Analysten-Kolumne

Pro und Contra Festnetzanschluss

02.02.2005 von Jan Sythoff
Fixed Mobile Substitution (FMS) wird immer beliebter. Hierbei werden die vom Festnetz erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen vom Mobilfunknetz erbracht. Die Frage, ob sich die Abschaffung des Festnetzes lohnt, kann jede Firma erst nach einer genauen Situationsanalyse beantworten. Dabei spielen nicht nur Kosteneinspar-Potenziale, sondern auch die Ausrichtung des Unternehmens, aber auch Ängste von Mitarbeiter eine wichtige Rolle.

Die höheren Kosten für die Nutzung des Mobilnetzes sinken stetig. Bei der Entscheidung von Fest- auf Mobilnetz umzustellen, müssen dennoch viele Faktoren berücksichtigt werden, wie beispielsweise das Anrufverhalten und die proportionale Relation von festen zu mobilen Anschlüssen in einem Unternehmen.

Marktbedingungen verändern sich

Der Mobilfunkmarkt ist zunehmend gesättigt, sodass der Fokus der Betreiber auf höheren Ausgaben der Kunden – durch zusätzliche Services und zunehmende Nutzung - liegt. Nutznießer dieser Situation und des gleichzeitig steigenden Wettbewerbs auf dem Festnetzmarkt sind Unternehmen und Kunden, die mehr für ihr Geld bekommen.

Die Anzahl der Festnetzminuten und die Zahl der Festnetzanschlüsse hat in den vergangenen Jahren ständig abgenommen. Sie wurden durch Breitband- und Mobilfunkanschlüsse ersetzt. Während diese Entwicklung zunächst auf den Privatkonsumentenmarkt beschränkt war, rücken nun zunehmend Unternehmen in den Fokus der Anbieter.

Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Erstens steht eine große zusätzliche Kapazität an Mobilfunknetzen in Form von so genannten Third Generation (3G)-Netzen zur Verfügung. Betreiber bringen mehr und mehr attraktive Telefonpakete auf den Markt. Der Wettbewerb um Unternehmen verschärft sich.

Kosteneinsparungen

Gespräche von Mobiltelefon zu Mobiltelefon sind generell preiswerter als von Festnetz zu Mobiltelefonen oder umgekehrt. Da Mobilfunkanbieter den Ersatz von Festnetzanschlüssen durch Mobilfunknetze vorantreiben wollen, offerieren sie attraktive Telefonpakete mit zumeist kostenlosen, beziehungsweise sehr preiswerten interne Anrufen, oder Billiganrufen vom Firmengelände (durch standortbezogene Rechnungsstellung).

Zum zweiten fallen geringere Infrastrukturkosten an, wenn Unternehmen den Festnetzanschluss abschaffen und stattdessen nur ein einziges Netz nutzen. Diese Kosten beinhalten zumeist PBX (Private Branch Exchange), aber auch Kabel und Terminals. Geringer fallen auch die Personal- und Administrationskosten aus. Zudem sind Rechnungsstellung und Zahlung einfacher und unkomplizierter.

Zu diesen Kostenvorteilen gibt es weitere, wie beispielsweise verbesserte Kommunikation innerhalb der Firma.

Dennoch ist eine tiefere Analyse des Telefonverhaltens gefragt, um konkret Kosteneinsparungen kalkulieren zu können. Insbesondere wenn das Unternehmen hohe internationale Präsenz hat, werden die Kosten für eine komplette Mobilfunklösung schnell unerschwinglich. Frost & Sullivan’s Untersuchungen beispielsweise zeigen, dass 50 Prozent aller Anrufe internationaler Natur sind und 70 Prozent des Rechnungsbetrags ausmachen.

Auch die Größe des Unternehmens ist ein entscheidender Faktor: Viele große Firmen haben große administrative Abteilungen, für die Mobilität weniger wichtig ist. Andere Firmen dagegen haben bereits stark in PBX und damit zusammenhängende Netzwerke investiert, Vorteile von Festanschlüssen.

Festnetzanschlüsse sind regulär besser bei Servicequalität, Verständlichkeit und Kapazität. Das Festnetz-PBX hat weitere Ressourcen wie Konferenzen, Durchwahlnummern, und Anruf-Management.

An einigen dieser Punkte arbeiten Mobilnetzbetreiber, um den Ersatz von Festanschlüssen anzukurbeln. Sie können etwa so genannte Mini-Base-Stations auf dem Firmengelände installieren, um Servicequalität und gute Übertragung sicherzustellen. PBX-Funktionalitäten sind ebenfalls bei Mobilfunknetzen möglich. Betreiber sind durchaus bereit, in solche Maßnahmen für Großfirmen zu investieren.

Darüber hinaus gibt es zusätzliche Punkte, die es zu berücksichtigen gilt: Noch immer sind die Auswirkungen von Mobiltelefonen auf die Gesundheit ungeklärt, was bei Arbeitnehmern auf Bedenken gegen die permanente Nutzung führen kann. Auch kann die außerbetriebliche Nutzung von Mobiltelefonen zu ungewollten Kostensteigerungen führen.

Ansätze für bessere Servicequalität

Alles in allem müssen also schon wichtige Gründe vorliegen, dass ein Unternehmen sich völlig in die Abhängigkeit von mobilen Headsets begibt. Für kleinere Firmen in vertikalen Märkten mit hohem Mobilitätsgrad und geringer internationaler Präsenzgibt es durchaus starke Argumente pro "going purely mobile“. Auch für Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Beschäftigten mit Geschäftshandys würde es sich durchaus lohnen, eine Analyse zur Abschaffung des Festnetzanschlusses durchzuführen. Firmen, die in ein neues Geschäftsgebäude ziehen, ist ebenfalls zu empfehlen, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen, da gegebenenfalls die Kosten eines neuen Festanschlusses gespart werden können.

Mobile Telefonate werden indes immer einen Aufschlag gegenüber Festnetz bedeuten, auch wenn dieser Unterschied abnimmt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Raten für die so genannten 3G-Services und Netzwerke entwickeln.

Attraktive Alternativen

Für viele Firmen gibt es jedoch noch andere Alternativen, auf die sich ein Blick lohnt, beispielsweise konvergierte Dienstleistungen. Dabei werden alle internen Anrufe ob zwischen oder innerhalb festen oder mobilen Netzen, entweder kostenlos oder preisgünstig berechnet werden. Es kann auch hilfreich sein, die Abhängigkeit des Unternehmens von Festnetz zu reduzieren, dabei die Kosten zu senken, und einige Arbeitnehmer zu "mobile only“-Nutzern zu machen.

Jan Sythoff ist Senior Industry Analyst bei Frost & Sullivan.

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