Die Marktforscher und Berater der Information Services Group (ISG) sehen erhebliches Outsourcing-Potenzial im Mittelstand. „Aufgrund unserer Gespräche mit Entscheidern in Unternehmen gehen wir davon aus, dass innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate eine hohe Anzahl mittelständischer Unternehmen erstmals auf dem Sourcing-Markt in Erscheinung treten wird“, sagt Alexander Müller-Herbst, Partner & Managing Director bei ISG.
Mangelnde Erfahrung sowie fehlendes Wissen über die Festlegung von Zielen, die Auswahlkriterien für den Dienstleister oder auch das Managen der Outsourcing-Beziehung erschweren das Abenteur. „Andererseits können Outsourcing-Einstiegskunden von den Lektionen profitieren, die andere Unternehmen bereits lernen mussten, und damit viele potenzielle Fehler vermeiden“, so Müller-Herbst. Eine internationale Studie der ISG-Analysten Debora Card und Stanton Jones lotet aus, welche Herausforderungen für Mittelständler bestehen und worauf Firmen beim Outsourcing achten sollten.
Zunächst belegen Card und Jones durch eine Analyse der Outsourcing-Aktivitäten der Forbes 2000-Firmen, dass es in den größten Firmen kaum noch Marktpotenzial gibt. 87 der 100 größten Firmen haben bereits vor 2008 ausgelagert, seither kamen lediglich drei Neueinsteiger aus dieser Gruppe hinzu. Potenzielle Neueinsteiger gibt es lediglich noch zehn Stück.
Je kleiner die Firma, desto größer das Outsourcing-Potenzial
Je kleiner die Firmen werden, umso größer ist offenkundig das Potenzial. In der zweiten Hälfte von Rang 1001 bis 2000 haben lediglich 184 Unternehmen schon vor 2008 ausgelagert. Seither kamen 60 Neueinsteiger hinzu. Somit verbleiben 756 Kandidaten für eine Outsourcing-Initiative. Es erscheint nahezu zwangsläufig, dass das Gros der Outsourcing-Neukunden aus mittelständischen Firmen kommt.
ISG stellt außerdem fest, dass sich die Deals der Forbes 2000-Firmen auf 408 Service-Provider verteilen. „Die Zeiten, als einige große Anbieter den Löwenanteil des Marktes unter sich aufteilten, sind klar vorüber“, kommentieren die Analysten. „Während die steigende Zahl der Provider den wachsenden Hang zu Multi-Provider-Engagements reflektiert, zeigt sie auch einen hohen Grad an Marktkomplexität an.“
7 Ratschläge für die Implementierung
Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, dass Mittelständler vor ihren Einstieg für sich klären, was sie eigentlich wollen – sei es Kostensenkung, sei es zusätzliche Kapazität, sei es etwas anderes. „Obwohl das offensichtlich klingt, zeigt die Erfahrung, dass viele Outsourcing-Initiativen schon in diesem frühen Stadium scheitern“, so ISG. Darum müsse die Sourcing-Strategie effektiv artikuliert, verstanden und kommuniziert werden.
Für die Implementierungsphase gibt ISG sieben weitere Tipps.
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Erstens müsse das bestehende Umfeld verstanden werden.
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Zweitens dürften interne Management-Anforderungen nicht unterschätzt werden
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Drittens müsse das richtige Team mit den geeigneten Tools zusammengestellt werden.
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Viertens sollte man sich auf ständige Verbesserung fokussieren
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Fünftens dem Provider Freiräume für Innovation und Transformation gewähren.
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Sechstens schärft ISG den Firmen ein zu bedenken, dass auch der Provider etwas verdienen muss. „Eine erfolgreiche Beziehung muss für beide Parteien funktionieren“, so die Analysten. Wer es hinbekomme, dem Provider niedrigste Preise zu diktieren, müsse damit rechnen, dass dieser im Gegenzug bei der Service-Qualität spare, Kosten für Zusatzleistungen berechne oder sein schlechtestes Team für diesen Auftrag ansetze.
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Siebtens müsse ein großer Anbieter nicht unbedingt besser geeignet sein als ein kleinerer. „Mittelständische Firmen sind oft nicht mit dem größten und prominentesten Provider am besten bedient“, so ISG. Von daher lohne es sich, Informationen über Profil und Expertise von Nischenanbietern zu sammeln und auszuwerten.
Auf der nächsten Stufe – also einer fortgeschrittenen Outsourcing-Aktivität – komme es darauf an, eine Vielzahl von Verträgen und Beziehungen zu managen, auf Veränderungen im Business-Umfeld zu reagieren und erfolgreich Verlängerungen oder Neuverträge zu verhandeln.
Starker und business-orientierter Technologieführer
Der Outsourcing-Partner könne auch helfen, Wachstumsziele neu zu definieren und zu erreichen. „Mittelständische Firmen genießen überdies den Vorteil, dass sie typischerweise keine so große Legay-Last mit sich schleppen wie große Unternehmen und deshalb Systeme und Prozesse leichter verändern können“, so ISG.
Wichtig sei allerdings, intern einen starken und business-orientierten Technologieführer zu haben. „Das kann der CIO sein, aber auch einer technologie-affiner CFO, CMO oder anderer Manager im Unternehmen“, meinen die Analysten. Eine Wachstumsstrategie scheitere aber allzu oft, wenn niemand für eine Verzahnung von technologischer Vision und geschäftlichen Erwartungen sorge.
Risiken durch Cloud sind eher menschlicher Natur
Die Studie geht auch auf die Chancen ein, die Cloud Computing eröffnet. Im Gegensatz zur öffentlichen Meinung liege das Sicherheitsrisiko bei cloud-basierten Services weniger in der Technologie selbst als in den Menschen, die die Infrastruktur anlegen und unterstützen. „Weil die meisten Fehler und Löcher wegen menschlichen Versagens entstehen, müssen Kundenunternehmen qualifiziertes Personal für Security-Rollen einstellen und für ordentliche Back-Ups sorgen“, heißt es in der Studie. Regelmäßige Infrastruktur-Audits durch unabhängige Dritte seien darüber hinaus essenziell.
Als Schlüsselfaktoren für den Outsourcing-Erfolg nennt ISG das Wissen um kompetitive Marktstandards, Verhandlungsexpertise und das Wissen um die Stärken der Provider. Das Whitepaper „Minefield? Or Greenfield?“ ist bei ISG erhältlich.