darin, dass die durch die Verbraucherbrille überzeugenden Lösungen nicht für Business-Zwecke gestaltet wurden. Selbst wenn es oftmals durchaus möglich sei, diese Anwendungen im Unternehmen sicher zu nutzen, sei dies zumeist mit erheblichem Aufwand von Seiten der IT verbunden.
Klare interne Regeln für den Umgang mit privaten Endgeräten und Web-Services sind aus Analystensicht ein wichtiger Schritt, um die Herausforderung der Konsumerisierung zu managen. Vorhanden sind sie derzeit nur in einem Teil der befragten Unternehmen. Jenseits dessen hat Freeform Dynamics einige Tipps für IT-Abteilungen parat: in Sicherheits- und Zugangsfragen aufmerksam sein, die Vorzüge von Desktop-Virtualisierung nutzen, auf geräteunabhängige Applikationen setzen, die eigenen Monitoring- und Management-Ressourcen kritisch überprüfen und bei Bedarf ausbauen.
„Der potenzielle Business-Nutzen ist in der Theorie vorhanden – vor allem für Firmen mit einem hohen Anteil mobiler Mitarbeiter, sofern für diese eine effektives Umfeld geschaffen wird“, lautet Viles Fazit zur Konsumerisierung. Allerdings müssten sich die Anwender auch darauf einstellen, dass das Managen dieses Trends erst einmal Geld kosten wird.
Die Studie „The Consumerisation of IT“ ist bei Freeform Dynamics erhältlich.