SAP Business ByDesign

Roland Berger baut ERP-Landschaft um

10.07.2014 von Alexander Freimark
Roland Berger Strategy Consultants konsolidiert Legacy-Systeme in einer einheitlichen Lösung aus der Cloud. Ein spannender Schritt, denn CIO Daniel Gerster bricht mit vielen IT-Traditionen der internationalen Strategieberatung und setzt dabei auf SAP Business ByDesign, die ERP Lösung von SAP in der Cloud.

"Man muss sich einfach auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der Cloud einlassen", sagt Daniel Gerster rückblickend. Zwar wurde der Weg dorthin bisweilen von einigen prozessualen Herausforderungen begleitet, dennoch ist der CIO von Roland Berger vom Erfolg des Bereitstellungsmodells Cloud überzeugt: "Das ist längst kein Hype mehr, sondern bringt eine nachhaltige Veränderung für die gesamte Unternehmens-IT." Den neuen ERP-Service, den Gerster derzeit für die Beratungsgesellschaft weltweit einführt, liegt jedenfalls nicht in den Roland-Berger-Rechenzentren in München und Singapur, sondern wird auf SAP-Servern in Deutschland betrieben.

Der Hintergrund des Projekts ist weniger außergewöhnlich: Einige der Legacy-Systeme von Roland Berger sind schon seit vielen Jahren im Einsatz. Zeiterfassung, Finanzbuchhaltung und Projektabrechnung wurden damals unter dem Gesichtspunkt "Best-of-Breed" ausgewählt, als Datenintegration und bereichsübergreifende Prozessstandardisierung noch nicht im Fokus standen. "Wir haben uns um fast alle Aufgaben selbst gekümmert", sagt der Daniel Gerster, der selbst viele Jahre als Berater im Rahmen von IT-Projekten gearbeitet hat. Kein Wunder, dass Gersters Team zuerst auch nach einer klassischen ERP-Software für das eigene Rechenzentrum suchte.

"Ausgeprägtes Gefühl der Unzufriedenheit"

Nach einem längeren Evaluationsprozess zog der CIO jedoch eine ernüchternde Bilanz: "Am Schluss blieb ein ausgeprägtes Gefühl der Unzufriedenheit." Der Grund liegt in der komplexen Struktur von Roland Berger. Mit rund 2700 Mitarbeitern ist das Unternehmen ein klassischer Mittelständler, der jedoch mit über 51 Büros in 36 Ländern weltweit über den globalen Footprint eines Großkonzerns verfügt. Werden bei einer klassischen ERP-Software im Überschlag pro Lokalisierung rund 250 Manntage und der Stundensatz der SAP-Berater sowie die Anzahl der Länder kalkuliert, fällt das Ergebnis eindeutig aus: "Angesichts der absehbaren Kosten haben wir dann ein standardisiertes Programm aus der Cloud ins Kalkül gezogen."

Ein wesentliches Argument sprach für die Öffnung: Der Kunde von Software as a Service (SaaS) kann nur auf vorgefertigte Funktionen und Prozesse zurückgreifen; weitere, zumeist schwierige Individualisierungsmöglichkeiten sind nicht vorhanden. "Durch das Scoping läuft die Lokalisierung wesentlich schneller ab", sagt CIO Gerster. Er rechnet mit einem Manntage-Aufwand pro Land von etwa einem Fünftel einer klassischen On-Premise-Lösung.

Bei der Suche schafften es zehn Programme in die zweite Auswahlrunde, in der fachliche Anforderungen abgeklopft wurden. Zudem zählten die Plausibilität und Qualität des Feedbacks, die Produktstrategie sowie der allgemeine Eindruck. Übrig blieb eine Shortlist von drei Anbietern, deren Applikationen in detaillierten Workshops untersucht wurden. Die Frage nach der Übereinstimmung mit deutschen und europäischen Datenschutzgesetzen hatte oberste Priorität, und sie wirkte sich Gerster zufolge auch deutlich auf die Entscheidung für SAP Business ByDesign (SAP ByD) aus. "Das Produkt ist für unsere Anforderungen die ideale Lösung."

Die fünf umsatzstärksten Management-Beratungen
Der Berater Lünendonk aus Kaufbeuren listete auch schon für das Jahr 2014 die umsatzstärksten Management-Berater in Deutschland auf. Die Genannten erlösen mindestens 60 Prozent mit klassischen Leistungen wie Strategie-, Organisations- und Prozessberatung. Die Umsatzzahlen basieren zum Teil auf Schätzungen.
Gesamtsicht
Insgesamt hat Lünendonk auch 2014 zehn Firmen genauer beleuchtet. Dabei setzt der Primus (Roland Berger) fast zehnmal soviel um wie der Letztplatzierte (Goetzpartners).
Platz 1: Roland Berger
Roland Berger Strategy Consultants mit Sitz in München liegt mit weitem Abstand vorn. Laut Lünendonk erwirtschafteten die Consultants im vergangenen Jahr 750 Millionen Euro. 2012 waren es allerdings noch 765 Millionen.
Platz 2: Zeb.Rolfes.Schierenbeck
Platz zwei nimmt die Münsteraner zeb.rolfes.schierenbeck.associates ein. Die Lücke zum Erstplatzierten ist groß: Auf einen Umsatz von 169 Millionen Euro brachten es zeb.rolfes.schierenbeck im vorigen Jahr. Das ist ein deutliches Plus gegenüber 2012, als der Erlös bei 143 Millionen Euro lag.
Platz 3: Simon Kucher
In Bonn sitzt die Management-Beratung Simon Kucher & Partners GmbH. Sie erwirtschaftete 2013 rund 152 Millionen Euro nach 145 Millionen im Vorjahr.
Platz 4: Kienbaum
Mit einem Umsatz von 112 Millionen Euro für das Jahr 2013 liegt die Unternehmensgruppe Kienbaum aus Gummersbach auf Platz 4. Im Vorjahr betrug der Erlös 115 Millionen Euro.
Platz 5: Horvath
Die Top Fünf der Management-Beratungen in Deutschland werden mit der Horvath AG abgeschlossen. Die Stuttgarter setzten 2013 fast 106 Millionen Euro um, 2012 waren sie knapp unter hundert Millionen geblieben.

Unproblematisch war auch die Auswahl des Dienstleisters für die Software-Einführung: "Wir hatten uns umgesehen nach großen SAP-Implementierungspartnern im Cloud-Umfeld, da kamen nur wenige in Betracht." Die Wahl fiel auf itelligence, einen der engsten SAP-Partner speziell für mittelständische Kunden im internationalen Umfeld und mit Cloud-Erfahrung. "Gerade zu Beginn im Proof of Concept war die umfassende Unterstützung durch die Experten wichtig, um uns an die Terminologie und Logik der ERP Cloud-Lösung heranzuführen", erinnert sich Gerster. Außerdem unterstützt itelligence die IT-Organisation der Strategieberatung bei aufwändigen Aufgaben. Hierzu zählen etwa kundenspezifische Zusatzentwicklungen wie die Schnittstelle zum Peoplesoft-Personalsystem. Darüber hinaus lokalisiert itelligence in enger Kooperation mit SAP die Software für Länder, in denen es keine eigenen ByD-Versionen von SAP gibt.

Cloud-Lösung ist kaum günstiger als On-Premise-Software

Bei Roland Berger waren das in einem ersten Schritt Tschechien und Schweden, die mit Österreich die drei Pilotregionen bildeten. Nachdem im März 2013 das Template, die Lokalisierungen und die Schnittstelle weitestgehend zur Verfügung standen, wurde die Einführung auf Ende Oktober terminiert. Im laufenden Jahr sollen sukzessive weitere Länder wie England, die Niederlande und danach auch die Kernländer Deutschland, Frankreich und China an die Cloud angeschlossen werden, bis Ende 2016 dann schrittweise die restlichen Länder, in denen die Beratungsgesellschaft tätig ist. "Sie benötigen relativ viel Zeit mit der Aufnahme der Prozesse, um sie zu verstehen, zu verbessern und im Scoping an den neuen Standard anzupassen." Zudem müsse bei allen Veränderungen an den Abläufen geprüft werden, ob sie anschließend mit der lokalen Gesetzgebung übereinstimmten.

Von der Implementierung selbst war Gerster "positiv überrascht - die Anforderungen ließen sich schnell und einfach umsetzen". Weniger Erwartungen sollten Firmen hingegen an die Einspareffekte durch den Cloud-Betrieb haben: "Die neue Lösung ist auf den ersten Blick nur wenig günstiger als die Kosten für Lizenzen, Wartung und Betrieb der alten Lösung. Mit diesem neuen Produkt wollten wir aber vor allem unsere Prozesse modernisieren und optimieren." Doch auf den zweiten Blick offenbart sich auch der Kostenaspekt: Alle Updates und Upgrades werden zentral in den SAP-Rechenzentren durchgeführt; die Aktualisierung des Softwareservices ist hier in die Betriebsmiete bereits inkludiert.

Neben den Fachbereichen muss sich auch die IT-Organisation von Roland Berger auf die neue Lösung aus der Cloud einstellen. Rund 40 Mitarbeiter sind in der Münchener Zentrale der Strategieberatung für Infrastruktur und Systeme zuständig. Unterstützt werden sie von weiteren Kollegen in den Auslandsbüros. "Die Lösung aus der Cloud stellt uns vor viele neue Herausforderungen, denn die klassische Betriebsführung fällt weg", berichtet der CIO aus der Praxis. Zunehmend sind Mitarbeiter gefragt, die eine ERP-Lösung konzeptionell steuern und einführen können. Sie müssten viel Prozessverständnis mitbringen, den Status quo mit den Fachbereichen erfassen, die rechtlichen Anforderungen klären und sinnvolle Verbesserungen vorschlagen. "Wenn die IT diese konzeptionelle Beratungskompetenz wahrnehmen kann, wird sie perspektivisch aufgewertet", prognostiziert Gerster.

Natürlich unter der Voraussetzung, dass es gelingt, die dafür notwendigen Mitarbeiter auch auf dem Markt zu finden. Insofern ist die "Cloud Readyness" nicht nur ein Thema für Anwenderunternehmen, sondern auch für die einschlägigen IT-Dienstleister - sie müssen sich noch stärker von der Betriebsführung zum "Sparringspartner" für die Geschäftsbereiche verschiedener Branchen entwickeln. "Möchte eine Firma in die Cloud einsteigen, so sollte sie bei der Auswahl eines Providers darauf achten, ob der Dienstleister die Anforderungen an die Prozessberatung in Umfang und Qualität auch tatsächlich erfüllen kann", rät Gerster. Sind diese Anforderungen an die Prozessberatung sowie an den Datenschutz gewährleistet, dann steht einer Cloud-Lösung nichts mehr im Wege.