Zunächst firmierte in die entstehende Gesellschaft, in der die Bereiche Material Science und Chemicals für den Verkauf zusammengefasst werden, unter "New Co"; jetzt soll sie "Lanxess" heißen. Unter welchem Namen auch immer die Bayer-Tochter an die Börse kommt: Resch und sein Team müssen derzeit ein komplett neues, 20 000 Mitarbeiter starkes Unternehmen organisatorisch, bilanziell und systemtechnisch abbilden. Der erste Schritt dabei ist die Konsolidierung der Systemwelten der beiden Bayer-Bereiche. "Mit ihnen sind nicht intendierte Komplexitäten und damit nicht intendierte Kosten entstanden", sagt Resch.
Die Kosten der frühen Digitalisierung
Dass Resch bei Lanxess vor allem mit dem Vereinfachen und Verschlanken beschäftigt ist, ist kein Zufall. Die Bayer AG gehört zu den Unternehmen in Deutschland, die bereits sehr früh konsequent auf die Digitalisierung von Geschäftsprozessen gesetzt haben: Beschaffungsplattformen, Mobilarbeitsprojekte sowie Forschungs- und E-Business-Anwendungen gibt es in allen Geschäftsbereichen.
Einerseits hilft Bayer das, auf vielen Märkten erfolgreich zu sein. Doch auf der anderen Seite erzeugen Pflege der Anwendungen sowie Schulungen, Supportanfragen und Entwicklungsaufgaben hohe Kosten. "Wir haben einen enormen Integrationsgrad gewonnen, sind aber dabei in die Komplexitätsfalle gelaufen", urteilt Resch über die Landschaft, die er bei seinem Amtsantritt Anfang 2004 vorgefunden hat. Der neue CIO will hier gegensteuern, indem er dem "Erfinderunternehmen", wie er Bayer nennt, die Anwendungsvielfalt bewahrt, aber die IT-Kosten durch die Konsolidierung von Hard- und Software senkt.
Im Bereich Healthcare (Arzneimittel) gibt es beispielsweise eine Vielzahl spezialisierter Anwendungen, unter anderem zur Patentverwaltung, zur Beobachtung der Generika-Märkte und der Konkurrenz, oder um die gesetzlichen Änderungen der Krankenkassen in Sachen erstattungsfähige Medikamente verfolgen zu können. Im Bereich Crop Science (Agarchemie) sind es dagegen Mobillösungen und Kundenmanagement-Systeme, die den Bayer-Teams am Herzen liegen.
Der CIO muss den Spagat schaffen, die Komplexität zugunsten eines geringen Kostenniveaus der Systeme zurückzufahren und gleichzeitig das hohe Integrationsniveau vieler Prozesse zu erhalten. Die Voraussetzungen dafür haben bereits seine Vorgänger geschaffen. "Das IT-Kostencontrolling ist in diesen Bereichen stark ausgeprägt", sagt Resch. Die größten Geldverbrenner in den IT-Prozessen zu identifizieren ist aber weniger schwer, als hier die Kosten zu senken.
Das Problem: Viele Lösungen aus den Bereichen Arzneimittel und Agrarchemie gehören zu den Funktionen und Anwendungen, die spezifisches Know-how der Teilkonzerne enthalten. Sie auszulagern verbietet die Firmenpolitik.
Doch auch eine Verschlankung (Resch: "Streamlining") der IT ist bei dem produktionsorientierten Neuunternehmen Lanxess eher möglich als in den forschungs- und entwicklungsintensiven Bereichen, die bei Bayer verbleiben. Reschs Aufgabe wird also nicht einfacher, auch wenn die Firmentochter nach dem Verkauf in den Verantwortungsbereich eines anderen CIO hinüberwechseln sollte.
Immerhin steht das Unternehmensrückgrat, sodass Reschs Chancen, die IT-Kosten zu senken, insgesamt nicht schlecht aussehen. Anfang 2003 schloss das Chemie- und Pharma-Unternehmen die Konsolidierung der ERP-Landschaft ab. SAP ist nicht nur im Finanzwesen, sondern auch in der Logistik, in der Produktionsplanung und in vielen anderen Bereichen erste Wahl. Und dort, wo es nicht sinnvoll gewesen ist, kleine Tochterunternehmen oder winzige Niederlassungen in kleineren Staaten voll mit den mächtigen Walldorf-Anwendungen zu verquicken, wurde Bayer kreativ. "Hätte es damals schon SAP Business One gegeben, wäre das eine Möglichkeit für uns gewesen", sagt Resch. So aber verbindet die Eigenentwicklung "BayMap/Mapics" die kleineren Töchter und Zweigstellen mit der SAP-Warenwirtschaft in Leverkusen, die im BBS-Rechenzentrum gefahren wird.
Einfache Lösungen werden favorisiert
Gut für Resch ist auch, dass Ruhe an der Desktop-Front herrscht. Für die interne Kommunikation ist Lotus Notes bei den Mitarbeitern so weit akzeptiert, dass es kaum noch als Teil der IT wahrgenommen wird. "Intranet und Portale haben enorm an Bedeutung gewonnen", beobachtet der CIO. Die Groupware ist mittlerweile mehr als eine Büroanwendung und hat ein Eigenleben entwickelt. Auf dieser Grundlage hat BBS etwa Anwendungen entwickelt, um Zielvereinbarungen und Gehaltsveränderungen abzubilden. Dass dafür keine mächtige Software-Suite wie Peoplesoft oder SAP HR nötig war, entspricht Reschs Credo, Komplexes zugunsten einfacher Lösungen zu umgehen.
In diesem Sinne hält er es auch für richtig, in Zukunft verstärkt auf die Rechenressourcen zu schauen, die durch das Internet ohnehin vorhanden sind. Grid-Technologie steht im Bereich Forschung weit oben auf der Agenda.