assetinum.com Studie

Privatbanken hinken im Social CRM hinterher

14.03.2012 von Ursula Pelzl
Kundenorientierung steht bei allen Banken auf der Agenda. Doch Interaktivität mit den Kunden via Social Media findet kaum statt. Die Citibank setzt Maßstäbe.
Nur wenige Banken vernetzen sich bereits aktiv mit Kunden und Interessenten in den Social-Media-Kanälen.
Foto: Octus - Fotolia.com

Mehr Informationen, mehr Transparenz und mehr Austausch über Social-Media-Kanäle - das wünschen sich immer mehr Bankkunden. Doch auf diesem Ohr sind die meisten Banken noch taub. Die 50 weltweit größten und wichtigsten Private-Banking- und Wealth-Management-Institute schneiden in einer aktuellen Studie des unabhängigen Informationsportals assetinum.com wenig überzeugend ab.

Citibank vor Société Générale und ABN AMRO

Für ihre Kommunikation auf Facebook, Twitter, YouTube, LinkedIn und für die Social-Media-Integration in ihre Websites erhalten die Banken in der Studie im Durchschnitt nur 43 von 100 Bewertungspunkten. Mit mindestens 70 Punkten überzeugen dagegen die Informations- und Interaktionsangebote von Citibank, Société Générale, ABN AMRO, Barclays, Wells Fargo, Standard Chartered, Deutsche Bank und Vanguard.

Im Durchschnitt ist es um die Social-Media-Kompetenz der Banken jedoch schlecht bestellt, so die Auswertung des Schweizer Beratungsunternehmens und Anlegerportals. "Bei erstaunlich vielen Banken ist noch immer keine überzeugende Social-Media-Strategie auszumachen", kommentiert Benjamin Manz, Geschäftsführer von assetinum.com die Ergebnisse.

Banken verschlafen Facebook

Ein Drittel der untersuchten Banken hat kein aktives Facebook-Profil. Dazu zählt auch das Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen Goldman Sachs, das selbst in Facebook investiert ist. 27 der 50 untersuchten Institute erzielen mit ihrem Profil und Informationsangebot auf Facebook weniger als die Hälfte der möglichen Bewertungspunkte. Durchschnittlich erreichen die Banken ein Drittel der möglichen Punktzahl.

Am besten schneiden Royal Bank of Canada, ABN AMRO, Nordea und Standard Chartered ab, die die Besucher ihrer Profile aktiv in ihre Online-Kommunikation einbeziehen. Hier stehen nicht nur Finanzthemen im Vordergrund - auch Sponsoring-Kampagnen in den Bereichen Sport, Kunst, Wissenschaft, Kultur, Entwicklungshilfe oder Nachhaltigkeit sind Themen, die auf Facebook & Co besonders gut laufen.

Präsent auf Twitter - aber kaum "Gezwitscher"

Quantitativ besser vertreten sind die untersuchten Banken auf dem Nachrichtendienst Twitter. Einen Twitter-Account haben 42 von 50 Geldinstituten angelegt. Doch nur rund die Hälfte der Banken reagiert auf die Tweets der Nutzer oder "zwitschert" aktiv.

Bank- und Vermögensverwaltungsthemen in Bild und Ton sind ebenfalls rar. Knapp die Hälfte der Banken bespielen einen aktuellen YouTube-Kanal, davon wiederum nur 15 Banken mit besonderer Berücksichtigung von Anlagethemen.

Defizite in Blog und Chat

Auch auf den bankeigenen Websites besteht Optimierungsbedarf. So zeigt die Studie, dass knapp die Hälfte der Institute Social Media ungenügend in ihren Internet-Auftritt einbinden. Während19 Banken einen eigenen Blog anbieten, ist nur bei sechs Banken auch ein Austausch zwischen Institut und Nutzer über einen interaktiven Blog oder Chat möglich.

Eine Subsite zu Wealth-Management- oder Private-Banking-Themen bieten 33 der untersuchten Privatbanken an. Doch nicht alle Informationsangebote sind auch für den mobilen Abruf geeignet. Weniger als die Hälfte der Banken (22 Institute) verfügt über eine Website, die für Smartphones optimiert ist. 14 Banken haben keine Mobile-App.

Wenn es auf Facebook um die Wurst geht

Noch immer fürchten zahlreiche Kreditinstitute, die öffentliche Auseinandersetzung mit Kunden und Interessenten über die Social-Media-Kanäle. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen.

Intensive Erfahrungen hat Ende 2011 die ING- DiBa gemacht, als sie via Facebook binnen kürzester Zeit einen Sturm der Entrüstung zahlreicher Vegetarier und Veganer auf einen Werbefilm zu spüren bekam. Stein des Anstoßes war eine Scheibe Wurst, die Basketball-Star Dirk Nowitzki in der Metzgerei seiner Kindheit, in Erinnerung an Jugendzeiten erhält. "Groß und stark" ist er als Junge auf diese Weise geworden - so der Inhalt des Spots.

Nach tagelangen zugelassenen Diskussionen über Sinn und Unsinn von Fleischverzehr, gesunde Ernährung und den Hunger in Afrika entschloss sich die Direktbank neue Posts zu dem Thema zu entfernen und kündigte an, Informationen zu Finanzthemen wieder den entsprechenden Raum zu geben. Erstaunt war man im Hause dennoch über die große Resonanz auf die Scheibe Wurst.

"Shitstorms" aktiv verhindern

Wenn es nicht nur um die Wurst, sondern um reputationsgefährdende "Shitstorms" geht, heißt es allerdings schnell eingreifen. "Shitstorms" könnten am besten verhindert werden, indem eine Bank selbst prominent in den wichtigen Social-Media-Kanälen präsent ist und so rechtzeitig auf die erhobenen Vorwürfe reagieren kann, so Studienleiter Manz.

Gerade für renommierte Banken mit anspruchsvoller Kundschaft ist es aus Sicht von Manz zunehmend wichtig, im sozialen Netz präsent zu sein. "Die Banken müssen sich beeilen, solange sie noch auf den Zug aufspringen können. Denn der Aufbau einer aktiven Internet-Community braucht Zeit."

Wie gering die Aufmerksamkeit ist, die Banken Facebook schenken, zeigt der Versuch von assetinum, ihre aktuelle Umfrage über Facebook zu lancieren. Nur 18 Banken - also gut die Hälfte der Institute mit einem aktiven Facebook-Profil - haben auf die Testanfrage überhaupt reagiert.

Über die aasetinum.com-Studie:

Bei der Auswahl der 50 Bankinstitute dienten "The International Private Banking Study 2011" der Universität Zürich, "The World?s 500 Largest Asset Managers" (2011) des Consulting- Unternehmens Towers Watson sowie eigenen Recherchen als Grundlagen. Bei allen analysierten Informationen handelt es sich um öffentlich zugängliche Quellen - unberücksichtigt blieben Informationen, die nur einem begrenzten Publikum zugänglich sind. Die Daten sind Ende Februar 2012 erhoben worden.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier.