DIESE AUFFASSUNG WAR bis dato nicht von allen Arbeitsgerichten geteilt worden: Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2005 (Az.: 2 AZR 581/04) haben die Richter klargestellt, dass eine private Nutzung des Internets eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. In der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts liest sich das so:
„Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, verletzt der Arbeitnehmer mit einer intensiven zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zugreift. Diese Pflichtverletzung kann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein. Ob die Kündigung in einem solchen Fall im Ergebnis wirksam ist, ist auf Grund einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.”
Dass es bislang auch eine ganz andere Rechtssprechung gab, musste ein Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln erfahren. Das Urteil der Kölner Richter vom 15.12.2003 (Az.: 2 Sa 816/03) zeigt das Dilemma um die private PC-Nutzung in Unternehmen überdeutlich. Eine Chefsekretärin hatte mehrfach private E-Mails an Dritte gesandt und sogar ihren Arbeitgeber als dumm und unfähig bezeichnet. Aber kündigen konnte der Arbeitgeber dennoch nicht. Das LAG Köln fordert zunächst eine Abmahnung. Der Fehler des Arbeitgebers: Es gab im Unternehmen keine betriebliche Regelung über den Umfang der Privatnutzung des PCs am Arbeitsplatz.
Der rechtliche Hintergrund
Immer wieder scheiterten bisher Arbeitgeber mit Kündigungen, weil die private PC-Nutzung in den Betrieben nicht oder nur unzureichend geregelt ist. Es empfiehlt sich also dringend, diesen Bereich mit den Mitarbeitern klar zu vereinbaren. Daran ändert auch die eingangs vorgestellte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nichts. Wie formulieren die Richter so schön: Ob die Kündigung wirksam ist, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. „Es kommt also darauf an“, wie Juristen immer wieder gern erklären.
Ein spezielles Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz oder zur Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz existiert nicht. Die Zulässigkeit der privaten PC-Nutzung richtet sich vornehmlich nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), den Normen des Individualarbeitsrechts und den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zu der Einrichtung von technischen Überwachungssystemen. Die Betriebe, in denen Betriebsräte bestehen, müssen die im BetrVG festgeschriebenen Mitspracherechte und Mitbestimmungsrechte beachten.
Für Arbeitgeber ungewöhnliche Vorschriften ergeben sich aus dem Telekommunikationsgesetz sowie den weiteren telekommunikationsrechtlichen Regelungen. Internet und E-Mail beruhen auf der Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen. Weil bei der Nutzung der neuen Medien gleichzeitig Telekommunikationsdienste genutzt werden, kommen die Datenschutzregelungen der Telekommunikationsgesetze zur Anwendung. Ob die Bereitstellung eines separaten PCs für die private Nutzung die Lösung ist, um telekommunikationsrechtlichen Anforderungen zu entgehen, kann bezweifelt werden. Der Arbeitgeber muss sich zwischen zwei Wegen entscheiden:
1. Dem Arbeitnehmer ist nur die rein dienstliche Nutzung von Internet und E-Mail erlaubt.
2. Dem Arbeitnehmer ist auch die private e-Mail- und Internetnutzung gestattet oder nicht ausdrücklich verboten.
Verboten ist verboten
Die Variante 1 ist der rechtlich einfachere, für die Betriebspraxis jedoch schwierigere Weg. Wurde einmal die private Internetnutzung gestattet, wird jedes Verbot von den Mitarbeitern als Rückschritt empfunden. Hier werden sowohl von der IT-Abteilung als auch von der Firmenleitung kommunikative Höchstleistungen erwartet, um den Mitarbeitern deutlich zu machen, dass eine erlaubte private Internetnutzung zusätzliche erhebliche Kosten aufgrund der Telekommunikationsgesetze und strafrechtliche Gefahren mit sich bringen. Nur bei einer Untersagung der privaten Nutzung sind vom Arbeitgeber die telekommunikationsrechtlichen Vorschriften nebst den besonderen datenschutzrechtlichen Regelungen nicht zu beachten.
Im Betrieb ist bei einer völligen Untersagung der privaten Nutzung darauf zu achten, das nicht der jeweilige Vorgesetzte seinen Mitarbeitern entgegen der Vereinbarung „unter der Hand“ wieder Freiräume zur Privatnutzung einräumt. Diese würde wie bei einem regelungslosen Zustand dazu führen, dass eine „betriebliche Übung“ geschaffen wird, die dann im Ergebnis zu einer erlaubten privaten Nutzung führt. Wenn eine „betriebliche Übung“ der privaten Nutzung besteht, kann diese nicht durch eine Betriebsvereinbarung aufgehoben werden. Die betriebliche Übung kann nur durch eine individual-arbeitsvertragliche Übung oder durch eine „negative“/entgegengesetzte betriebliche Übung beseitigt werden.
Unabhängig davon wird in der juristischen Literatur diskutiert, ob die Einrichtung und der Einsatz von Spamfiltern bei einer erlaubten Privatnutzung zu einer Strafbarkeit des Arbeitgebers führen können. Wenn Spamfilter private Mails des Mitarbeiters herausfiltern, so könnte dies eine Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses sein. Diese Auffassung hat beispielsweise das Oberlandesgericht Karlsruhe vertreten.
„Erlaubt“ ist nicht einfach
Variante zwei ist der für den Arbeitgeber komplizierte Weg. Der Arbeitgeber muss das Fernmeldegeheimnis wahren. Jegliche Überwachung der Inhalte sowie der Verbindungsdaten der Internet- und E-Mail-Nutzung ist unzulässig. Trennt der Arbeitgeber eine erlaubte private Kommunikation nicht von der dienstlichen Kommunikation, so erstreckt sich die Geheimhaltungspflicht auch auf dienstliche E-Mails.
Neben der Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist der Arbeitgeber als Erbringer geschäftsmäßiger Telekommunikationsdienste gem. § 87 Abs. 1 TKG zu angemessenen technischen Vorkehrungen und sonstigen Maßnahmen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Diese Maßnahmen werden im Regelfall einen erheblichen Mehraufwand darstellen. Die Verpflichtung bezieht sich nur auf solche Datenverarbeitungssysteme, die bei der geschäftsmäßigen Erbringung von Telekommunikationsdiensten eingesetzt werden, wie z.B. ein PC mit Internetzugang. Als Maßnahmen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses kommen Zutritts- und Zugriffsbeschränkungen, Verschlüsselungen sowie der Schutz der Firewall-Auswertungs- Protokolle vor unbefugter Einsichtnahme in Betracht. Bereits diese rechtlichen Aspekte zeigen die Komplexität der zu beachtenden Vorschriften. Datenschutzrechtliche Vorgaben aus dem Bereich des Teledienstedatenschutzgesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes kommen hinzu.
Die einfachste Lösung ist, Kontrollrechte des Arbeitgebers umfassend im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung zu regeln. Gestattet der Arbeitgeber die Nutzung von E-Mail und Internet ausschließlich zu dienstlichen Zwecken, ist er nicht Anbieter im Sinne des Telekommunikations- bzw. Telediensterechts. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das Recht, stichprobenartig zu prüfen, ob das Surfen bzw. E-Mail-Versenden der Mitarbeiter dienstlicher Natur ist. Dies ist insbesondere beim Verdacht auf Straftaten wichtig. Andernfalls kann sich ein Arbeitgeber schnell in der Situation sehen, dass Strafverfolger wegen Kinderpornografie oder Urheberrechtsverletzungen Rechner oder gar Server beschlagnahmen. Von ein- und ausgehenden dienstlichen E-Mails der Mitarbeiter darf der Arbeitgeber selbstverständlich Kenntnis nehmen. Dies gilt im gleichen Maße wie für den dienstlichen Schriftverkehr.
Bei der Spam-Filterung setzt sich in der Praxis immer mehr durch, den Mitarbeitern eine Nachricht über die gefilterten Mails zukommen zu lassen. So kann im Einzelfall der Mitarbeiter prüfen, ob versehentlich eine dienstliche Mail als Spam eingeordnet wurde.
Thomas Feil (redaktion@cio.de)