Projektleiter: Ein Auslaufmodell in der Scrum-Welt?
14.08.2012 von Alexandra Mesmer
Im Leitfaden für Scrum ist die Rolle des Projektleiters nicht mehr vorgesehen. Dennoch brauchen auch agile Entwicklerteams Personen, die Ansprechpartner für Kunden sind und das Projekt steuern.
Unser Leser arbeitet seit mittlerweile 15 Jahre in der Softwareentwicklung und hat zuletzt als Projekt-Manager Verantwortung getragen. Nun will er im Online-Karriereratgeber wissen, welche Rolle ein klassischer Projektleiter in Umfeld der agilen Softwareentwicklung übernehmen kann. Welche "Einstiegs-" und Entwicklungspfade sehen Sie?
Die dienende Führungskraft
Mariella Antokovic, Leiterin Recruiting des Software Engineering Beratungshauses andrena objects AG, antortet: "Im Scrum-Guide, dem Leitfaden für Scrum von Jeff Sutherland und Ken Schwaber, ist die Rolle eines Projektleiters tatsächlich nicht mehr vorgesehen. Und immer wieder gibt es Diskussionen, welche Rolle der bisherige Projektleiter jetzt einnehmen soll oder ob man diesen überhaupt noch braucht.
In einem agilen und somit hierarchiearmen Umfeld gibt es dennoch Positionen, die ein bisher "klassischer Projektleiter" einnehmen kann. Auf der Kundenseite gibt es zum Beispiel weiterhin die klassischen Hierarchiestufen, in denen auch der Projektleiter vorkommt, wobei die Bezeichnung "Projektleiter” sehr unterschiedliche Aufgabengebiete abdecken kann.
Die Werte und Prinzipien der Agilität in IT-Projekten
Die Entwicklerteams bei andrena organisieren sich nach der Scrum-Methode. Nach einer agilen Ausbildung durch unsere Spezialisten verstehen Sie die grundlegenden Werte und Prinzipien der Agilität in IT-Projekten und können diese beispielsweise in folgenden Rollen umsetzen:
Als Scrum Master unterstützen Sie Entwicklungsteams bei der Einführung und Etablierung von Scrum. Sie sind verantwortlich, dass Scrum verstanden und korrekt angewandt wird und die Praktiken und Regeln eingehalten werden. Als Scrum Master sind Sie eine dienende Führungskraft ("servant-leader") für das Scrum Team, die ohne Personalverantwortung das Team auf ihrem agilen Weg begleitet.
Als Product Owner stimmen Sie Anforderungen zwischen Kunden und Entwicklung ab und priorisieren diese. Sie managen das Product Backlog und sind verantwortlich für dieses. Die Steuerung des Projektes liegt damit in der Hand des Product Owners. Der Product-Owner ist auch Ansprechpartner für alle Außenstehenden des Projekts.
Es kommt auch sehr auf Ihre persönlichen Interessen an, in welche der beiden Richtungen Sie sich gerne entwickeln würden. Sowohl für den Scrum Master als auch für den Product Owner existiert die bekannte Entwicklungslinie vom Novizen hin zum erfahrenen Profi.
Außerdem: Was für den Projektleiter galt, gilt zunehmend auch für die Rolle des Product Owners und des Scrum Masters. Gute Erfahrung in diesen Rollen ist ein Qualifikationsmerkmal für einen Einstieg in eine Karriere im Linien-Management.
Fünf Gründe für agilen Ansatz
Fünf Gründe für den agilen Ansatz Neue Methoden der Softwareentwicklung begeistern die Mitarbeiter und die Kunden. Da stellt sich die Frage, woher es kommt, dass "Agilität" derartig beliebt ist? Alexander Ockl nennt Fünf Gründe:
Weniger Prozess - dafür mehr Mensch Offenbar haben wir gelegentlich das Prozessrad zu weit gedreht. Mit Know-how in den Prozessen wollten wir gute Software wie am Fließband im "billigen Ausland" herstellen lassen. Probleme lassen sich mit noch ausgefeilteren Prozessen und Rollen beseitigen, so dachten wir. Aber inzwischen wissen wir, dass wir am so genannten Fließband meist individuell arbeiten. Und talentierte Mitarbeiter haben auch im Ausland inzwischen ihren Preis.
Persönliche Motivation statt Existenzangst In der agilen Welt zählt der Mensch wieder etwas. Statt verteilt zu sitzen, schauen sich agile Teams wieder in die Augen. Effektive, direkte Kommunikation ersetzt endlose, anonyme Telefonkonferenzen und überlaufende E-Mail-Postkörbe. Größerer Gestaltungsspielraum und überschaubare Rollen geben Mitarbeitern das Gefühl, endlich wieder etwas bewegen zu können. Das setzt Kräfte frei. Und motiviert, anstatt zu frustrieren.
Entfaltete Stärken statt Fesseln Endlich wieder kreativ sein und nicht starre Prozesse befolgen müssen! Kein Wunder also, dass gerade Entwickler und Analysten diesen Ansatz lieben. Im agilen Umfeld sind sich alle bewusst, wie wichtig ein gut zusammengestelltes Team ist. Das übersehen wir in der "alten IT-Welt" häufig - zwischen den vielen Prozessdetails und virtuellen Teams. Unsere Kunden freuen sich auch, denn schließlich steht wieder die Lösung ihrer Probleme im Vordergrund.
Gemeinsam entwickelte Arbeitsweise Neue Prozesse bedeuten in unserem herkömmlichen Alltag häufig neue Rollen. So entstehen Teamveränderungen und Umstrukturierungen. Die vorgegebene Arbeitsweise passt aber vielfach nicht zum Team. Agile Methoden wie Scrum zeigen, dass es auch anders geht. Den "Toyota-Weg" als Vorbild, organisieren sich schlanke Teams innerhalb eines groben Rahmens am besten selbst.Es lohnt es sich, ein funktionierendes Team - wie im Fußball - nicht zu stark zu verändern. Gemeinsam entwickelt, richtet sich die Arbeitsweise nach den Möglichkeiten der Mitarbeiter.
Eine nachvollziehbare Teamleistung Schreit unser Umfeld nach Agilität, so sollten wir nicht dagegen reden, sondern genau hinschauen. Agilität und gute Prozesse wollen das Gleiche. Müssen wir dennoch verteilt arbeiten, so sollten wir unbedingt auf die menschliche Komponente achten. Frei nach Felix Magath bei der Vorstellung des Spielers Raul sollte es "unsere Verpflichtung sein", die Mitarbeiter "so in Szene zu setzen", dass Sie "ihre Fähigkeiten voll ausspielen können". Andernfalls schließt auch Raul keine Tore, sondern wird zu einem mittelmäßigen und schließlich frustrierten Mitspieler.