Bei Yahoo und Best Buy

Reaktionen auf Home-Office-Verbot

05.04.2013 von Andrea König
Yahoo-Mitarbeiter dürfen bald nicht mehr von zu Hause aus arbeiten, der Elektronikhändler Best Buy zog nach. Die Entscheidungen lösen eine Kontroverse aus.

Ende Februar wurde bei Yahoo bekanntgegeben, dass die Angestellten ab Juni nicht mehr im Home-Office arbeiten dürfen. Elektronik-Einzelhändler Best Buy zog im März nach. Die Mitarbeiter aus der Unternehmenszentrale dürfen ihre Arbeitszeiten künftig nicht mehr flexibel gestalten.

Marissa Mayer hat durch ihr Home-Office-Verbot eine Kontroverse ausgelöst.
Foto: Google

In den Wochen nach diesen Entscheidungen wurde viel darüber diskutiert, ob sie nun richtig oder falsch waren. Als "Fools" bezeichnet Steven J. Vaughan-Nichols von unserer amerikanischen Schwesterpublikation Computerworld die für diese Bestimmung verantwortlichen Manager. Er kritisiert Yahoo-CEO Marissa Mayer, denn sie soll sich die VPN-Login-Zeiten ihrer Telearbeiter angesehen und daraufhin entschieden haben, dass diese Mitarbeiter nicht genug Zeit im Firmennetzwerk verbringen.

In Zeiten in denen andere Unternehmen ihre Angestellten bereits aufgrund von Ergebnissen anstatt abgesessener Zeit beurteilen, erscheint das vielen fragwürdig. Dass man heute dank kollaborativer Tools für eine enge Zusammenarbeit nicht mehr im gleichen Büro sitzen muss, ließ Mayer nicht als Gegenargument gelten. Ihrer Meinung nach schadet es der Zusammenarbeit, wenn man seine Kollegen nicht regelmäßig auf dem Gang oder in der Kantine trifft.

Auch bei Best Buy möchte man zukünftig auf eine stärkere Zusammenarbeit im Büro setzen. Und das, obwohl das Unternehmen als einer der Pioniere eines Results-Only Work Environment (ROWE) gilt, also einer Unternehmenskultur in der nicht Anwesenheit sondern Ergebnisse zählen. Fortan arbeiten die Mitarbeiter bei Best Buy nicht mehr nach dem ROWE-Prinzip. Stattdessen sollen sie so oft wie möglich im Büro erscheinen.

Zehn Tabus im Home Office
Wenn aus dem heimischen Büro Tele- oder Videokonferenzen geführt werden, wird der Arbeitsplatz zum öffentlichen Raum. Dementsprechend ist auch am heimischen Schreibtisch alles tabu, was unprofessionell wirken könnte.
1. Kinderlärm...
stört nicht nur die Gesprächsteilnehmer, sondern signalisiert ihnen auch, dass der Heimarbeiter ihnen nicht seine volle Aufmerksamkeit widmet. Bei fest terminierten Telekonferenzen sollten die Kinder außer Hörweite sein.
2. Hundegebell oder Geräusche von anderen Haustieren..
schaden dem professionellen Image.
3. Essen während eines Meetings vermeiden!
Bei Telefonen mit Stummschaltung erscheint dieser Ratschlag überflüssig, aber was, wenn der Teilnehmer mitten in einem herzhaften Bissen direkt angesprochen wird?
4. Keine Hausarbeit...
während des Gesprächs erledigen – vielleicht stört die Waschmaschine im Hintergrund nicht mehr als der Fluglärm aus dem Handy des Kunden, aber der Image-Schaden ist unvergleichlich höher!
Fernseher, Radio oder sonstige Geräusche...
im Hintergrund lenken ab und wirken unprofessionell.
Ein leerer Akku...
ist immer ärgerlich für alle Beteiligten. Im Büro ist er obendrein peinlich.
Die private Ansage auf dem Anrufbeantworter...
„Hier ist die Familie …“ ruft immer Verwirrung hervor. Deshalb sollte das Bürotelefon auch nicht kurzfristig auf den Privatanschluss weitergeleitet werden.
Nicht im Schlafanzug ...
oder in der Badehose arbeiten. Ordentliche Kleidung fördert die Konzentration.

Die Beraterinnen Cali Ressler und Jody Thompson haben ROWE entwickelt und prompt mit einem offenen Brief an Marissa Mayer auf die Debatte reagiert. Wahrscheinlich habe Mayer ihren Mitarbeitern nicht absichtlich den Eindruck vermittelt, sie sei lieber ein Babysitter als ein CEO im 21. Jahrhundert, schreiben die beiden darin unter anderem. In den Fünfzigerjahren sei es sehr sinnvoll gewesen, von Mitarbeitern zu verlangen, an einem Ort zu arbeiten. Doch heute könne man durch verschiedene Tools von überall aus seiner Arbeit nachgehen. "Ihre Entscheidung hat Yahoo um Jahrzehnte zurückgeworfen", heißt es im offenen Brief.

Kritik an Home-Office-Verboten

Virgin-Gründer Richard Branson beschreibt seine Reaktion auf das Home-Office-Ende bei Yahoo in einem Blogeintrag als "perplexing". Dieser Schritt erscheine ihm als rückwärtsgewandt, da flexibles Arbeiten einfacher und effektiver denn je sei.

David Gewirtz, Autor des Buches How to save jobs schreibt in einem Beitrag bei ZDNet.com, über die massiven Vorteile von Home-Office-Regelungen. Er hebt dabei zum Beispiel hervor, dass man sich die Pendelzeiten spart und dadurch wesentlich ökologischer arbeite. Natürlich muss dafür stets die Voraussetzung erfüllt sein, dass sich der Beruf mit dem Home-Office vereinbaren lässt.

Kritik am Schritt von Yahoo üben auch Brigitte Hirl-Höfer, Senior Director Human Resources und Mitglied der Geschäftsführung bei Microsoft Deutschland, und Pa M. K. Sinyan, Senior Consultant bei Gallup Deutschland. In einem Gespräch mit CIO.de zum Thema flexibles Arbeiten zeigten sich beide "überrascht" über die Ankündigung von Yahoo. "Ich halte das für einen rückwärtsgewandten Schritt", sagt Brigitte Hirl-Höfer von Microsoft Deutschland. Und Pa M. K. Sinyan von Gallup ergänzt: "Wenn durch die Home-Office-Lösungen tatsächlich der Austausch fehlt, hätte man sich bei Yahoo doch lieber die Frage stellen sollen, wie sich dieser Austausch fördern lässt."

Hirl-Höfer betont darüber hinaus einen wichtigen und in der Debatte oft vergessenen Aspekt: Man müsse zwischen einem ausschließlichen Home-Office und einem ab-und-zu Home-Office unterscheiden. "Ich bin kein Freund von den beiden Extremen, dem permanenten Home-Office und der hundertprozentigen Präsenzkultur. Es braucht eine Balance", sagt sie.

Yahoo-CEO Marissa Mayer erntete für ihre Entscheidung nicht nur Kritik. So zitiert Nicholas Carlson in einem Beitrag auf Businessinsider.com etwa ehemalige Yahoo-Mitarbeiter, die diesen Schritt ausdrücklich begrüßen. Sie sprechen davon, dass viele ihre flexiblen Arbeitsregelungen ausgenutzt hätten.

Applaus für Home-Office-Verbote

Auch Charles Black von Management Today kann dem Schritt etwas abgewinnen. Für ihn komme es vor allem auf Produktivität an, schreibt er. Und wenn Mayer der Meinung sei, im Büro wären ihre Mitarbeiter produktiver, dann könne er diesen Schritt nachvollziehen. Wie sich das Home-Office-Verbot auf das Internetunternehmen auswirkt, bleibt abzuwarten. Die Anwesenheitspflicht gilt ab Juni.