Kurz zur Geschichte
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2009: Abschluss De-Mail Pilotprojekt
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2011: Bundesregierung verabschiedet De-Mail Gesetz - seit 03. Mai in Kraft
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2012: Erste De-Mail Dienste starten
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2013: eGovernment Gesetz wird verabschiedet.
Mission State September 2014
Wir fragen uns fünf Jahre nach dem Pilotprojekt: Wie sieht es mit der flächendeckenden Nutzung und Verbreitung von De-Mail aus? Die Antwort: schlecht.
Kürzlich stellten drei Minister die Digitale Agenda der Bundesregierung vor. De-Mail ist Bestandteil dieser Agenda. Laut Thomas de Maizière soll De-Mail mit dem Programm Digitale Verwaltung 202 ein elementarer Baustein für den sichereren und innovativen Staat werden. Via Bürgerkonten (das könnten De-Mail Postfächer sein) sollen die "100 wichtigsten Aufgaben so gestaltet werden, dass man sie digital erledigen kann", so Innenminister de Maizière. Auf einen Blick wird klar, dass über 10 Jahre (von 2009 bis 2020) viel zu lange sind, um in Europa Anschluss zu finden. Deutschland ist alles andere als ein Vorreiter.
Die Forderung
Anfang der 90er Jahre startete das Duale System. Klaus Töpfer war in nahezu jeder Nachrichtensendung. Ebenso Jürgen Trittin mit dem Dosenpfand in 2003. Mal abgesehen von Sinn oder Unsinn, waren diese Themen omnipräsent und für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar. Diese Aufmerksamkeit und die notwendige Konsequenz der Bundesregierung fehlt De-Mail seit dem Start. Berechtigte Kritikpunkte werden verwischt, sinnvolle Erweiterungen werden nicht projektiert und auf ein echtes Bekenntnis des Staates als Großversender im eigenen De-Mail System warten die Marktteilnehmer immer noch. Zudem ist De-Mail bisher ein PR-Desaster. Hier ist die Regierung doppelt gefordert: De-Mail Einführung besser gestalten und beschleunigen.
Die Unternehmen und Anbieter sind gefordert
De-Mail soll mit der Wirtschaft umgesetzt und "in die Fläche" gebracht werden. Große IT-Unternehmen beteiligen sich am Auf- und Ausbau des neuen Ecosystems, lassen aber den gemeinsamen und energischen Antritt gegen die gelbe Lobby und Kritiker vermissen, klären den Nutzer unzureichend auf und haben es noch nicht geschafft - gemeinsam mit potenziellen Versendern oder auch selbst - relevante Anwendungsfälle für Kunden (privat wie geschäftlich) zu entwickeln. Bemerkenswerte Ausnahme ist die Deutsche Rentenversicherung (mit über 40 Millionen "Kunden"), welche beim Einsatz von De-Mail bereits sehr weit fortgeschritten ist. Größtes Manko dabei: Das weiß kaum jemand!
Darüber hinaus sind z.B. Versicherungs- und TK-Unternehmen, Energieversorger, Banken und Dienstleistungsfirmen aus dem Gesundheitssektor sehr zurückhaltend De-Mail als Kommunikationskanal für Kunden und Patienten anzubieten. Bis auf wenige Ausnahmen hat der Gesetzgeber Investitions- und Entscheidungssicherheit in Bezug auf das System - nämlich De-Mail - gelegt. Den Netzwerkeffekt werden die Privatnutzer nicht in Gang bringen. Erst mit kundenfreundlichen Einsatzszenarien werden die Menschen den Vorteil von De-Mail erkennen und sich registrieren. Nur auf Nutzerreichweite zu warten ist zu wenig.
Besonnenheit und Tempo sind gefragt
"Vertrauen ist eine Währung im Internet" und De-Mail ... ist eine sichere Methode", sagt de Maizière. Diese Aussagen werden bei den Kritikern wieder Schnappatmung auslösen. Die entzündliche Diskussion um E-2-E-Verschlüsselung soll hier nicht erneut geführt werden.
Nur so viel: Eine durchgängige Verschlüsselung ist bei De-Mail optional möglich. Für eine einfache, flächendeckende Lösung für alle Endnutzer - auch für die ohne tiefgreifendere Computerkenntnisse - gibt es derzeit keine Technologie, die vollständigen und kompromisslosen Schutz bietet.
Was heißt so einfach wie E-Mail und so sicher wie ein Brief eigentlich? De-Mail soll den klassischen Brief ersetzen. De-Mail ist keine Postkarte und auch keine kostenpflichtige E-Mail für die plötzlich Porto verlangt wird. De-Mail ist ein elektronischer Kommunikationskanal für Nachrichten und Dokumente, bei dem die Kommunikationsteilnehmer nicht anonym sind und der Versand- bzw. die Zustellung nachweisbar und die Inhalte damit rechtsverbindlich sind.
Das heißt kein Ausdruck, kein Kuvert, keine Briefmarke, keine Briefkastensuche, keine Postlaufzeit und keine Unterlagen für volle Ordner. Unsere Nachbarn in Europa zeigen seit Jahren, wie mit vergleichbaren Systemen bis zu 2/3 der Bevölkerung kommunizieren und dabei Zeit und Geld sparen.
Insofern ist mehr Besonnenheit in der Auseinandersetzung um einen Standard für rechtsverbindliche, elektronische Kommunikation angezeigt. Zwei Schritte zurück, fester Blick auf das Ziel, überlegen, gemeinsam nachjustieren und dann mit klaren Vorgaben und Vollgas in Richtung De-Mail 2.0 - es wird Zeit.
Wir sind Alle gefordert
Klassische Briefpost ist antiquiert. Die rechtsverbindliche, elektronische Kommunikation wird kommen. Wir haben kein Interesse uns bei zig Portalen (z.B. Finanzamt, Bank, Versicherung) zu registrieren und uns Logindaten zu merken. Ein "Bürgerkonto" - auch wenn der Name abschreckt - könnte die Lösung sein.
Eine Zentrale in der ich entscheiden kann, welche Kommunikationsinhalte mir zugesendet werden. Rechnung ja, Werbung nein, Einkommensteuerbescheid ja, Strafzettel nein. . . Von dieser perfekten Welt sind wir noch ein Stück entfernt. De-Mail besitzt aber nach wie vor das Potenzial, zu einem neuen, lebensnahen und reichweitenstarken Standard zu werden.
Medienbruchfreie, papierlose und ressourcenschonende Kommunikation mit hohem Serviceniveau, kürzeren Bearbeitungszyklen, unabhängig von Öffnungszeiten, ortsunabhängig, nachweisbar, verbindlich, kostengünstig und mit ausreichenden Sicherheitsmerkmalen.
Das geht und diese Chance sollten wir nicht verpassen. Wir können alle etwas dafür tun.