Die Stimmung ist sehr gut bei den deutschen Unternehmensberatern. Das belegt jedenfalls die "Lünendonk-Studie 2016 Managementberatung in Deutschland". Die Consultants aus Mindelheim beziehen sich dabei auf 65 Unternehmen, die sie untersucht haben. Diese steigerten ihren Umsatz 2015 im Schnitt um knapp zehn Prozent. Das ist deutlich mehr als im Vorjahr mit sechs Prozent.
Die Kunden von Unternehmensberatern verändern offenbar ihren Schwerpunkt. Hatten sie im Vorjahr hauptsächlich in Effizienzsteigerung investiert, steht nun Digitalisierung ganz oben. Lünendonk kommentiert: "Damit verdrängt die Digitalisierung erstmals knapp das eigentliche ,Brot- und Butterthema' von Platz eins." Außerdem geht es ihnen um Big Data/Business Analytics, Industrie 4.0 und neue Geschäftsmodelle.
Schwierigkeiten bei Industrie 4.0 Projekten
Stichwort Industrie 4.0: Die Autoren der Studie haben erfragt, wie viele Industrie 4.0-Projekte die Beraterfirmen bereits realisiert haben. Auch hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied zur Vorjahresstudie: Hatten in der 2015-Umfrage erst sieben Prozent der Firmen mehr als zehn Projekte durchgeführt, sind es in der aktuellen Studie bereits mehr als 20 Prozent. Werden alle Angaben zusammengefasst, haben die befragten Unternehmen im Schnitt acht Industrie 4.0-Projekte abgewickelt. Eine "eher geringe" Zahl im Vergleich zur öffentlichen Diskussion um Industrie 4.0, wie Lünendonk anmerkt.
Die Mindelheimer wollten wissen, wo die größten Schwierigkeiten bei der Umsetzung liegen. An erster Stelle nennen die Beraterfirmen unklare rechtliche Rahmenbedingungen beziehungsweise Fragen rund um die IT-Sicherheit. Fast ebenso hinderlich sind fehlendes Know-how bei Kunden und unklare Ziele beziehungsweise Anforderungen.
Excel bereitet Probleme bei Analytics
Die Digitalisierung verlangt von den Consultants Kenntnis im Umgang mit Tools und Daten. Beispiel Big Data: Sie müssen die Ergebnisse von Datenanalysen nicht nur verifizieren, sondern auch interpretieren. Die Schwierigkeiten beginnen dabei manchmal schon bei Excel. Das Tabellenkalkulationsprogramm eliminiert beim Datenimport die erste Null der Postleitzahl - infolgedessen hat ein Unternehmen mit eigentlich rein deutschem Kundenstamm plötzlich 20 Prozent seiner Kunden in Österreich und der Schweiz hat. Lünendonk kommentiert: "Dieser Fehler ist offensichtlich, aber wie ist die Situation, wenn eine Vielzahl von Daten diese Fehler überdecken?"
Beraterfirmen hätten noch stärker wachsen können
Unabhängig von Industrie 4.0 oder anderen Megatrends hat Lünendonk die größten Behinderungsfaktoren für die Entwicklung der Beraterfirmen erhoben. Wichtigster Punkt ist hier der Fachkräftemangel. Eine überwiegende Mehrheit von 84 Prozent spürt das Fehlen von Fachkräften "eher stark" bis "sehr stark". Dazu Lünendonk: "Teilweise hätten die Unternehmen noch stärker wachsen können, wenn sie genügend qualifizierte Mitarbeiter gehabt hätten."
Mit deutlich weniger Nennungen - 50 Prozent - folgen die Strukturen auf Seiten der Kundenunternehmen, konkret geht es dabei um komplexe Entscheidungswege und Verantwortlichkeiten beim Kauf der Beratungsleistung.
Von Nachfragemangel sprechen dagegen lediglich sechs Prozent der Studienteilnehmer. Daher rechnen sich die Firmen für die Jahre bis 2020 ein zweistelliges Umsatzwachstum aus. Das gilt allerdings nur für die eigenen Unternehmen, dem gesamten Managementberatungsmarkt sagen sie ein Plus von knapp sechs Prozent voraus.
Roland Berger führt den Markt an
Die führende deutsche Beraterfirma bleibt Roland Berger mit einem Umsatz von 560 Millionen Euro (2015). Platz zehn besetzt die Goetzpartners Group aus München mit 90 Millionen Euro Umsatz.