Trockene Zahlen machen das Dilemma deutlich: Rund 28000 Mitarbeiter aus dem IT-Bereich erhielten im vergangenen Jahr die Kündigung, schätzt der Branchenverband Bitkom. Hinzu kommen jene Jobs, die in IT-Abteilungen von Anwenderunternehmen bereits gestrichen wurden oder auf der Kippe stehen. Konfrontiert mit drohenden Entlassungen, entwickeln CIOs und Personalleiter jedoch zunehmend ungewöhnliche Ideen.
So auch Torsten Niemietz, IT-Leiter beim Zerealienhersteller Kellogg: Schon bevor die Unternehmens-IT von AS/400-basierten Anwendungen auf Oracle umgestellt wurde, wussten alle, dass die 15-köpfige IT-Mannschaft anschließend um die Hälfte reduziert werden würde. Für Niemietz eine schwierige Situation: "Wir sind ein gutes Team; jeder hat seine Aufgaben, und auch mit Oracle-Applications haben wir genug zu tun."
Zusammen mit dem Personalchef des hanseatischen Werks entwickelte der 37-Jährige deshalb eine Idee, die alle Probleme löste: Die betroffenen ITler wurden aus dem Kostenplan der Abteilung herausgelöst und den Kostenstellen zugeschlagen, für die sie überwiegend tätig sind. So wechselte etwa jener Kollege, der die IT des Hochregallagers betreute, in die Kostenstelle des Lagerleiters. "Damit war allen geholfen", erinnert sich Niemietz. Die IT lief störungsfrei weiter, die Kompetenz der Mitarbeiter blieb im Unternehmen, und die Kostenstelle war bereinigt.
So reibungslos läuft es selten. Schwierig wird es, wenn Kollegen den Arbeitsplatz räumen sollen, weil die Aufträge ausbleiben. In dieser Situation setzten mittlerweile einige Unternehmen - wie Hewlett-Packard in Böblingen - auf Gehaltsverzicht oder ein Arbeitszeitreduzierungsmodell: Arbeitnehmer verringern ihre Arbeitszeit und verzichten auf einen Teil ihres Verdienstes. So werden - auch ohne Entlassungen - die Kosten reduziert.
Praktiziert wird dieses Modell vor allem in Unternehmen, in denen das Know-how der Mitarbeiter entscheidend ist. So schickte Oracle Deutschland ab November 2002 knapp 600 der Consulting-Mitarbeiter für sechs Monate in die freiwillige Teilzeit. Ihre Arbeitszeit reduzierte sich um 20 Prozent; dafür wurden 15 Prozent des Fixgehalts gekürzt. In Mitarbeiter-Meetings und Einzelgesprächen war zuvor monatelang die Wichtigkeit dieser Maßnahme vermittelt worden. Für beide Seiten gilt die Lösung nun als Win-Win-Situation: Die Mitarbeiter behalten ihre Jobs, "und wir erhalten Arbeitsplätze und Know-how", sagt Rita Kahrig, Personalleiterin von Oracle.
Einen völlig anderen Weg hat Wolfram Henrichs aus dem sauerländischen Schmallenberg beschritten: Der Chef der Personalvermittlungsgesellschaft Re&Wo erfand das "Personaleisfach". Dabei können Arbeitgeber in Krisenzeiten kostenlos Mitarbeiter an Re&Wo entleihen, statt sie zu entlassen. Wenn der Arbeitnehmer dem Modell zugestimmt hat, wird er für eine vorher festgeschriebene Übergangszeit von der Zeitarbeitsfirma beschäftigt, die ihn ihrerseits an andere Unternehmen vermittelt. Nach dem Ende dieser Phase kehrt der Mitarbeiter zu den alten Konditionen in sein eigentliches Unternehmen zurück.
Allerdings zahlt Re&Wo nur das Tarifgehalt. "Derzeit stehen wir aber in Verhandlungen mit dem Arbeitsamt in Schmallenberg, das die übertariflichen Leistungen gegebenenfalls übernehmen will", berichtet Henrichs. IT-Mitarbeiter habe er noch nicht vermittelt, weil "bei uns nicht so viele IT-Unternehmen angesiedelt sind". Arbeitgebern aus anderen Gebieten könne er das Modell nicht anbieten, da es sich um eine regionale Vereinbarung handele. Deshalb setzt Henrichs auf Nachahmer: "Möglicherweise wird meine Idee ja demnächst auch in anderen Regionen übernommen."