Wer einem Wirbelsturm entfliehen will, muss sehr schnell sein. Sputen müssen sich, folgt man den Analysten von PwC, derzeit die Firmen angesichts der technologischen Veränderungen. "Smarte Unternehmen und Manager warten mit ihrer Reaktion nicht darauf, dass der Tsunami der Disruption ihr Ufer erreicht", heißt es in einer aktuellen PwC-Studie. Kluge Firmen, so formulieren die Experten weiter, bereiten sich auf die Disruption vor, bevor sie da ist.
Gemeint ist die kombinierte Disruption aus Artificial Intelligence (AI) und dem Internet of Things (IoT). Denn diese werde "unser persönliches und geschäftliches Leben in einer dramatischen Weise umgestalten, die für die meisten Unternehmen heute schwerlich in vollem Umfang vorstellbar und begreifbar ist", so PwC.
Disruption ist das Modewort schlechthin
Das klingt überaus dramatisch - und dass an dieser Stelle bereits ein paar Mal das Wort "Disruption" fiel, spiegelt seine Häufigkeit in der Studie "Leveraging the upcoming disruptions from AI and IoT" wider. Die Dramatik mag dem schwierigen Ringen um Aufmerksamkeit für das spezifische Thema geschuldet sein. Denn an sich sind die Entwicklungen, die auch PwC beschreibt, ja in aller Munde.
Disruption ist das Modewort schlechthin geworden. Die "Digitalisierung", "digitale Transformation" oder "digitale Revolution" schwebt als Überdynamik über allem. Mit ihr einher geht die Automatisierung samt der Sorge vor massivem Arbeitsplatzverlust durch Roboterisierung. Und das Internet der Dinge erscheint mit diesen Megatrends auf gleichsam natürliche Weise verwoben, gerade wenn man an die Industrie 4.0 denkt.
AI überzeugte in der Vergangenheit nicht immer
Womöglich geht in all dem Bohei um diese epochalen Themen der Aspekt der Künstlichen Intelligenz manchmal etwas unter. Zum einen, weil die Diskussion oft um Industrieroboter und Automatisierungssoftware kreist - Anwendungsbeispiele also, in denen die Maschinen offenkundig unter der Intelligenzschwelle operieren. Zum anderen, und darauf weist PwC in der Studie explizit hin, gibt es bisher unter dem Etikett AI viele Lösungen, die ihren praktischen Nutzen in der Vergangenheit nicht wirklich unter Beweis stellen konnten. Freilich tut sich auf diesem Gebiet aktuell eine Menge, und deshalb geht die Studie davon aus, dass für viele Anwender an AI künftig kein Weg mehr vorbei führt.
Artificial Intelligence wir reif und günstiger
Die Fortschritte in diesem Bereich liegen laut Studie einerseits in Faktoren wie einer sinkenden Kostenkurve und einer Reifung der zu Grunde liegenden Technologien wie mobiler Konnektivität, Cloud-Infrastruktur, der Verbreitung von Sensoren, Machine Learning-Software und Storage. Andererseits lässt sich die inhaltliche Entwicklung in drei Stufen beschreiben:
Assisted Intelligence: Automatisiert werden Aufgaben, die sich wiederholen - beispielsweise Prozesse in Fabriken.
Augmented Intelligence: Die Natur der Aufgaben wandelt sich und es gibt einen wechselseitigen Informationsaustausch zwischen Mensch und Maschine. Beispiele hierfür sind Analysen der Geschäftsstrategie, die Machine Learning nutzen, oder smarte Entscheidungsunterstützung in Kliniken.
Autonomous Intelligence: Auf dieser letzten Ebene sind Entscheidungen automatisiert und die Maschinen lernen fortlaufend hinzu, etwa beim autonomen Fahren oder bei Smart Investment.
Die rapiden AI-Entwicklungsschritte führen laut PwC zu einer Konvergenz mit dem IoT. Diese geht sogar so weit, dass AI unverzichtbar für das Internet der Dinge wird. "Die Kernkomponenten des IoT - Konnektivität, Sensordaten und Robotics - werden letztlich zu der Anforderungen an alle 'dummen' Geräte führen, intelligent zu werden", schreiben die Studienautoren. "In anderen Worten: Das IoT braucht smarte Maschinen. Es gibt also einen Bedarf an AI."
Beim IoT gehe es primär um Daten, so PwC - der Währung des digitalen Zeitalters. Daten seien aber nur nutzbar, wenn sie verfolgbar seien. Und dafür müssten sie um Kontext und Kreativität ergänzt werden. Mit anderen Worten: Das IoT benötige "Connected Intelligence" - und hier komme AI ins Spiel.
Artificial Intelligence beeinflusse das IoT in zwei Schlüsseldimensionen
Erstens, indem Echtzeit-Antworten ermöglicht werden, beispielsweise durch ferngesteuerte Kameras, die Gesichter analysieren.
Zweitens im Post-Event Processing, indem über gewisse Zeiträume Datenmuster gesucht werden.
Keineswegs handle es sich dabei aber um eine Einbahnstraße. Denn schließlich sei das durch IoT ermöglichte Echtzeit-Feedback essenziell für adaptive lernende Systeme.
3 verschiedene Analyse-Stufen
Letztlich unterstütze AI das IoT in dreierlei Hinsicht, in dem folgende Analyse-Stufen ermöglicht werden:
1. Predictive Analytics: "Was wird passieren?"
2. Prescriptive Analytics: "Was sollen wir tun?"
3. Adaptive/Continuous Analytics: "Welche Aktionen/Entscheidungen sind angemessen, und wie können wir uns an die jüngsten Veränderungen anpassen?"
Die Verknüpfung von AI und IoT manifestiert sich laut Studie unter anderem in intelligenten Sensoren. Hierzu führen die Autoren Beispiele für jede der drei Analyse-Stufen an. Flugzeugmotoren, die pro Flug 500 Gb an Daten analysieren und mehr als 5000 Parameter messen können, stehen für Predictive Analytics. Auf der präskriptiven Ebene ist zum Beispiel an Bahngleissensoren zu denken, die das Kontrollzentrum vor potenziellen Gefahren warnen. Für adaptive Analyse sind ein Beispiel Blutzuckersensoren, die automatisch die verabreichte Insulinmenge steuern.
5 Impulse für das Business
Zunehmende Nutzung von AI in diesem Kontext wird laut PwC die Wettbewerbslandschaft auf fünf Weisen verändern:
1. Höhere Erträge: Das betrifft nach Einschätzung der Analysten insbesondere drei Typen von Unternehmen. IoT-Gerätehersteller profitieren ebenso wie Provider von IoT-Daten und -Informationen und Firmen, die auf intelligenten Sensoren basierende Services anbieten.
2. Verbesserte Sicherheit: Sie wird dadurch erreicht, dass Echtzeit-Monitoring Katastrophen verhindert.
3. Reduzierter Schadensumfang: Falls doch Unfälle passieren, sorgt Echtzeit-Monitoring für geringere Verluste an Menschenleben und reduziert den Umfang von Schäden.
4. Niedrigere Kosten: Smart Monitoring-Geräte wie Smart Grids oder Smart Meters senken die Betriebskosten von Gebäuden - privat und auch geschäftlich.
5. Verbesserter Kundendienst: Intelligente Sensoren können individuell auf Personen eingehen und Präferenzen lernen - beispielsweise die von einem Menschen bevorzugte Temperatur.
In naher Zukunft werden laut PwC vor allem Unternehmen aus bestimmten Branchen AI und IoT kombinieren. Dazu zählen Fluglinien, Mineralölkonzerne, Industriefirmen und Unternehmen in Bereichen wie Smart Buildings, Smart Homes und Körpersensoren. Beim Bohren nach Öl beispielsweise kann ständiges Monitoring mit smarten Sensoren die präventive Wartung optimieren und teure Maschinenausfälle vermeiden helfen.
Angesichts der bevorstehenden Disruptionen empfiehlt PwC den Anwendern einen proaktiven und weitsichtigen Ansatz. "Einfach gesagt: Die AI-Revolution ist da, und jetzt ist es an der Zeit, sich dafür zu rüsten", raten die Studienautoren.