Projektmanager-Auswahl

Rekrutierungstipps fürs Projektmanagement

01.07.2014 von Werner Kurzlechner
Externe Projektmanager kommen teurer als interne. Experten analysieren die Lage und geben Tipps zur Personalauswahl und Beschleunigung der Projektplanung.
Diese Lünendonk-Übersicht zeigt, nach welchen Kriterien Firmen IT-Projektmitarbeiter auswählen. Technologisches Know-how ist offenkundig zentral, Referenzen spielen nur unter Umständen eine Rolle.
Foto: Lünendonk

Bei der Rekrutierung von IT-Projektpersonal spielt Gefühl immer noch eine wichtige Rolle. Gefühl jedenfalls im weiteren Sinne, denn die Verantwortlichen orientieren sich neben den ersten Eindrücken der Bewerber und oft holzschnittartigen Einschätzungen der belegbaren Qualifikationen auch an gesammelten Erfahrungen. Besonders gern gesehen sind nämlich Spezialisten, mit denen bereits zusammengearbeitet wurde.

Objektive Standards, die sich etwa durch eignungsdiagnostische Verfahren und Online Assessments entwickeln ließen, bleiben derzeit noch die Ausnahme. Zum ausdrücklichen Bedauern beispielsweise von Hartmut Lüerßen, Partner der Lünendonk GmbH: "Weil der Unternehmenserfolg in immer höherem Maße vom Erfolg der IT-Projekte abhängt, drängt sich die Frage auf, warum entsprechende Testverfahren nicht auch bei der Projektbesetzung genutzt werden, um bei der Auswahl dem Bauchgefühl eine objektive Grundlage zur Seite zu stellen."

Probleme mit Methoden, Zeitdruck und Kandidaten

Fragen wie diese beleuchtet Lünendonk ein einem Trendpapier, das in Zusammenarbeit mit dem IT-Rekrutierungsspezialisten Geco Deutschland erstellt wurde. Im Ergebnis diagnostizieren die Marktforscher neben dem methodischen Nachholbedarf auch wachsenden Druck auf Seiten der Anwender, weil sowohl an Zeit als auch an geeigneten Kandidaten derzeit Knappheit herrscht.

Diesen Befund bestätigt auch eine Untersuchung von ESI International, die sich im Gegensatz zur deutschen Lünendonk-Studie auf US-amerikanische Anwender stützt. Passend zum in beiden Studien diagnostizierten Zeitproblem liefert überdies das Project Management Institute (PMI) Tipps zur Beschleunigung im Projektmanagement.

"Die Perspektiven für die Personalbesetzung erscheinen in vielen Firmen düster", berichtet ESI. Insgesamt hätten 83 Prozent der amerikanischen Unternehmen über fehlendes Personal geklagt. 44 Prozent des Mangels betrifft laut ESI Projektmanager des gehobenen Niveaus, die hochintegrierte und -riskante Projekte steuern können. Fast 90 Prozent der Befragten empfinden die Rekrutierung in diesem Feld als schwierig oder sogar sehr schwierig.

Kompromisse bei den Anforderungen

Der Blick nach Übersee nimmt genau das wahr, was Lünendonk auch hierzulande feststellt. "Während Nischenqualifizierungen immer schwer zu besetzen sind, erweist sich die Projektbesetzung in Phasen stabilen Wirtschaftswachstums insofern als problematisch, als viele gute und gefragte IT-Freelancer bereits voll ausgelastet sind", heißt es im Trendpapier. "In diesen Phasen müssen die Unternehmen wie bei Nischenqualifikationen reagieren und verstärkt Kompromisse bei den Anforderungen eingehen."

Weil für Projekte häufig kurzfristig rekrutiert werden muss, haben viele Anwender Rahmenverträge mit Personaldienstleistern geschlossen. Anhand klarer Preiskategorien für Skill Levels soll so die Besetzung beschleunigt werden. Laut Lünendonk hilft das momentan aber nur begrenzt weiter. Die gute Konjunktur führt dazu, dass viele Vermittler von Freiberuflern oft ausgebucht sind. Deshalb ist die Lieferfähigkeit momentan das wichtigste Auswahlkriterium am Markt, Aufträge gehen mittlerweile häufig an mindestens zwei Agenturen gleichzeitig.

Bauchgefühl und objektive Kriterien wichtig

Der begrenzte Pool an potenziellen Projektmitarbeitern macht das Filtern nach den richtigen Kriterien besonders wichtig. Lünendonk betont im Fazit der Studie, dass es ohne die Erfahrung und das eingangs erwähnte Bauchgefühl der Projektleiter in der Praxis nicht geht. Offenkundig könnte man das aber mit objektiven Kriterien besser unterfüttern, als es tatsächlich geschieht.

Ein Grund dafür ist laut Studie, dass die methodisch auf dem neuesten Stand arbeitenden Personalabteilungen zwar die festangestellten Mitarbeiter auswählen. Die Auswahl externer Projektmitarbeiter liegt demgegenüber alleine im Beritt der IT. "Doch während diese Trennung in der Vergangenheit gut funktioniert, haben sich viele Unternehmen seitdem stark verändert und arbeiten viel projektorientierter als früher", so Lünendonk.

Online Assessment verschmäht

Dass es eine engere Verzahnung der beiden Abteilungen auch im Projektbereich wünschenswert wäre, mag man sich denken. Lünendonk lässt das anklingen, ohne allzu deutlich zu werden. Überhaupt dominiert ein ambivalenter Ton. So werden beispielsweise die Möglichkeiten sehr positiv hervorgehoben, die Online Assessment im Hinblick auf eine Objektivierung der Auswahl bietet. Einschränkend betont Lünendonk aber genauso, dass der Erfolg dieses Instruments von den Fragekatalogen der Anbieter dieser Software-Lösungen abhängt. Heißt: Nur, wenn die Fragen zum konkreten Projekt passen, nützt dieses Werkzeug wirklich.

Eine Grafik aus der ESI International-Studie: Schwer zu finden sind in den USA vor allem Projektmanager des Levels 3. Das sind die, die auch große und hochintegrierte Projekte wuppen können.
Foto: ESI International

Ein weiteres Beispiel für die Ambivalenz: Lünendonk sieht "erhebliches Potenzial" in der Nutzung von Scoring-Modellen und Vergleichswerten, um in der Vorauswahl die persönlichen und fachlichen Eigenschaften der Kandidaten zu erfassen. Relativierend heißt es dann sogleich, dass auch ohne entsprechend Testverfahren gute Ergebnisse erzielt werden könnten. "Die Planbarkeit ist dabei jedoch begrenzt", schränken die Analysten ein. "Zudem bleibt die Frage unbeantwortet: Wie viel besser hätte das Projekt noch laufen können?"

Externe Projektmanager teuer - besser Interne entwickeln

Allgemein haben sich laut Lünendonk sogenannte Mixed Teams mittlerweile gut etabliert - Projektteams also, in denen eigene und externe Spezialisten zusammenarbeiten. Hauptvorzug sei ein besonders gut funktionierender Wissenstransfer. Angesichts der Rekrutierungsschwierigkeiten schlägt ESI in seiner Studie über Projektmanager in den USA in eine ähnliche Kerbe. "Projektmanager von außerhalb anzuwerben, ist teurer als man glaubt", so die Analysten. Günstiger sei die interne Entwicklung. Durchschnittlich seien sechs bis zehn Monate einzuplanen, bis ein externer Projektmanager genauso effektiv arbeiten könne wie ein interner.

Kriterium bei der Personalauswahl

Mehr als zwei Drittel der von Lünendonk befragten Unternehmen führen das Technologie-Know-how als "sehr wichtiges" Entscheidungskriterium bei der Expertenauswahl an. Frühere Einsätze im Unternehmen werden von mehr als jedem dritten Befragten genannt, ähnlich bedeutend werden Tagessatz und Beratungskompetenz eingestuft. Die Soft Skills spielen hingegen ebenso wie die Referenzen nur die zweite Geige. Letztere seien vor allem dann ein wichtiges Kriterium, wenn das geplante Projekt eine erstmalige Zusammenarbeit sei, so Lünendonk. Basis der genannten Zahlen ist im Übrigen eine Analyse, die die Marktforscher mit führenden Dienstleistern durchführte.

Der Tenor beider Studien zur Projektbesetzung lautet in jedem Fall, dass enormer Zeitdruck für Schwierigkeiten sorgt. Roberto Toledo formuliert fürs PMI dazu folgende Faustregel: 10 Prozent der fürs Projekt geplanten Dauer für die Planung ansetzen; bei riskanten Projekten - zum Beispiel solchen mit neuer Technologie - besser 20 Prozent.

7 Tipps für mehr Tempo im Projektmanagement

"Aber seien wir ehrlich", so der Experte weiter. "Meistens wird uns der organisatorische Druck nicht erlauben, so viel Zeit für die Planung zu opfern." Für die notwendige Beschleunigung könne da die Methode Project Planning Acceleration Workshop (PPAW) helfen. Hört sich kryptisch an, bedeutet aber im Kern etwas eher simples: Das gesamte Projekt-Team einige Tage zusammenziehen und abschotten, um ausschließlich die Projektplanung in Angriff zu nehmen. Was üblicherweise mehrere Wochen dauert, ist laut Toledo dann in wenigen Tagen erledigt.

Sieben Schritte seien für eine solche PPAW-Kasernierung nötig, so der Projektfachmann, der selbst solche Workshops leitet:

1. Planung des Planes: Die Team-Mitglieder frühzeitig einladen und motivieren.

2. Bereiten der Bühne: Räume möglichst außerhalb des angestammten Büros organisieren und für Essen und Trinken sorgen.

3. Definition der Agenda: Toledo setzt dafür im Regelfall drei Tage an; ein Tag für Einführung, Team-Integration und Hintergrund-Analyse; ein Tag für die Entwicklung einer Work Breakdown Structure im Plenum und in Gruppen sowie das Aufstellen eines Terminrahmens; ein Tag schließlich für die Klärung des Budgets, der Rollen und der Verantwortlichkeits-Matrix sowie für die Planung von Schlüsselressourcen und Risikomanagement.

4. Kollaborative Arbeitstechniken: Klassisches Brainstorming kann zum Beispiel beim Entwickeln eines Risk Management Plans dienlich sein.

5. Alles Dokumentieren: Das funktioniert nur, wenn ein Team-Mitglied förmlich mit dieser Aufgabe betraut wird.

6. Delegieren für die Fertigstellung: Am Ende des Workshops wird noch weitere Analyse und Forschung nötig sein, bevor der Projektplan tatsächlich in Gänze steht. Was noch fehlt, wird als Hausaufgabe an bestimmte Mitarbeiter vergeben.

7. Kick Off: Ist das alles erledigt, ist nur noch ein Meeting für eine Review aller Elemente nötig; dieses sollte einhergehen mit dem Ende der Planungsphase und dem Startschuss fürs eigentliche Projekt.

"Meiner Erfahrung nach liefert ein Team bessere Resultate, wenn es für die Planungsphase zusammengezogen wird", sagt Toledo.