Der Druck auf die CIOs ist groß: Mit immer weniger Geld sollen sie die Servicequalität verbessern und die Unternehmensziele agil unterstützen. Ein Weg aus diesem Dilemma heißt: das Rechenzentrum auslagern. Doch das Ergebnis der Umfrage des Krefelder Marktforschungsunternehmens MBmedien überrascht: Mehr als die Hälfte der interviewten IT-Entscheider gab an, kein komplettes IT-Outsourcing zu betreiben und dies auch mindestens in den nächsten sechs Monaten nicht tun zu wollen.
In der Studie von Januar 2007 hatte MBmedien 75 CIOs der Top-100-Unternehmen unter anderem zum Thema Outsourcing befragt. Danach hat fast ein Drittel der Befragten bis zu 50 Prozent der IT-Anforderungen ausgelagert. Lediglich sechs Prozent gehen sehr konsequent den Outsourcing-Weg: Sie haben über 75 Prozent ihrer IT-Ressourcen an Dritte übertragen oder die IT komplett ausgelagert. Immerhin haben 28 Prozent der befragten CIOs ihre Data-Center- inklusive Storage-Ressourcen zumindest großteils an Dritte vergeben. Das ist eine bemerkenswerte Quote, weil es sich hier um IT-Schlüsselfunktionen handelt.
Outsourcing beginnt mit Storage
Im Einklang damit stehen die 42 Prozent der Befragten, die sich intensiv mit dem Thema Storage-Outsourcing auseinandersetzen. "Die Auslagerung von Speichermedien ist für viele deutsche Großunternehmen ein erster markanter Schritt in Richtung umfangreiches Data-Center-Outsourcing", sagt Stefan Lüschow, Geschäftsführer von MBmedien.
Weniger überraschten die Angaben zu den Outsourcing-Partnern. Knapp ein Fünftel der Top-100-Unternehmen setzt beim Auslagern von EDV auf die konzerneigene IT-Tochter. Dieses Ergebnis deckt sich mit der weiten Verbreitung von IT-Tochterunternehmen in Branchen wie Bankwesen, Manufacturing und - in Sonderform - der öffentlichen Hand. Wenn Unternehmen auslagern, dann vertrauen weit mehr einem starken externen IT-Partner (22 Prozent), als dass sie mehrere Dienstleister mit Outsourcing-Services beauftragen (sieben Prozent).
Dezentrale IT-Strategie bremst
Ein möglicher Grund für Outsourcing-Ablehnung ist das Verfolgen einer dezentralen IT-Strategie, wie sie in vielen Konzernen anzutreffen ist. Dieter Schmidbaur, CIO Division Defense bei der EADS Deutschland GmbH, bestätigt dies für sein Unternehmen: "Die verschiedenen EADS-Geschäftsbereiche planen und operieren in IT-Belangen sehr unabhängig voneinander und gehen auch nicht unbedingt nach einheitlichen IT-Kriterien vor. Die Ursache dafür liegt in der Eigenständigkeit der Business Units. Es wird zwar gegenwärtig an einem IT-Harmonisierungskonzept gearbeitet. Bis dies aber greift, wird es noch eine Zeit dauern."
Eher dezentral orientiert ist auch die strategische IT-Ausrichtung bei der Duisburger Franz Haniel & Cie. GmbH (unter anderem Celesio, Xella), sagt Wolfgang Schiruska, Leiter Stabsabteilung IT mit weltweiter Verantwortung, und fügt an: "Outsourcing macht bei uns eine Größenordnung von 50 Prozent aus. Dazu zählt auch die Auslagerung von Storage-Systemen."
Die Zahl der Outsourcing-Gegner überwog auch in der im Herbst 2006 von MBmedien erstellten Studie "Der deutsche Storage- und Data-Center-Markt". Dazu wurden knapp 1.300 IT-Entscheider in 623 Unternehmen im Enterprise- und gehobenen Midmarket-Bereich unterschiedlicher Branchen befragt. Die Ergebnisse der Studie, die auch in vertikale Marktgegebenheiten selektiert, resultieren aus den Antworten von 852 IT-Führungskräften sowie zusätzlichen Recherchen.
Ebenso bestätigt sich hier die Tatsache aus der "Top-100"-Befragung: Sehr wenige Unternehmen sind bereit, hochgradiges Data-Center-Outsourcing zu betreiben. Außerdem gibt die Studie Aufschluss über das Outsourcing-Verhalten in verschiedenen vertikalen Märkten.
Traditionell haben Unternehmen im Finanzumfeld (vorrangig Banken und Versicherungen) hohen Bedarf an Rechenzentrumsleistungen. Das geht auch aus der Studie "Der deutsche Storage- und Data-Center-Markt" hervor. 94 Prozent der befragten Enterprise- und Midmarket-Finanzinstitute und -Versicherungen gaben an, Data-Center-Services regelmäßig zu nutzen. Der Anteil der Banken, die hier den Outsourcing-Ansatz befürworten, ist mit knapp über 50 Prozent im Branchenvergleich am höchsten ausgeprägt. Dabei tendiert ein deutlicher Anteil der Firmen zum Full-Scope- (28 Prozent) und Business-Process-Outsourcing (22 Prozent).
Versicherer lagern nicht aus
Passend zu ihrer eher konservativen Ausrichtung wählen hingegen sehr wenige Versicherer den Outsourcing-Weg (14 Prozent). Diese Minderheit bevorzugt selektive Auslagerung (11 Prozent). In den eigenen Rechenzentren wird mittelfristig vorrangig die bestehende Infrastruktur ergänzt oder gepflegt, die Einführung neuer Technologie steht im Hintergrund.
Der Utility-Markt (Energieversorgung) wird dominiert von Global Playern, die auch im internationalen Geschäft entsprechend aufgestellt sind und somit über eine durchgängige Rechenzentrumspräsenz verfügen. Erwartungsgemäß hoch ist laut MBmedien-Studie der Anteil der Branchenunternehmen, die anspuchsvolle Data-Center-Leistungen benötigen (84 Prozent). Kleine Utility-Anbieter, häufig Stadtwerke oder kommunal betriebene Versorgungswerke, bedienen sich der Data-Center-Dienstleistungen kommunaler Rechenzentren. Knapp 68 Prozent der interviewten Utility-Unternehmen lehnen Outsourcing durchweg ab und entscheiden sich strikt für die IT-Handhabung in Eigenregie.
Mit den steigenden IT-Anforderungen reichen die bisher insbesondere in Kliniken eingesetzten Speicherlösungen oft nicht mehr aus. Für viele CIOs stellt sich die Frage, ob eine neue Infrastruktur aufgebaut oder die Datenverarbeitung an einen IT-Dienstleister vergeben werden soll. Insbesondere große private Krankenhäuser setzen mit einer straff organisierten IT-Strategie wirtschaftliche Vorgaben sinnvoll um. Durch zentralisierte Data-Center-Aufgabenverteilung werden deutliche Wettbewerbsvorteile erarbeitet.
Outsourcing wird in der Healthcare-Branche von 39 Prozent der Organisationen betrieben, dabei wird selektives Outsourcing bevorzugt (28 Prozent). Generell sind flächige Outsourcing-Aktivitäten im Data-Center-Bereich größtenteils den privaten Betreibergesellschaften zuzuordnen.
IT-Outsourcing gestaltet sich im Public-Bereich so schwierig wie in keiner anderen Branche. Die Analysten von PAC haben in ihrem Branchenreport "Public Sector Germany" im Dezember 2005 ein Volumen von rund 840 Millionen Euro und eine Wachstumsrate für den IT-Outsourcing-Markt in diesem Segment von nur 8,6 Prozent errechnet, die damit weit hinter den Erwartungen zurückliegt. Dies liegt vorrangig an veralteten, nicht am Leistungsprinzip orientierten Verwaltungsstrukturen in Behörden und öffentlichen Einrichtungen, aber auch der Einfluss der Gewerkschaften hindert die Branche an der Umsetzung. Einen weiteren Hemmfaktor bilden die sehr komplexen, langwierigen Ausschreibungsverfahren.
Shared Services im Kommen
Shared Services sind auch im öfentlichen Bereich in Deutschland ein Thema, wobei sich unter anderem aus rechtlichen Gründen (etwa Datenschutzbestimmungen) öffentliche Rechenzentren auf kommunaler Ebene großer Beliebtheit erfreuen, meist als unabhängige Dienstleister. "Das Outsourcing-Angebot der öffentlichen Rechenzentren umfasst in erster Linie den Betrieb von Anwendungen, in geringerem Maße auch die Anwendungsentwicklung. Da sie meist ausreichend Kapazitäten und das nötige Know-how haben, ist die Erweiterung ihres Angebots um Business-Process-Outsourcing nur eine Frage der Zeit", erklärt MBmedien-Geschäftsführer Stefan Lüschow.
Gut 50 Prozent der Behörden auf Bundesebene betreiben laut MBmedien-Studie "Der deutsche Storage und Data-Center-Markt" ein Rechenzentrum in Eigenregie, rund 30 Prozent der Bundeseinrichtungen sind an kommunale Rechenzentren angeschlossen. Letztere versorgen logischerweise über 90 Prozent der befragten Kommunen mit Data-Center-Leistungen.
Rund 55 Prozent der von MBmedien befragten Unternehmen im Bereich Manufacturing verzichten komplett auf jedwede Art von Outsourcing, die andere Hälfte wählt vorzugsweise selektives Outsourcing (25 Prozent) vor Full-Scope-Outsourcing (13 Prozent). Bemerkenswert ist der hohe Anteil an Auslagerung des Storage-Segments: Etwa zehn Prozent vertrauen hier auf einen Dienstleister.