Wenn Ermittler das Haus eines Ex-Präsidenten durchsuchen, ist das selbst für amerikanische Verhältnisse ein ungewöhnlicher Vorgang. In den US-Nachrichtensendungen liefen die Bilder der Razzia im Anwesen des ehemaligen Präsidenten Donald Trump in Florida am Dienstag rauf und runter. Hintergrund der Durchsuchungen waren aber offenbar weder die Verwicklungen Trumps in den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar vergangenen Jahres, noch mögliche Bemühungen, das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2020 zu kippen. Stattdessen ging es um Regierungsdokumente, die der Ex-Präsident aus dem Weißen Haus in seine Residenz nach Mar-a-Lago mitgenommen haben soll. Am Dienstag versetzte ein Gericht Trump noch einen weiteren Schlag - dabei ging es um seine Steuerunterlagen.
Am Montagabend hatte die Bundespolizei FBI das Anwesen Trumps durchsucht. Der 76-Jährige machte den Vorgang selbst publik: "Mein wunderschönes Zuhause, Mar-A-Lago in Palm Beach, Florida, wird derzeit von einer großen Gruppe von FBI-Agenten belagert, durchsucht und besetzt", schrieb Trump am Montagabend (Ortszeit) auf dem von ihm mitbegründeten Netzwerk "Truth Social". "Diese unangekündigte Razzia in meinem Haus war weder notwendig noch angemessen", schrieb er weiter. Es sei auch sein Safe geöffnet worden. Trump und einige Republikaner sehen in dem Vorfall - erneut - eine politische Kampagne, um dem Ex-Präsidenten zu schaden.
Trumps Sohn Eric bestätigte in einem Interview mit dem konservativen US-Sender Fox News am Montagabend Medienberichte, nach denen der Grund für die Razzia nach Angaben der Ermittler die Suche nach Regierungsdokumenten gewesen sei. Gleichzeitig nutzte er die Plattform zur Verteidigung seines Vaters: "Mein Vater hat so gut mit ihnen zusammengearbeitet die ganzen Monate. Auch sein Anwalt war schockiert, weil es so eine gute Beziehung zu den Leuten gab. Auf einmal, ohne Ankündigung, senden sie 20 Autos und 30 FBI-Agenten. Das ist einfach eine weitere politische Verfolgung von Donald J. Trump."
Präsidiale Korrespondenz in Trumps Privatclub vermutet
Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass das für die Aufbewahrung präsidialer Korrespondenz zuständige Nationalarchiv 15 Kisten mit unter anderem vertraulichen Material in Trumps Privatclub vermutete. Nach dem US-Bundesgesetz ist die Mitnahme und Aufbewahrung geheimer Dokumente an nicht zuvor genehmigten Orten verboten. Trump hatte schließlich mehrere Dokumente der Nationalen Verwaltungsstelle für Archivgut und Unterlagen übergeben, das Justizministerium hatte dennoch eine Untersuchung eingeleitet. Medienberichten zufolge waren unter den Dokumenten auch Briefe des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un und ein Schreiben von Trumps Vorgänger Barack Obama.
Eine Dursuchung des Eigentums eines ehemaligen Präsidenten bedarf einer Genehmigung auf höchster Ebene des Justizministeriums. Beamte des Justizministeriums lehnten es zunächst ab, sich zu irgendeinem Aspekt des Durchsuchungsbefehls zu äußern.
Die jüngsten FBI-Durchsuchungen sind nicht das einzige Problem, mit dem Trump konfrontiert ist. Der Ex-Präsident war bei den öffentlichen Anhörungen des Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Attacke zuletzt von Zeugen schwer belastet worden. Demnach habe Trump gewusst, dass die Demonstranten am 6. Januar 2021 bewaffnet waren und sie bewusst zum Kapitol geschickt. Zuletzt hatten sich die Hinweise verdichtet, dass das Justizministerium das Verhalten Trumps selbst genauer untersucht. Im Raum steht die Frage, ob Justizminister Merrick Garland strafrechtliche Schritte gegen Trump einleiten könnte.
Verdacht der Einflussnahme
Ein Staatsanwalt in Georgia untersucht zudem, ob Trump auf Vertraute Einfluss genommen haben soll, um das Ergebnis der Präsidentenwahl, die in diesem Bundesstaat der Demokrat Joe Biden gewonnen hat, zu kippen. Trump erkennt seine Wahlniederlage bis heute nicht an. Am Dienstag entschied außerdem ein Berufungsgericht, dass Trumps Steuerunterlagen an einen Ausschuss des Repräsentantenhauses weitergegeben werden können. Der 76-Jährige wehrt sich seit Jahren gegen die Herausgabe der Dokumente. Er kann gegen die Entscheidung noch in Berufung gehen.
Der Ex-Präsident nahm am Montagabend (Ortszeit) noch an einer geplanten Veranstaltung mit der ultrakonservativen ehemaligen Vize-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin per Telefon teil. Sie will bei den Kongresswahlen im Herbst als Abgeordnete in das US-Repräsentantenhaus gewählt werden. "Das war ein seltsamer Tag" und "ein weiterer Tag im Paradies" war alles, was Trump zu den Ereignissen sagte.
Der Fraktionsführer der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, der Vorsitzender der Kammer werden könnte, falls die Republikaner bei den Zwischenwahlen im November die Mehrheit gewinnen, kündigte unterdessen an, wegen der Razzia Untersuchungen gegen das Justizministerium einzuleiten. "Wenn die Republikaner das Repräsentantenhaus übernehmen, werden wir dieses Ministerium sofort unter Aufsicht stellen, den Fakten nachgehen und keinen Stein auf dem anderen lassen."
Donald Trump inszeniert sich als Opfer
Trump hatte zuletzt immer wieder damit kokettiert, bei den Präsidentschaftswahlen 2024 noch einmal anzutreten. Eine Kandidatur hat er aber bisher nicht verkündet. Beobachter spekulieren, dass Trump eine Kandidatur bald ankündigen könnte, weil ihn die Untersuchungen des Kapitol-Ausschusses unter Druck setzten. In seiner Stellungnahme am Montag schrieb Trump, die Durchsuchung sei Teil eines von den Demokraten gesteuerten Versuchs, ihn daran zu hindern, 2024 erneut als Präsidentschaftskandidat ins Rennen zu gehen und die Wahl zu gewinnen.
Mit Blick auf eine mögliche Kandidatur Trumps für die kommende Präsidentenwahl warf die "New York Times" die Frage auf, ob Trump für öffentliche Ämter - und damit auch für das Präsidentenamt - gesperrt werden könnte, sollte er wegen der Mitnahme von Akten und Dokumenten aus dem Weißen Haus gegen geltendes US-Recht verstoßen haben. Im US-Bundesrecht ist demnach verankert, dass unter anderem die Mitnahme, Beschädigung, Fälschung oder Zerstörung von Regierungsdokumenten ein Verbrechen ist. Bei einer Verurteilung drohen eine Geld- oder Haftstrafe von bis zu drei Jahren - und die betreffende Person soll für jegliches öffentliche Amt in den USA disqualifiziert werden.
Allerdings wies die Zeitung auch daraufhin, dass der Paragraf im Zusammenhang mit Hillary Clinton 2015 unter die Lupe genommen worden sei, die damals als voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten angesehen wurde. Damals war bekanntgeworden, dass sie als Außenministerin (2009-2013) einen privaten E-Mail-Server genutzt hatte, um Dienstmails zu verschicken. Dafür wurde sie in einem Untersuchungsbericht des Außenministeriums gerügt, die US-Bundespolizei FBI stellte aber später Ermittlungen gegen sie ein und sprach auch keine Anklage-Empfehlung aus. Clinton trat im November 2016 gegen Trump an, verlor aber. (dpa/rs)