Unzureichende Kommunikation, das klingt zunächst mal nach einem soften, leicht lösbaren Problem. Gängige Empfehlungen lauten "einfach offen miteinander reden" oder "nicht zu viel Angst vor Konflikten haben". Leichter gesagt als getan, denn Soft Skills sind weitaus schwerer Erlernbar als Fachliches. Wer kommunikativ stark ist, hat diese Stärke in aller Regel als Kind erworben. Hinzu kommt, dass Technikbegeisterte introvertiert veranlagt sind, ihr Mitteilungsbedürfnis hält sich oft in Grenzen.
Im Projektmanagement ist das nicht gerade optimal, denn die Fähigkeit zu effektiven Kommunikation mit allen Beteiligten ist hier DER entscheidende Erfolgsfaktor. So jedenfalls die Einschätzung des Project Management Institute (PMI), eines nicht gewinnorientierten internationalen Netzwerks von Projekt- und Portfolio-Managern. Dessen jährlicher Report "Der Puls der Branche" beschäftigt sich in seiner aktuellen Ausgabe mit "der Grundlegenden Rolle der Kommunikation".
Dazu schreiben die Autoren: "In einem komplexen und wettbewerbsintensiven Geschäftsklima dürfen Organisationen diesen Schlüsselfaktor für Projekterfolg und langfristige Profitabilität auf keinen Fall unterschätzen."
Ausmaß misslungener Kommunikation vielen nicht bekannt
Zwar hätten Untersuchungen von Forbes, PricewaterhouseCoopers und Towers Watson gezeigt, dass sich Organisationen grundsätzlich über den negativen Effekt von misslungener Kommunikation im Klaren sind. Nicht allerdings über dessen Ausmaß, das die PMI-Autoren nach eigenen Angaben jetzt als erste berechnet haben: Wenn bei einem Projektbudget von einer Milliarde Dollar 135 Millionen mit einem hohen Verlustrisiko behaftet seien, dann entfielen 56 Prozent dieses Risikos auf den Faktor misslungene Kommunikation.
Ermittelt wurden die Zahlen und weitere Details zum Thema im März 2013 durch die Befragung von 742 US-Projektmanagern mit drei und mehr Jahren Erfahrung, die zu diesem Zeitpunkt Vollzeit in der Branche arbeiteten. Außerdem befragten die Studienautoren 148 Vorstände und 203 Firmeninhaber von Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, die in den zurückliegenden drei Jahren in Projekte mit einem Budget von mindestens 250.000 Dollar involviert waren.
Was aber ist konkret mit schlechter Kommunikation gemeint? Im PMI-Report ist zunächst von Sprache die Rede. Die sei innerhalb von Projektteams oft schwammig und voller Projektmanagement-Neusprech. Ein großer Nachteil, denn je klarer die Sprache, desto größer die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Abschluss des Projekts. Und: Besonders erfolgreiche Projektmanager zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr kommunikativ sind.
Projektmanager, die ihre Performance verbessern wollen, sollten also vor allem auf dieser Baustelle tätig werden. Notwendig sind Detailtreue und Klarheit, wobei Letzteres in erster Linie durch eine konsequent nichttechnische Sprache hergestellt werden kann.
Dieser Aspekt sei deshalb so wichtig, weil an jedem großen Projekt sehr unterschiedliche Menschen beteiligt sind. Sie alle müssten die Vision eines Projekts, seine Ziele und die Schritte auf dem Weg dorthin gleichermaßen verstanden haben.
Nach Ansicht der Autoren der PMI-Studie lässt sich so eine konsistente, lückenlose Kommunikation am besten durch einen standardisieren Prozess sicherstellen. Durch klare Regeln dafür, wer wann welche Informationen wie genau erhält. Sämtliche Stakeholders müssen in diesen Prozess involviert sein. Erfolgreiche Projekte hätten sich deutlich öfter solcher Instrumente bedient als nicht erfolgreiche.
Interessanterweise spielt Kommunikation auch in einer weiteren Analyse von Erfolgsfaktoren im Projektmanagement eine wichtige Rolle. Unsere US-Kollegen von CIO.com hatten Anfang dieses Jahres Dutzende von IT-Entscheidern, Projektmanagern und PM-Experten zum Thema "Management von Erwartungen" im Zusammenhang mit IT-Projekten befragt.
4 Ratschläge für bessere Kommunikation
Einstanden ist daraus eine Reihe handfester Empfehlungen, von denen einige ebenfalls die Kommunikation beziehungsweise Kommunikationsstrukturen betreffen.
Die erste lautet: "Stellen Sie sicher, das alle Beteiligten - inklusive der Führungsetage - verstehen, was genau ihre Rolle ist und was ihre Verantwortlichkeiten." Besonders wichtig sei, sicherzugehen, "dass jeder exakt die Ziele, Zeitpläne und KPIs eines Projekts verinnerlicht hat", sagt Eugene Slobodetsky, Projektmanager bei der Lyons Consulting Group. Viele Probleme in Projekten rührten daher, dass Verantwortliche die genannten Dinge nicht früh und nicht unmissverständlich genug kommuniziert hätten.
Zweiter Rat der befragten PM-Experten: "Stellen Sie sicher, dass die Teammitglieder untereinander ausreichend kommunizieren." Wirksamstes Mittel dazu ist ein Kommunikations-Ablaufplan, der auch Deadlines und Krisenpläne beinhaltet, will sagen festschreibt, wer bei bestimmten Ereignissen zu benachrichtigen ist.
Drittens sollten bei jedem Projekt regelmäßig Status-Meetings stattfinden. Denn direkte, offene Kommunikation sei durch kein Messaging- oder Projektmanagement-Tool zu ersetzen. Außerdem förderten persönliche Begegnungen den Teamgeist.
Die vierte Kommunikations-Empfehlung schließlich beschäftigt sich mit dem Evergreen-Thema Konflikte. "Sobald irgendwas passiert, dass die Deadline des Projekts in Gefahr bringt, dann sollten sämtliche Stakeholder sofort davon erfahren", so Mike Vitale. Der CTO von TalkPoint, einem Anbieter von browserbasierten Audio- und Video-Webcasting-Lösungen, war einer der von der CIO.com-Redaktion Befragten. Seiner Ansicht nach "hat es noch nie irgendwas genützt, mit Problemen hinter dem Berg zu halten."