Bei SaaS hoffnungslos

Ratschläge für Outsourcing-Verhandlungen

10.08.2012 von Werner Kurzlechner
Experten raten zu definierten Prozessen für Verhandlungen mit IT-Dienstleistern. Ein Sonderfall ist SaaS: Hier gibt es oft nix herauszuschlagen.
Man muss mit der Gegenseite nicht Golfspielen gehen. Allerdings sollte man geschickt und kreativ eine Vertrauensbasis aufbauen, von der beide Seiten profitieren.
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Verhandlungen sind nicht unbedingt die Lieblingsdisziplin von IT-Profis im Allgemeinen und CIOs im Speziellen. Allerdings zählt das Schachern um möglichst gute Bedingungen für die eigene Seite längst zum Aufgabenprofil der meisten IT-Chefs. Denn so ganz ohne Partnerschaft mit IT-Dienstleistern ist kaum noch auszukommen. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat sich kürzlich in zwei Artikeln mit den Thema Verhandlungen befasst – aus völlig verschiedenen Blickwinkeln und deshalb auch mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

Generell plädiert im Interview mit CIO.com der Management-Berater Jeff Weiss dafür, dass sich die IT-Abteilungen insgesamt viel besser rüsten sollten für die Runden am Verhandlungstisch mit den Outsourcing-Providern. Zu oft verließen sich CIOs alleine auf das Geschick einzelner Verhandlungsexperten, die Vorbereitung werde ebenso vernachlässigt wie die Analyse der gesammelten Erfahrungen – egal ob negativer oder positiver Art.

Diesem Plädoyer für mehr Engagement und Strategie beim Aushandeln gewöhnlicher Outsourcing-Verträge steht ein eher schmallippiger und vielstimmiger Tenor im Spezialgebiet Software-as-a-Service (SaaS) entgegen. Zwar ermuntert auch hier Thomas Trappler, Instrukteur für SaaS-Verträge der University of California, die CIOs, um möglichst gute Konditionen zu feilschen: „Man bekommt vielleicht nicht alles, wonach man fragt; aber man bekommt es definitiv nicht, wenn man gar nicht fragt.“

Keine Verhandlungen bei SaaS

Dem halten andere Experten entgegen, dass SaaS naturgemäß nur geringe Spielräume lasse. „Es gibt da draußen eine Menge Apps, die ziemlich commodity-orientiert sind“, sagt etwa Jeffrey Kaplan, Managing Director beim Beratungshaus THINKstrategies. „Da gibt es dann überhaupt keine Verhandlungen.“ Kaplan meint damit SaaS-Arrangements, die man bequem online mit Kreditkarte buchen kann. Das dann aber zu den vorgegebenen Bedingungen und Preisen – oder aber überhaupt nicht.

Große Firmen mit hohem Auftragsvolumen und einem prominenten Namen können naturgemäß auch SaaS-Anbieter zu Verhandlungen bewegen. Kleinere Unternehmen haben es da laut Kaplan schwer. Schließlich sei das Geschäftsprinzip ja just das Angebot standardisierter Leistungen zu vergleichsweise günstigen Bedingungen.

Auf Features verzichten

Einen Tick optimistischer urteilt hingegen Oswald D’sa, CIO des Anbieters Xora. Gerade die Standardisierung eröffne immerhin die Chance, am Preisrad zu drehen – insbesondere bei Anbietern von Monitoring- und Managing-Dienstleistungen, die nicht geschäftskritisch seien. Ein Verhandlungsansatz für kleinere Firmen sei es, zugunsten eines günstigeren Preises auf nicht unbedingt nötige Features und Funktionen zu verzichten. Darauf gingen manche SaaS-Anbieter gelegentlich ein.

Randy Fougere vom SaaS-Hosting-Services-Anbieter Tenzing Managed IT-Services berichtet, dass das standardisierte Master Services Agreement seines Unternehmens in 85 Prozent der Fälle genau so übernommen werde. Ausnahmen gebe es gelegentlich, wenn der Kunde auf Performance-bezogene Klauseln bestehe – zum Beispiel das Recht, den Vertrag ohne Abstandszahlung zu kündigen, wenn die vereinbarten Service Level Agreements (SLAs) drei Monate lang nicht eingehalten werden.

Vertragskonditionen vergleichen

Alles in allem ist im SaaS-Bereich durch Verhandlungen selten wirklich etwas zu gewinnen. Angesichts der geringen Neigung der Anbieter, auf individuelle Kundenwünschen einzugehen, rät Berater Kaplan den Anwendern, sich vor allem auf eine ausgiebige Beobachtung der Angebote im Markt zu verlegen. Ein umfassender Vergleich der Vertragsbedingungen sollte also stattfinden, und das für möglichst viele der in Frage kommenden Provider-Kandidaten.

Kleinere Anwender sollten besonders vorsichtig auf die Möglichkeit achten, ob der potenzielle Anbieter ein Übernahmekandidat sein könnte. Die Übernahme durch einen größeren Provider könnte sich nämlich erheblich auf das angebotene Produkt auswirken.

D’sa warnt ferner davor, sich zu schnell zu stark an einen Provider zu binden. Falls die Zusammenarbeit nicht wie erwünscht funktioniert, könnte es wichtig sein, ohne zu große Mühe umsatteln zu können. Energie lohnt es sich zudem nach Vertragsabschluss in das Vendor- und Vertragsmanagement zu stecken, so die von CIO.com befragten Experten.

Verhandlungs-Know-how aufbauen

Enden SaaS-Verhandlungen also oft aus immanenten Gründen in einer Sackgasse, liegt das bei klassischen Outsourcing-Verhandlungen häufig an hausgemachten Defiziten. Berater Jeff Weiss jedenfalls fordert im Interview mit CIO.com-Autorin Stephanie Overby, dass IT-Chefs in ihrer Abteilung Verhandlungs-Know-how aufbauen sollten.

Es reiche nicht aus, sich auf wenige begabte Spitzenkräfte für die großen Runden zu verlassen. „Fast jeder in der IT-Abteilung verhandelt täglich in irgendeiner Weise, und es benötigt organisatorische Unterstützung, um die Mitarbeiter dabei effektiv zu machen“, so Weiss, der als Partner bei Vantage Partners tätig ist. Das Geschick einzelner Verhandlungsführer alleine rette die Lage jedenfalls allzu oft nicht.

Verhandlungen wie einen Geschäftsprozess behandeln

„Um effizient und kreativ zu sein und die Verhandlungsspielräume wirklich auszureizen, müssen die Verhandlungsführer durch einen echten Verhandlungsprozess unterstützt werden – mit definierten Aktivitäten, Verantwortlichkeiten, Tools und Kontrollpunkten“, führt der Berater weiter aus. Die IT habe ja bereits definierte Prozesse für die Anwendungsentwicklung, Tests und den Rollout neuer Systeme. „CIOs sollten anfangen, Verhandlungen wie einen Geschäftsprozess zu behandeln.“

Die IT-Chefs sollten dabei auch bedenken, welche Signalwirkung von ihnen selbst ausgeht. Wenn sie ihren Verhandlungsführern das Gefühl vermittelten, dass es nur um Kostenreduktion um jeden Preis gehe, wirke sich das auf das Verhandlungsverhalten ihrer Mitarbeiter aus.

Sie können aber auch die Botschaft senden, dass eine Senkung der Total Cost of Ownership mit einzelnen Providern angestrebt werde oder der Aufbau neuer Beziehungsmuster mit höherem Wert für alle Beteiligten. „CIOs sollten sicher gehen, dass sich die von ihnen gesendeten Signale mit dem Ergebnis decken, dass sie erreichen wollen“, so Weiss.

Golfen gehen nicht nötig

Der Berater lässt im Fortlauf des Interviews keinen Zweifel daran, dass ihm der zweitgenannte Ansatz näher liegt. Gut geführte und kreative Verhandlungen gipfelten dann nämlich in der Etablierung dauerhafter und guter Beziehungen, in der die Interessen der jeweils anderen Partei verstanden würden. So könne es zwar nicht immer, aber manchmal gelingen, Lösungen zu finden, an die zu Verhandlungsbeginn noch niemand dachte, die aber allen einen Mehrwert einbrächten.

„Man muss die andere Seite nicht mögen, nicht Golf mit ihr spielen oder auf ein Bier gehen“, schlussfolgert Weiss. „Aber wie man Beziehungen managt, hat einen enormen Einfluss nicht nur auf die laufenden Verhandlungen, sondern auch auf die künftigen.“

Das vollständige Interview mit Jeff Weiss ist hier nachzulesen.