Online-Zahlungsmöglichkeiten fehlen meist, und jede zehnte Verwaltung antwortet nicht auf E-Mail-Anfragen: Nur wenige deutsche Städte bieten ihren Bürgern und Unternehmen bereits ein zufriedenstellendes Online-Dienstleistungsangebot und die Möglichkeit, Behördengänge auch außerhalb der Öffnungszeiten und ohne Schlangestehen zu erledigen. Unsere Schwesterpublikation CIO.de hatte gerade über eine Studie berichtet, dass Deutschland beim EU-Benchmark stark aufgeholt hat.
Zu einem differenzierten Ergebnis kommt die E-Government-Studie, für die die Berater von Ernst & Young als Grundlage für die Vergabe des "Ernst & Young E-Government-Awards" das Online-Angebot von 187 deutschen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern untersucht haben. Im Rahmen der Studie wurde getestet, ob es möglich ist, Alltagsgeschäfte vollständig online abzuwickeln – einschließlich des Bezahlens.
Die Städte mit dem besten E-Government-Angebot in Deutschland sind demnach Düsseldorf, Stuttgart und Freiburg. Bei den meisten Kommunen lassen die Angebote an Bürger und Unternehmen, zumindest Standardvorgänge online abzuwickeln, aber noch zu wünschen übrig. Die Mehrheit der Kommunen (65 Prozent) erreicht nur die Hälfte der 50 maximal möglichen Punkte.
Mit 39 von insgesamt 50 möglichen Punkten erreicht Düsseldorf den ersten Platz im Städteranking. Den zweiten Platz teilen sich Freiburg und Stuttgart mit jeweils 37,5 Punkten. Düsseldorf belegt auch in den Unterkategorien "Verfügbarkeit/Angebot der Online-Dienste" sowie "Ergebnisse der Suchmaschine" den ersten Platz, in der Unterkategorie "Online-Zahlungsmöglichkeiten" landet die Stadt unter den Top 5.
Dass eine Großstadt den Gesamtsieg errungen hat, wertet Hans-Peter Busson von Ernst & Young nicht als Hinweis darauf, dass große Städte generell die besseren Online-Dienstleistungen anbieten: "Selbst bei Großstädten gibt es noch deutliches Verbesserungspotenzial - immerhin ist es keiner der drei Millionenstädte Berlin, Hamburg und München gelungen, unter die Top 10 zu kommen." Mit Mühlheim an der Ruhr belegt zudem eine Stadt mit weniger als 200.000 Einwohnern den vierten Platz im Gesamtranking. Und auf dem fünften Platz steht Gummersbach – eine Stadt mit etwa 50.000 Einwohnern.
Mehrheit der Städte erreicht nur die Hälfte der Punkte - oder noch weniger
Die Mehrheit der untersuchten Städte (65 Prozent) erreichte bei 50 möglichen Punkten nur 25 oder noch weniger Punkte. Zwölf Prozent erzielten sogar nur 15 Punkte und zwei Kommunen (ein Prozent) konnten nur zehn Punkte für sich verbuchen. "Einige deutsche Städte stehen beim Thema E-Government noch ganz am Anfang", sagte Busson.
Ziel vieler Kommunen ist es, ihren Bürgern die Möglichkeit zu bieten, gängige Alltagsgeschäfte vollständig online abzuwickeln, beispielsweise den Antrag auf einen Anwohnerparkausweis, die Anmeldung des Hundes zur Hundesteuer, die Bestellung einer Geburtsurkunde, den Antrag auf Sperrmüllabholung, die Frage an das Fundbüro und die Bürgerbeschwerde.
Das größte Angebot existiert bei Online-Beschwerden – 117 Städte (63 Prozent) bieten die Möglichkeit, Kritik an möglichen Missständen per E-Mail zu äußern. Ebenfalls noch relativ gut sieht es beim Thema Sperrmüll (62 Prozent) und bei Fragen an das Fundbüro (52 Prozent) aus.
Noch deutlich weniger als die Hälfte der Kommunen (43 Prozent) bieten indessen Online-Anfragen an das Geburtenregister an. Nur jede fünfte Stadt ermöglicht die Anmeldung zur Hundesteuer online. Den Antrag auf einen Anwohnerparkschein kann man per Mausklick nur in jeder siebten jener 153 Städte stellen, in denen es solche Parkplätze gibt.
"Viele Städte nutzen die Möglichkeit noch zu wenig, durch den Online-Kontakt zum Bürger die Kosten von Routineabläufen zu senken", stellt Busson fest. "Ungenutzt bleiben damit auch viele Chancen, den Service für den Bürger zu verbessern."
Auch die Funktion und Benutzerfreundlichkeit der Suchmaschinen sowie die Möglichkeit, die anfallenden Gebühren online etwa per Paypal oder Kreditkarte zu zahlen, wurden geprüft. Bei den Zahlungsmöglichkeiten zeigen sich die meisten Kommunen ziemlich rückständig: Nur eine einzige Stadt offeriert die Zahlung per Paypal, ganze drei Städte erlauben die Bezahlung per Kreditkarte. Selbst der Bankeinzug ist nur bei 18 Prozent der Städte möglich. Im Durchschnitt erreichten die Kandidaten beim Online-Zahlungsverkehr gerade einmal 1,1 von sechs möglichen Punkten. Die Spitzenreiter kamen auf vier Punkte.
Zu einem Online-Auftritt gehören auch funktionierende Suchmaschinen, die den Bürger möglichst schnell zum Ziel führen. Hier erzielten die Kommunen ein Durchschnittsergebnis von 5,7 von acht erreichbaren Punkten, 18 Städte erreichten die Höchstpunktzahl. Dennoch waren die Suchergebnisse ernüchternd: Bei Standardfragen nach dem Sperrmüll, dem Anwohnerparken oder der Lohnsteuerkarte lieferte jeweils nur rund die Hälfte der Suchmaschinen zufriedenstellende Resultate.
E-Mails wurden gar nicht beantwortet
Um Qualität ging es auch beim E-Mail-Verhalten der Kommunen. Eine Test-E-Mail mit zwei Fragen – nach der Zweitwohnungssteuer und der Lohnsteuerkarte – führte zu recht unterschiedlichen Ergebnissen. Jede zehnte Stadtverwaltung ließ die elektronische Anfrage unbeantwortet. Andere ließen sich viel Zeit: Sechs Prozent antworteten erst nach drei und mehr Tagen – und dann teilweise unvollständig. Immerhin waren die gewünschten Informationen von fast zwei Dritteln der Befragten innerhalb von 24 Stunden auf dem Bildschirm.
In der E-Mail-Bearbeitung sieht Busson noch starken Verbesserungsbedarf: "Hier fehlt es vielerorts offensichtlich an Koordination. Es scheint, dass die modernen Kommunikationsmedien in die Prozesse vieler Stadtverwaltungen noch nicht wirklich integriert sind." Das gelte auch für die Services für Unternehmen. Zwar veröffentlichen 90 Prozent der Kommunen ihre Ausschreibungen online. Doch nur eine von sechs bietet auch die Möglichkeit, Angebote auf dieselbe Weise abzugeben. "Die E-Vergabe könnte sowohl den Unternehmen als auch den Kommunen Kosten sparen und den Vergabeprozess vereinfachen", sagt Busson. "Es ist kaum nachvollziehbar, warum dieses Instrument so selten genutzt wird."
"Der Online-Behördenverkehr steckt in Deutschland vielfach noch in den Kinderschuhen", befindet Busson. "Die ersten Ansätze stimmen durchaus zuversichtlich, aber es besteht noch erhebliches Optimierungspotenzial." Vor allem reiche die reine Implementierung von Online-Diensten auf den Websites der Kommunen nicht aus: "Nur wenn die Verwaltungsmechanismen und bisherigen Strukturen durchbrochen und an die neuen Möglichkeiten, die das E-Government bietet, angepasst werden, können diese Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden."
Auch rechtliche Lücken müssen noch geschlossen werden
Busson wies auch darauf hin, dass noch Lücken in der Infrastruktur und in der Gesetzgebung geschlossen werden sollten. "Bei unterschriftspflichtigen Vorgängen bedarf es zum Beispiel einer rechtlich und gesellschaftlich akzeptierten elektronischen Signatur. Doch anders als in einigen kleineren Ländern wie Belgien und den Niederlanden ist diese Technik in Deutschland noch wenig populär. Das könnte sich allerdings mit der Verbreitung des neuen elektronischen Personalausweises ändern."
Hier gibt es die Ergebnisse der Ernst & Young-Studie als PDF.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.