Imageschäden zu selten einbezogen

Risikomanagement der Finanzdienstleister zielt oft daneben

24.08.2004 von Michael Kallus
Finanzunternehmen konzentrieren sich auf quantifizierbare Risiken und regulatorische Anforderungen. Immaterielle Schäden hingegen unterschätzen die Unternehmen oft – obwohl sie Imageschäden als größte Gefahr für ihren Marktwert einordnen. Das zeigt eine Umfrage der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers.

Jedes dritte Finanzunternehmen schätzt Imageschäden als größte Bedrohung für ihren Marktwert ein. Doch 43 Prozent kennen laut Umfrage nicht die größten Risiken für den Wert ihres Unternehmens. Denn der Schwerpunkt des Risikomanagements liegt meist bei quantifizierbaren Risiken. Die Unternehmen würden oft Kreditausfälle, Liquiditätsengpässe und Marktveränderungen einbeziehen – jedoch nur 16 Prozent nutzen Methoden, um immaterielle Gefahren zu messen.

Von den Unternehmen, die Imageschäden einschätzen, nennen 57 Prozent der Befragten dürftige Performance und die Hälfte unzureichenden Kundenservice als Gründe für einen schlechten Unternehmensruf. Weniger als ein Fünftel aller Manager (18 Prozent) nannte eigenes Verhalten und nur elf Prozent den falschen Umgang mit ihren Mitarbeitern als mögliche Ursache.

Darüber hinaus werde das Risikomanagement als Führungsfunktion unterschätzt, es sei selten auf der gleichen Hierarchiestufe verankert wie vergleichbare strategische Bereiche. Zwar ist laut Studie bei fast der Hälfte der Finanzdienstleister die Verantwortung für das Risikomanagement höher angesiedelt als vor zwei Jahren. Doch nur bei 31 Prozent werden wichtige Entscheidungen nach Freigabe durch ein Risiko-Komitee getroffen. Nur wenige Unternehmen setzen einen so genannten Chief Risk Officer (CRO) in ihrer Geschäftsführung ein, berichtet die Umfrage.

Risikomanagement konzentriert sich auf Basel II

Finanzdienstleister nehmen die Risiken zunehmend ernst, die von Kreditausfällen, Marktveränderungen und Anforderungen von Aufsichtsbehörden ausgehen. 82 Prozent der Institute in aller Welt zeigen sich aufgeschlossener für Risikomanagement als noch vor zwei Jahren.

Als wesentlich für die wachsende Bedeutung des Risikomanagements nannten die Befragten neben den Veränderungen im Markt (74 Prozent) vor allem die Vorgaben der Aufsichtsbehörden (72 Prozent). Eine wichtige Rolle spielen hier Basel II, der Abschnitt 404 des Sarbanes-Oxley Actes sowie die Vorschriften zur internationalen Rechnungslegung nach IAS/IFRS.

"In der Branche der Finanzdienstleiser besteht die Gefahr", so ein Berater von PricewaterhouseCoopers, "dass der größte Teil der Budgets im Risikomanagement in die Umsetzung von Basel II gelenkt wird." Andere wichtige Bereiche könnten zu kurz kommen. "So werden zwar die Vorschriften der Aufsichtsbehörden erfüllt, aber es entstehen keine Wettbewerbsvorteile und vor allem besteht kein Schutz bei unerwarteten Risiken."

Risikominimierung vor allem in der Produktentwicklung

Die Umfrage ergab zudem, dass eine strukturierte Prüfung von Risiken nur in wenigen Unternehmensbereichen stattfindet. Drei Viertel der Befragten nannten zwar eine klare Herangehensweise an mögliche Gefahren wichtig, wenn Produkte entwickelt oder genehmigt werden.

Doch nur 54 Prozent gaben an, in den Bereichen Budget und Controlling sowie bei Fusionen und Übernahmen (43 Prozent) über ein Verfahren zur Risikominimierung zu verfügen. Einstellungen folgten sogar nur zu 17 Prozent einem strukturierten Prozess, der Risiken von Anfang an gering halten soll.

Für die Umfrage hat PricewaterhouseCoopers im Juni und Juli dieses Jahres über 130 leitende Angestellte von Finanzdienstleistern in Asien, Europa und den USA befragt.

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