Migrationsstrategien

Public-Cloud-Erfolgsbeispiele

30.08.2017 von Clint Boulton und Florian Maier
Sie scheuen den Schritt in die Public Cloud? Das könnte ein fataler Fehler sein, wie diese Beispiele für eine erfolgreiche Migration zeigen.

Die wilden "Gründertage" des Cloud Computing sind vorbei. Jetzt geht es darum, die richtigen Strategien zu entwickeln. Denn CIOs, die in die Zukunft denken, setzen nicht mehr auf die Public Cloud, um Kosten zu senken. Sie sehen die Cloud inzwischen als Chance, vom Data-Center-Management weg zu kommen und sich stattdessen auf die Projekte konzentrieren zu können, die von strategischer Bedeutung für den Geschäftserfolg sind.

Mit der Public Cloud zu neuen Erfolgshöhen? Diese Unternehmen zeigen Ihnen, wie es geht.
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Public-Cloud-Anbieter im Goldrausch

Ob es sich dabei nun um die Konzeption einer mobilen Applikation oder die Etablierung einer neuen Website zur Stärkung der Kundenbindung handelt - diese Entwicklungen zeigen, welch große strategische Bedeutung die Public Cloud heutzutage für viele Unternehmen hat. Als Plattform für grundlegende Business-Applikationen und -Services hat sich die Public Cloud für Unternehmen zudem als beliebter Digitalisierungs-Helfer etabliert, mit dem sich im Idealfall sowohl Umsatz als auch Gewinn steigern lassen.

Aus Perspektive der CIOs bietet die Wolke auch einen Weg, unter Anwendung von Prinzipien wie Agile, DevOps und Design Thinking Software schneller zu entwickeln. Die Public Cloud hat sich zum Katalysator für solche Veränderungen entwickelt. Das reflektiert auch der Markt: Laut IDC werden die Einnahmen aus Public-Cloud-Dienstleistungen 2017 bei 123,2 Milliarden Dollar liegen. Im Jahr 2020 sollen es dann bereits 204,5 Milliarden Dollar sein.

Die Kollegen unserer US-Schwesterpublikation CIO hatten die Gelegenheit, mit einigen IT-Entscheidern über deren Erfahrungen bei der Migration in die Public Cloud zu sprechen. Wenn auch Sie den Umzug in die Wolke planen - lassen Sie sich von den folgenden, positiven Migrations-Beispielen inspirieren.

Public-Cloud-Plattformen im Vergleich
Amazon Web Services
Forrester attestiert AWS ein marktführendes Portfolio an Cloud-Services. Hybrid-Cloud-Szenarien aber deckten die Konkurrenten zum Teil besser ab.
Microsoft Azure
Im Azure-Portfolio loben die Forrester-Experten besonders die Services für Softwareentwickler.
IBM Bluemix
IBM kann die Vorteile seines Cloud-Angebots vor allem in Unternehmen mit etablierten IT-Strukturen ausspielen.
Google Cloud
Googles Cloud-Portfolio punktet vor allem mit Machine-Learning- und Data-Services.
Oracle Cloud
Die Oracle-Cloud ist in erster Linie für Bestandskunden des IT-Konzerns interessant, urteilt Forrester.
Interoute Virtual Data Center
Der britische Anbieter Interoute profitiert im Forrester-Vergleich von seiner starken lokalen Präsenz in Europa.
Salesforce App Cloud
Vor allem die Entwickler-Services der App Cloud von Salesforce finden das Lob der Forrester-Analysten.
CenturyLink
Die Stärken des Cloud-Portfolios von CenturyLink liegen in den ausgefeilten Konfigurations- und Automation-Features.
CloudSigma
Cloud-Services aus der Schweiz offeriert CloudSigma. Kunden profitieren von besonders flexiblen und feingranularen Konifgurationsoptionen, kommentiert Forrester.

Wie Merrill mit der Public Cloud wächst

Das traditionsreiche US-Unternehmen Merrill Corporation bietet Unternehmen virtuellen Speicherplatz für hochsensible Informationen - etwa Dokumente zu Fusionen und Übernahmen. Auch Merrill steht vor der Aufgabe der digitalen Transformation und nutzt dazu Microsofts Public Cloud. Merrill-CTO Brad Smuland dirigiert den Übergang in die Wolke und verspricht sich vom Wechsel in die Public Cloud nicht weniger als den Wandel von einer Service Company zum Technologie-Player.

Unter der Regie von Smuland laufen derzeit rund 1700 Server auf Microsofts Cloud-Plattform Azure und 4500 im eigenen Data Center - wobei täglich Server ins Azure-System verlagert werden. Um nicht blind in eine alles zermalmende Kostenspirale zu laufen, hat der CTO stets ein wachsames Auge auf die laufenden Kosten des Public-Cloud-Services von Microsoft. Unterstützung bekommt er in dieser Hinsicht von Turbonomic. Das Kostenmanagement-Tool für die Cloud verschiebt Workloads automatisch von den On-Premise-Servern auf die Azure-Plattform - und umgekehrt. Das geschieht auf Basis von Algorithmen, die entscheiden, welche Plattform für bestimmte Aufgaben das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.

Durch die Migration in die Public Cloud musste die Merrill Corporation (3000 Beschäftigte in 36 Ländern) nicht nur ihre IT-Architektur überarbeiten und neu ausrichten, sondern auch neue Talente an Bord holen. Allen voran Softwareentwickler, Fachleute für IT Security, Produktmanager und UX-Designer. Die neuen Mitarbeiter jonglieren mit On-Premise- und Cloud-Infrastrukturen, überwachen neue Security-Konzepte und entwickeln native Cloud-Applikationen mit Microservices im DevOps-Umfeld. Nach Aussage von Smuland mussten dabei nur einige wenige der "alteingesessenen" Mitarbeiter auf "Transformations-Linie" gebracht werden - was wieder einmal untermauert, dass eine Cloud-Migration nicht nur Sache von Technologie, sondern auch von Unternehmenskultur ist.

"Wir sind sehenden Auges in dieses Projekt gestartet, aber es war dennoch viel mehr Aufwand, als ich erwartet hatte," erzählt CTO Smuland. "Die wesentlichen Problemstellen waren der Wandel von Skills, Kultur und Gesamtstrategie. Denn dabei geht es für viele Menschen an die Substanz - nämlich wie sie ganz konkret Tag für Tag arbeiten. In diesem Bereich hatten wir eine Menge zu tun."

Tipps auf dem Weg in die Cloud
Erarbeitung einer umfassenden Cloud-Strategie
Der Weg in die Cloud ist nicht ausschließlich ein Technologiethema. Die Unternehmensberatung Accenture empfiehlt daher allen Unternehmen, die sich auf den Weg in die Wolke begeben, zuallererst eine übergreifende Cloud-Strategie zu entwickeln. Neben der sorgfältigen Auswahl des Cloud-Providers und der benötigten Cloud-Services sollten auch Fragen der institutionellen Rahmenbedingungen (Governance), der zugrundeliegenden Prozesse, des Cloud-Operating-Modells unter anderem in eine Gesamtstrategie einbezogen werden. <br /><br />Arne Bleyer, Accenture-Spezialist für Cloud-Infrastruktur: "Mit dem Weg in die ‚Wolke‘ werden sich auch die konkreten Arbeitsweisen ändern. Deshalb sind Unternehmen gut beraten, im Vorfeld ihre lang- und mittelfristige Servicestrategie und das Serviceportfolio zu klären."
Ist-Erfassung bei Mittelstand und Enterprise-Unternehmen
Es erweist sich als ratsam, der Migration in die Cloud eine umfassende Assessment- und Planungsphase vorzuzuschalten. Über ein Applikations-Cluster gilt es, eine geeignete Transformationsstrategie festzulegen. Bleyer: „Das kann in der Praxis auch zu einer Konsolidierung der bestehenden IT-Landschaft bis hin zu deren Ablösung führen.“ Hintergrund: Sowohl Mittelstand als auch große Konzerne verfügen bei ihren Erstüberlegungen, in die Cloud zu gehen, oftmals nur über unzureichende Informationen über ihre aktuelle IT-Anwendungslandschaft.
Externe Partner für die Transformation auswählen
Nur die wenigsten internen IT-Abteilungen sind für alle notwendigen Schritte auf dem Weg in die Cloud gerüstet. Somit stelle sich letztendlich die Frage, welche externen Partner für welchen Bereich der Transformation ins Haus geholt werden müssen...

Smulands Rat an andere IT-Entscheider, die vor ähnlichen Projekten stehen: "Unsere strategischen Partnerschaften waren absolut erfolgskritisch und auch wesentlich für die Geschwindigkeit der Umsetzung. Ohne sie hätten wir das so nicht geschafft. Allzu oft fühlen sich meine geschätzten CIO-Kollegen dazu genötigt, alles komplett selbst zu entwickeln und auszurollen."

Mit American Airlines über den Wolken

Die US-Fluggesellschaft American Airlines (AA) hat nach einem Weg gesucht, die Kollaboration von und mit Business Entscheidern zu vereinfachen und die Auslieferung von Software zu automatisieren. Die Antwort hat die Airline in der Public Cloud gefunden. Das Unternehmen verlagert seine Webseite, mobilen Applikationen und andere digitale Services in die IBM Cloud.

Laut Daniel Henry, Vice President of Customer Technology war einer der Hauptgründe für die Entscheidung zugunsten von IBM die Partnerschaft des Technologie-Giganten mit der Cloud Foundry. American Airlines nutzt diese Open-Source-PaaS-Umgebung, um cloud-native Applikationen zu entwickeln. "Wir wollen eine App entwickeln, die uns künftig erlaubt, Features und neue Funktionen für unsere Website schneller umzusetzen und so den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Das IBM-Ökosystem bietet uns genau diese Möglichkeit."

Nach Auskunft von Henry nutzt die Fluggesellschaft auch IBMs "Garage"-Methodik, zu der Architekturen und Best Practices für die Entwicklung von Software mit Microservices, Agile und DevOps gehören. Die Idee dahinter: Die Ingenieure von American Airlines sollen künftig besser mit Business Entscheidern kollaborieren und Software automatisiert ausliefern. So soll die Applikations-Entwicklung sowohl im Sinne der Mitarbeiter, als auch der Kunden deutlich beschleunigt werden.

Für American Airlines ist die Cloud aber auch ein Trigger für die eigene, kulturelle Neuerfindung. "Dazu muss man nicht in die Cloud migrieren, aber es ist ein Trigger der bedeutsam genug ist, um eine Reevaluierung des gesamten Business im Sinne von mehr Effizienz und Kollaboration anzustoßen", meint Henry.

Dass American Airlines und IBM schon seit vielen Jahren Partner sind, hat bei der Entscheidung für die Public Cloud von Big Blue hingegen keine Rolle gespielt, wie Henry beteuert: "Wir haben ein ausgiebiges Proof-of-Concept erstellt und waren von den Ergebnissen begeistert. IBM musste sich das verdienen und das haben sie ohne Zweifel getan."

Auch Daniel Henry hat einen Rat für IT-Entscheider auf Lager, wenn es um die Migration in die Public Cloud geht: "Wie man bei Nike schon seit Jahrzehnten sagt: ‚Just do it‘. Ja es gibt viele Aspekte, über die man sich den Kopf zerbrechen kann. Aber CIOs müssen aufhören zu reden und Taten sprechen lassen. Genauso müssen Unternehmen auch bereit sein, sich selbst neu zu erfinden. Der Staus Quo wird keine Verbesserungen bereithalten."

Cloud-Prognosen für 2017 von Forrester
Prognose 1: Regionale Player ergänzen das Angebot der Cloud-Giganten
Auch AWS, Microsoft oder Google können nicht jede Kundenanforderung abdecken. Für kleinere regionale Cloud-Provider ergeben sich dadurch Chancen. Cloud-Nutzer sollten sie bei der Auswahl berücksichtigen.
Prognose 2: CIOs bringen Cloud-Kosten unter Kontrolle
2017 werden CIOs das Kosten-Management ihrer Cloud-Services besser in den Griff bekommen. Dabei helfen einschlägige Tools, etwa von AWS, Cloudability oder Cloudyn.
Prognose 3: Apps werden für den Cloud-Betrieb angepasst
Unternehmen sollten ihre Applikationen nicht einfach unverändert in die Wolke schieben, sondern sie für den Betrieb in der Public Cloud anpassen, empfiehlt Forrester.
Prognose 4: Hyperconverged Systems erleichtern Private-Cloud-Installationen
Forrester empfiehlt den Einsatz von Hyperconverged Systems für Private-Cloud-Szenarien insbesondere für neue Workloads, die eine rasche und automatisierte Skalierung der Infrastruktur erforderten.
Prognose 5: Container-Techniken drängen in die Cloud
Linux-Container werden 2017 Bestandteil jeder großen Public- oder Private-Cloud-Plattform sein, erwarten die Analysten.
Prognose 6: Enterprise-Anwendungen wandern in die Public Cloud
"Die Cloud ist der beste Ort, um aus Enterprise-Daten schnell Erkenntnisse zu gewinnen“, sagt Forrester-Analyst Dave Bartoletti. Schon jetzt hosten etliche Unternehmen auch Enterprise-Anwendungen in der Public Cloud. Dieser Trend werde sich 2017 verstärken.

Ancestry.com und der Public-Cloud-Stammbaum

In den vergangenen Jahren hat sich ein regelrechter Trend dazu entwickelt, Informationen über die eigene Familiengeschichte online abzurufen. Vorreiter in diesem - von zunehmendem Wettbewerb geprägten - Segment ist Ancestry. Das Unternehmen kündigte 2017 an, auf Amazon Web Services (AWS) "all in" gehen zu wollen.

Zu diesem Schritt entschloss sich die Company nach Auskunft von Nat Natarajan, Executive Vice President Product and Technology, aus verschiedenen Gründen: "Wir haben uns für das Top-Paket von AWS entschieden, weil wir fest daran glauben, so unser Wachstum und unsere Innovationsgeschwindigkeit weiter steigern zu können."

Milliarden historischer Dokumente - inklusive Familienstammbäumen und DNA-Profilen - werden derzeit in die Public Cloud von Amazon verlagert. In sechs Monaten hat Ancestry die Hälfte seines gesamten Datenbestandes (8 Petabyte) migriert. Das Unternehmen hat mit Hilfe von PaaS, Serverless Computing und anderen Tools auch bereits 6000 seiner 12.000 Server und 550 Datenbanken in die Amazon-Cloud gehievt. Bis Ende 2017 soll ein weiterer, beträchtlicher Teil der Consumer-Produkte von Ancestry in die AWS-Infrastruktur fließen. "Der wesentliche Treiber für uns war Speed," so Natarajan. "Wir glauben, das war für uns der schnellste Weg zum Ziel."

Natarajan kann Entscheidern mit Public-Cloud-Ambitionen nur raten, anzuerkennen, dass der Erfolg einer solchen Migration weniger an der Technologie, sondern mehr am Betrieb, den Prozessen und Menschen hängt. Außerdem essentiell: die Bestimmung eines Verantwortlichen, der die Fäden in der Hand hält und Best Practices für die Übergangsphase zur Anwendung bringen kann.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com.

5 Mythen zur Multi-Cloud
Mythos 5: Multi-Cloud erfordert viel technische Know-How
Zum Teil stimmt das: Das Erlernen der Besonderheiten dieser Infrastruktur und der Fachsprache von mehr als einer Cloud kann eine Herausforderung darstellen. Hier kann man sich aber auch Hilfe von externen Systemintegratoren holen. Quelle: Rackspace
Mythos 4: Multi-Cloud ist eine Hybrid Cloud
Ganz und gar nicht. Die Multi-Cloud hilft, eine gemeinsame Architektur zu beschreiben und unterscheidet sich daher stark von der Hybrid-Cloud. Quelle: Rackspace
Mythos 3: Multi-Cloud ist unsicher
Mit mehr Clouds, mehr Probleme und höheres Sicherheitsrisiko? Nicht unbedingt: Bei zuverlässiger Verwaltung und Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sind auch Multi-Cloud-Umgebungen sicher. Quelle: Rackspace
Mythos 2: Nur große Unternehmen profitieren von Multi-Cloud
Klar, je größer das Unternehmen, umso höher auch die Anzahl der eingesetzten Systeme. Aber: kleinere Unternehmen können mit einer Drittanbieter-Agentur oder einem Drittanbieter zusammenarbeiten. Quelle: Rackspace
Mythos 1: Mein Unternehmen nutzt keine Multi-Cloud
Viele Unternehmen nutzen die Multi-Cloud, ohne es zu merken, Stichwort: Schatten-IT. Zum Beispiel nutzt das Marketing eine Cloud und die Abteilung Human Resources eine andere - ohne dass die IT davon weiß. Quelle: Rackspace