Projekte erfolgreich umsetzen

Projekt-Entwicklung mit Scrum

28.05.2015 von Björn Radon
Der globale Wettbewerb zwingt Unternehmen zu immer kürzeren Entwicklungszyklen. Die Projektplanung mit Scrum kann dabei ein nützliches Werkzeug sein, vor allem bei komplexen Software- und Produktentwicklungsprojekten.

Neue Produkte und Lösungen - egal ob im Bereich Software oder anderswo - müssen immer schneller auf den Markt gebracht werden - am besten, bevor die Konkurrenz soweit ist. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Scrum als agile Projektmanagement-Methode großen Anklang findet.

Neben Produktqualität, Return-on-Investment (ROI) und der Umsetzung der Kundenerwartungen sind agile Methoden auch im Hinblick auf die Einhaltung vorgegebener Zeitrahmen deutlich effizienter als traditionelle Wasserfallmodelle. Dies belegt beispielsweise die Studie "2013 IT Project Success Rates Survey" des IT Management Consulting Unternehmens Scott Ambler und Associates. Ebenfalls macht es ein agiles Vorgehen für die Projektbeteiligten wesentlich einfacher, Veränderungen ursprünglicher Vorgaben zu berücksichtigen. Und die Erfahrung zeigt: Gerade bei umfassenden Projekten großer Unternehmen werden oft bis zu fünfzig Prozent der Vorgaben im Laufe des Projekts verändert.

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Kleines Scrum-Glossar
Was meint eigentlich Scrum, Product Owner oder Backlog? Wir stellen Ihnen die wichtigsten Begriffe und ihre Bedeutung vor.
Scrum
Der Begriff stammt aus dem Rugby und bedeutet wörtliche "Gedränge". In der Softwareentwicklung bezeichnet er ein Vorgehensmodell der agilen Softwareentwicklung, das 1995 von Ken Schwaber, Jeff Sutherland und Mike Beedle veröffentlicht wurde.
Das Scrum-Team
Aufgabe des Teams ist es, die Anforderungen der Fachabteilung umzusetzen. Es bietet drei Rollen:
1. Rolle: Product Owner
Er vertritt den Auftraggeber, also die fachliche Seite. Also zeichnet er für die Priorisierung der Anforderungen verantwortlich und letztlich auch für den Nutzen, den das Projekt dem Unternehmen bringt.
2. Rolle: Scrum-Master
Er ist quasi der Herr über die Prozesse. Er sorgt dafür, dass die Scrum-Regeln im Projekt eingehalten werden, er fördert die Transparenz, unterstützt das Team bei der Beseitigung von Hindernissen und sucht ständig nach möglichen Verbesserungen.
3. Rolle: Die Entwicklergruppe
Sie besteht idealerweise aus sieben Entwicklern.
Sprint
Mit diesem Begriff bezeichnet Scrum einen Iterationszyklus, innerhalb dessen ein Scrum-Teams eine Anforderung umsetzt. Ein Sprint dauert mindestens zwei Wochen und maximal einen Monat.
Backlog
So heißt in Scrum die priorisierte Anforderungsliste für das zu entwickelnde Produkt. Sie wird vom Product Owner verantwortet und gepflegt.
Definitionen von fertig
Dabei handelt es sich um die Kriterien, unter den ein Produkt als umgesetzt akzeptiert wird.

Da beim Einsatz von Methoden wie Scrum ein großes Projekt in mehrere kleinere Teilprojekte - sogenannte Inkremente - aufgeteilt wird, ist die Umsetzung veränderter Vorgaben für das jeweilige Inkrement deutlich einfacher zu realisieren, als für ein komplexes Großprojekt. Die Aufteilung in überschaubare Teilprojekte - und somit die "Verkleinerung" - ist damit ein Erfolgsfaktoren, wenn es um die Realisierung umfassender Projekte geht. Diese Erkenntnis hat etwa die Standish Group bei ihrer aktuellen Analyse zum Erfolg von IT-Projekten, dem CHAOS Manifesto 2013, direkt in den Titel gepackt: "Think Big, Act Small".

In Scrum gibt es drei Rollen: Entwickler, Product Owner und Scrum Master, die zusammen das Scrum Team bilden. Der Product Owner achtet darauf, dass das Scrum Team das Richtige entwickelt und entscheidet, welche Features als nächstes umgesetzt werden. Dadurch sorgt dadurch dafür, dass das bestmögliche Produkt entsteht. Aufgabe der Entwickler ist es, das Produkt richtig zu entwickeln. Sie müssen in der Lage sein, das Produkt in der richtigen Qualität zu liefern. Was das konkret bedeutet, entscheiden sie in Abstimmung mit dem Product Owner. Der Scrum Master achtet unter anderem darauf, dass das Produkt in der angemessenen Zeit entsteht.
Foto: Netpioneer

Die überschaubaren Teilprojekte werden gemäß ihrer Priorisierung schrittweise realisiert. Dabei kommt der Priorisierung eine bedeutende Rolle zu: Immerhin werden laut Standish Chaos Report 2006 nur 20 Prozent aller Features häufig genutzt, 30 Prozent hin und wieder genutzt und die Hälfte aller Features wird fast nie genutzt. Dies zeigt deutlich, dass eine konsequente Priorisierung von angeforderten und gewünschten Features nicht nur dazu beiträgt, Zeit- und Kostenrahmen einzuhalten, sondern auch dazu, dass sich der Einsatz der Ressourcen auf die wirklich wichtigen und benötigten Elemente konzentriert.

Regelmäßige Status-Updates, Überprüfungen und Anpassungen sorgen dann im Laufe des Projekts dafür, dass sowohl Erfolge als auch Fehlentwicklungen frühzeitig sichtbar werden und bei den folgenden Entwicklungsschritten berücksichtigt werden können. Aufgrund dieser Vorgehensweise können Unternehmen langwierige und kostspielige nachträgliche Änderungen vermeiden, die insbesondere bei großen Projekten ein häufiges Ärgernis darstellen.

Die offensichtlichsten Vorteile eines Scrum-basierten Projektmanagements sind eine hohe Transparenz, ein besserer Projektüberblick für alle Beteiligten und eine höhere Wertschöpfung. So verkürzt sich die Time-to-Market, da funktionsfähige Ergebnisse schneller vorliegen. Innerhalb eines sogenannten Sprints, mit einer Dauer von ca. zwei bis drei Wochen, wird ein klar definiertes Teilprojekt realisiert. Anschließend werden die Ergebnisse von allen Beteiligten analysiert - auch vom Auftraggeber (Product Owner). Durch den regelmäßigen und engen Austausch aller Stakeholder wächst so das gegenseitige Vertrauen: Der Auftraggeber sieht schneller und häufiger Ergebnisse, das Team bekommt regelmäßig Feedback und kann sicher sein, nicht über längere Zeit am gewünschten Produkt vorbei zu entwickeln.

Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von Scrum

Bei all den strukturellen Vorteilen, die Scrum als Methode bietet, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, um ein Projekt auf diesem Weg erfolgreich umzusetzen: Eine positive Fehlerkultur, Vertrauen in die Mitarbeiter und die Freiheit, das Team eigenverantwortlich und selbstorganisiert arbeiten zu lassen, sind unverzichtbar.

So ist es vollkommen normal, dass nicht jeder Sprint gleichermaßen erfolgreich verläuft. Hier muss es seitens des Unternehmens beziehungsweise des Product Owners eine gewisse Fehlertoleranz geben. Ebenso muss die Selbstständigkeit des Teams gewährleistet sein, um aus möglichen Fehlentwicklungen zu lernen und eigene Lösungswege zu finden.

Übersicht: So sieht die aktuelle Feature-Nutzung von Scrum aus.
Foto: Netpioneer

Damit Scrum als Projektmethode funktionieren kann, ist außerdem eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit der Teammitglieder unverzichtbar. Während insbesondere in großen Unternehmen die einzelnen Abteilungen oft für sich arbeiten und das viel zitierte Silo-Denken vorherrscht, arbeiten in einem Scrum-Projektteam alle benötigten Experten eng zusammen. Diese Bündelung von abteilungsübergreifendem Know-how trägt nicht zuletzt dazu bei, dass Fehlentwicklungen, Korrektur- und Ergänzungsbedarf innerhalb des Projekts deutlich schneller identifiziert und Verbesserungen umgesetzt werden können.

So ist es keine Seltenheit, dass einzelne Abteilungen zwar ihre Anforderungen und Wünsche für ein Projekt angeben, aber im Rahmen traditioneller Strukturen findet das nächste Abstimmungsmeeting dann oft erst Wochen oder gar Monate später statt. Stellt sich dann erst heraus, dass bisherige Entwicklungen nicht den eigentlichen Erfordernissen entsprechen, ist meist erheblicher zeitlicher und finanzieller Aufwand nötig, um Änderungen zu realisieren. Sind jedoch die unterschiedlichen Stakeholder im Unternehmen von Beginn an und kontinuierlich involviert, lassen sich diese Aufwände vermeiden und eine erfolgreiche Umsetzung beschleunigen.

Im Unternehmen muss daher die Bereitschaft vorhanden sein, Mitarbeiter unterschiedlichster Abteilungen selbstorganisiert zusammenarbeiten zu lassen. Das kann zum Beispiel auch bedeuten, nicht auf die Einhaltung starrer Arbeitszeitregelungen zu bestehen, wenn das Team eine davon abweichende Arbeitseinteilung als sinnvoll erachtet.

Passt Scrum als Vorgehensweise zu meinem Unternehmen?

Große Unternehmen und Konzerne verfügen oft über Prozesse und Strukturen, die auf höchstmögliche Effizienz hin optimiert sind. Compliance-Richtlinien und Maßnahmen der Qualitätssicherung geben teilweise ein relativ starres Verfahrens-Korsett vor. Nicht zuletzt spielt das Controlling meist eine wichtige Rolle - einschließlich der damit verbundenen Prozesse, Vorgaben und Workflows. Hier können sich entsprechend streng regulierte Strukturen kontraproduktiv auf die Entfaltung einer agilen Vorgehensweise auswirken.

Unternehmen, die über eher starre Strukturen verfügen und sich nicht sicher sind, ob Scrum die passende Methode für die Durchführung ihres Projekts ist, sollten das agile Vorgehen daher zunächst im Rahmen eines kleineren, überschaubaren Projekts ausprobieren. Hierfür eignet sich beispielsweise die Erweiterung einer bereits bestehenden Software, Anwendung oder auch eines Produkts, mit einer Projektlaufzeit von zwei bis drei Monaten. In diesem Rahmen können alle Beteiligten testen, ob eine agile Arbeitsweise erfolgreich möglich ist - und etwaige Bedenken durch Projekterfolg und gute Ergebnisse widerlegen.

Ebenso empfiehlt sich für den Einstieg in Scrum die Begleitung durch erfahrene Scrum-Experten. Durch Kick-off-Workshops und begleitende Beratung können Scrum-Coaches gerade in Unternehmen, die noch keine Erfahrung mit agilen Projektmethoden haben, dazu beitragen, dass ein mit Scrum realisiertes Projekt zum Erfolg führt.

Fazit

Scrum ist als agiles Verfahren dafür ausgelegt, mit Komplexität umzugehen. Zudem soll es Unternehmen ermöglichen, schnell auf sich verändernde Situationen zu reagieren - etwa wenn Wettbewerber mit Innovationen auf den Markt drängen.

Wenn die Möglichkeit zu schnellen Reaktionen schon in das Projektvorgehen eingebaut ist, können neue Ideen zeitnah umgesetzt werden. Daher entspricht ein agiles Vorgehen den heutigen Anforderungen sehr viel mehr als dies bei herkömmlichen Methoden der Fall ist und ist somit für jedes Unternehmen zumindest einen Versuch wert.