"Der Begriff Work-Life-Balance ist mir schon früher aufgestoßen. Für mich ist es eine Life-Balance, die ich schaffen muss", erklärt Markus C. Müller. Der CEO und Mitbegründer eines Startups für Pflege-Apps betrachtet das Leben als eine Art Kuchen, der aus verschiedenen Stücken besteht, etwa eine Arbeit, in der man sich verwirklicht, Familie, Reisen oder Hobbies. Warum es wichtig ist, regelmäßig darauf zu schauen, dass alle Stücke des Kuchens ausgewogen enthalten sind, erklärt Müller in unserer neuen Episode des Podcast-Formats "IDG Tech Talk":
Der 47-Jährige hat, was das Podcast-Thema "Profit or Purpose?" anbelangt, eine interessante Entwicklung hinter sich: Er gründete nach dem Jura-Studium 2002 ein Mobility Startup, verkaufte es 2011 an Blackberry, wo er selbst schnell zum Europachef aufstieg - um dann alles hinzuwerfen und für ein paar Jahre "auszusteigen". Danach arbeitete er drei Jahre als Hospizbegleiter in der Schweiz. Aktuell entwickelt er mit seiner Firma Apps für pflegende Angehörige.
"Ich werde auf dem Sterbebett dieselben Dinge bereuen"
Die Tätigkeit als Europachef habe auch viel Süße beinhaltet, erinnert sich der Münchner Unternehmer: die Anerkennung von außen, die Stellung und vielleicht auch ein bisschen die Macht. Dennoch sei ihm klar gewesen, dass er diesen Job nicht bis zur Rente machen werde. Der Auslöser für seine Kündigung war, als ihm auf einer seiner vielen Flugreisen in Europa das Buch einer australischen Krankenschwester mit dem Titel "5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen" in die Hände fiel. Er habe nur das Inhaltsverzeichnis gelesen, aber die ersten drei Punkte prägten sich ihm ein, erzählt Müller, nämlich:
Ich hätte gerne mein Leben mutiger gelebt
Ich hätte gerne mehr Zeit mit Familien und Freunden verbracht
Ich hätte gerne weniger gearbeitet.
"Ich werde auf dem Sterbebett dieselben Dinge bereuen, dachte ich mir", erzählt Müller. "Deshalb habe ich noch am gleichen Abend die Kündigung geschrieben und wurde dann auch gleich freigestellt." Im Anschluss nahm sich der 47-Jährige über ein Jahr Zeit, um die Dinge zusammenzuschreiben, die für ihn wichtig sind. "Diese versuche ich nun ausgewogen zu leben, was mal besser, mal schlechter gelingt", so der Serial Entrepreneur.
Dass er dabei finanziell kürzertreten muss als in seiner Zeit bei Blackberry ist für Müller kein Problem. "In der Konsumgesellschaft bekommt man ständig vorgebetet, dass ein Porsche glücklich machen kann, ein Ring oder ein neues Haus. Viele Menschen gehen diesen Weg, ich bin ihn auch mal gegangen. Allerdings kommen wenige Leute an den Punkt, wo sie erkennen: Es ist nett, aber eigentlich glücklicher macht mich das nicht", erklärt er.
Wissenschaftlich betrachtet, gebe es andere Antworten auf die Frage, was glücklich macht, so der Nui-Chef. Etwa ein Sozialleben zu haben, Freunde und Familie - und auch das Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen. Mit dieser Erkenntnis sei es keine Frage mehr, ob man etwas Sinnvolles tun soll - für die Gesellschaft, für die Menschheit, oder um etwas zurückzugeben, sondern es ist ein ganz egoistischer Grund.
Das Gegenbeispiel dazu sei die Idee 'Ich gehe in der Früh in die Arbeit, mache meinen Job acht Stunden lang, um mit dem Geld danach etwas zu tun, was mich erfüllt', erklärt der 47-Jährige. "Mein Rat, vor allem an junge Menschen: Überleg Dir doch gleich, was Dich erfüllt. Meine Erfahrung ist, dass man mit vielen Dingen genug Geld zum Leben verdienen kann, die einen glücklich machen."
Entsprechend empfiehlt Müller Berufseinsteigern, sich schon früh darüber Gedanken zu machen, was sie im Leben eigentlich machen wollen. Es sei allerdings gut möglich, dass man sich im jungen Alter diese Frage nach den Werten und Wünschen im Leben einfach noch nicht stellt, räumt er ein: "Vielleicht braucht man aber die 4 vor der Jahreszahl, um diese Gedanken überhaupt zu haben …"