Kosten runter, effizienter und schneller werden: So beschreibt Matthias von Bechtolsheim die bevorstehenden Aufgaben des CIOs. Entsprechend hat der Leiter Information Management für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim Beratungshaus AD Little die Schlagworte bereits anvisiert, die dem CIO Kopfzerbrechen bereiten – noch immer Brot-und-Butter-Themen wie Konsolidierung und Standardisierung, aber zunehmend SOA und On-Demand, die die IT wendiger machen.
Flexibel sein und schnell reagieren
Im Unterschied zu den Jahren zuvor hat das Thema Flexibilität Fahrt aufgenommen. „Die wirtschaftliche Lage war schlecht. Jetzt bauen CIOs ihren aufgestauten Projektbedarf ab“, sagt von Bechtolsheim. Und das bedeutet für die CIOs, dass sie bei neuen Projekten und neuem Bedarf aus dem Business nicht lange fackeln sollten. Entsprechende Strukturen muss der CIO schaffen.
Auf der Ressourcenseite bedeutet das, On-Demand stärker einzubinden. „In Hinblick auf den Einkauf von Speicher- und Rechnerkapazitäten werden Unternehmen ihre fixen Kosten zunehmend in variable umwandeln“, ist Andreas Burau, Vorstand der Experton-Group, überzeugt. Im Vergleich zu Briten und US-Amerikanern sei das Thema Software-asa-Service (SaaS) noch fast gar nicht im hiesigen IT-Management angekommen. SaaS ermöglicht es Unternehmen, im Netz bereitgestellte Software bei Bedarf für eine begrenzte Zeit zu nutzen. Weiter ausbaufähig ist die Virtualisierung. Speicher und Rechner lassen sich virtuell zuweisen, und so kann man die Gesamtleistung der Systeme besser ausnutzen.
Für die Anwendungsseite lässt sich Flexibilisierung auf drei Buchstaben konzentrieren: S–O–A, kurz für Service-orientierte Architektur. „Stark verhypt“ sei das Thema, mahnt zwar AD-Little-Mann von Bechtolsheim: „Da ist heute noch oft der Wunsch Vater des Gedankens.“ Und der Berater verweist auf Bereiche wie das Rechnungswesen, in dem sich Prozesse kaum verändern ließen. Bei Themen wie Information Lifecycle Management und Collaboration mit „viel Flexibilisierungsbedarf“ mache SOA jedoch schon bald Sinn. Im Prinzip ist SOA ein einfach zu bedienender Service-Baukasten, „eine Art individualisierte Massenfertigung für IT-Services“, wie Bernhard Holtschke SOA treffend bezeichnet. Der Accenture-Partner erwartet für das Thema in den nächsten zwei Jahren „einen richtigen Schub“, Experton-Mann Burau gar „einen Durchbruch“ für 2008. „Die IT versetzt sich mit SOA in die Lage, Anforderungen aus dem Business zeitnah und kundenorientiert umsetzen“, benennt Vice President Jörg Jeschke vom Berater Capgemini einen wichtigen Vorteil. Zuletzt könne es gar „das Ende des Buhmann-Images der IT“ bewirken. Holtschke von Accenture ist da zunächst vorsichtiger: „Man kann relativ schnell einzelne SOA-Fähigkeiten schaffen“, so Holtschke. „SOA-Anwendungen unternehmensweit im Backend zu implementieren ist allerdings eine große Investition.“ Die wird, so eine aktuelle Studie über High-Performance-IT von Accenture, in den kommenden zwei Jahren jedoch weitaus öfter getätigt werden als heute: Während derzeit 30 Prozent der 255 telefonisch und 22 in Einzelinterviews befragten IT-Manager SOA bereits als „voll integrierte Service-orientierte Systemarchitektur“ ansehen, sollen es Mitte 2008 bereits 74 Prozent sein. Klar ist: „SOA soll flexibel und schnell die Business-Prozesse unterstützen“, sagt Capgemini-Berater Jeschke, der als Beispiele für hohe Flexibilität das Auktionshaus eBay, Spürnase Google, Buchhändler Amazon, Musikhändler Apple iTunes und Zune von Microsoft nennt. „Diese Unternehmen schaffen es, sehr schnell auf ihre Kunden zu reagieren und immer neue Geschäftsideen zu entwickeln.“ Jeschke prognostiziert, dass sich dieses Tempo auch auf andere Industrien übertragen wird. Der Umbau für mehr Flexibilität schafft Geschwindigkeit in den Prozessen. SOA kann sich hier zu einem nützlichen Werkzeug entwickeln. Einen interessanten Nebeneffekt eines funktionsfähigen SOA-Konzeptes erwartet Jeschke für die Beziehung zwischen Business und IT, weil die IT die Business-Anforderungen nun schneller umsetzen kann.
Unterstützung in Sachen Business-IT-Alignment können Unternehmen gut gebrauchen. Zwar haben CIOs ihre Position um eine starke Governance erweitert. Auch tritt der IT-Bereich als Dienstleister auf, und Information-Manager sind immer öfter in den Fachbereichen zu finden. „Im Tagesgeschäft ist die Zusammenarbeit zwischen Business und IT eingeschliffen“, so von Bechtolsheims Eindruck. „Aber strategische Themen sind nach wie vor schwierig zu positionieren.“ Als Beispiel nennt er die Frage, ob man in SOA investieren wolle. „CIOs tun sich nach wie vor schwer damit, strategische Themen in die Vorstandsebene zu bringen“. Experton-Mann Burau pflichtet ihm bei: „Man wähnt sich weiter, als man schon ist.“ Besonders darin, die Aufgaben der IT transparent zu machen und die ITAbteilungsleiter in den Vorhaben ‚mitzunehmen, sieht Burau noch Defizite und eine wichtige Zukunftsaufgabe für die IT-Chefs.
Etabliert und doch noch ein Dauerbrenner sind die Themen Konsolidierung und Standardisierung: „Noch immer keine Routineaufgabe“, konstatiert Capgemini-Berater Jeschke. „Konsolidierung steht auf der Agenda und wird auch noch lange draufstehen“, sagt Experton-Vorstand Burau, der feststellt, dass insbesondere im ITInfrastrukturbereich vor dem Hintergrund geplanter Kosteneinsparungen im Markt weiterhin Potenzial für Konsolidierung besteht. Weitere Treiber dieser Brotund-Butter-Themen sind Merger sowie Carve-outs, also Verschmelzungen wie Abtrennungen von Unternehmen und Unternehmensteilen, die große Unternehmen immer wieder beschäftigen werden.
Konsolidierung noch keine Routine
So spaltet Linde derzeit seine Gabelstapler-Sparte ab, das Transportunternehmen TNT seine Logistiksparte TNT Logistics. „Darauf muss sich die IT rechtzeitig einstellen und beispielsweise separate Landschaften in den abzuspaltenden Unternehmensteilen aufbauen“, sagt Accenture-Mann Holtschke, der das Thema unter dem Integrationsaspekt betrachtet. In der Accenture-Studie zur High-Performance-IT zeigt sich, dass nur 41 Prozent der befragten Unternehmen angaben, alle Geschäftsprozesse über das Unternehmen hinweg etwa über ERP-Lösungen und Portale miteinander verbunden zu haben. Für 2008 planen das bereits 83 Prozent. Als Treiber sieht Holtschke das Senken von IT-Kosten und die Möglichkeit, auf Mergers und Carve-outs schnell reagieren zu können. Auch von Bechtolsheim entdeckt immer wieder neue Konsolidierungsprojekte: „Nehmen Sie die Konsolidierung von Rechenzentren. Der Endanwendung ist es doch egal, ob es einen oder zehn Rechenzentrums-Standorte gibt, und der Business-Mehrwert durch mehr Standorte ist sehr gering“..
Gerade die Infrastruktur in Unternehmen steht deshalb oft auf der Outsourcing-Liste der IT-Verantwortlichen. Selektives Outsourcing und Business-Process-Outsourcing gehören zum Standardrepertoire der CIOs. Doch ist der große Boom vorbei, Sourcing gehört zum Handwerk. „Das Wachstum ist nicht mehr so groß“, stellt Hotschke von Accenture in der Studie fest. Im Unterschied zu Großbritannien und den USA arbeite man nicht mit wenigen ausgewählten, sondern mit einem Netz von Partnern zusammen. „Das macht es manchmal schwierig, Synergieeffekte zu heben“, so Holtschke, der in Deutschland nach wie vor eine Kontrollmentalität ausmacht.
Ein Trendmotor könnte Outsourcing werden, wenn der Bereich Mobility „erwachsen“ wird: „Es gibt Probleme mit dem Plug-and-Play-Charakter, der Wartung, der Integration und der Backup-Fähigkeit der Geräte“, so von Bechtolsheim. Langsam werde klar, dass Handys und Blackberrys Notebooks im Miniformat seien, mit eigenen Betriebssystemen und Tools, die Mitarbeiterschulungen erfordern. Deshalb sei hier mit Outsourcing-Lösungen für den Betrieb der Infrastruktur zu rechnen, die dem CIO die Arbeit abnehmen und seine Defizite auf der internen IT-Seite mildern.
Denn die Sicherheit mobiler Geräte ist nicht das Paradethema der CIOs. Blackberry und Co. wie Wireless-LAN-Anwendungen gelten als Sicherheitsrisiko und verlangen nach einer Sicherheitspolitik. Burau: „Diese gehört wie ein Risiko-Management und -Assessment zum nötigen Sicherheitsinstrumentarium.“ Nach Einschätzung von Bechtolsheims gehen viele IT-Chefs jedoch noch immer zu technologisch an dieses Thema heran. Er fordert ein „verzahntes Management-Modell: „Auch das Business muss Verantwortliche definieren“, so von Bechtolsheim, der von proaktiven Maßnahmen spricht wie etwa einem Berechtigungskonzept oder Dokumentationspflichten. „CIOs schaffen es oft nicht, dies zu formulieren und vom Business einzufordern“, so sein Eindruck, der Nachholbedarf durchblicken lässt. Experton-Mann Burau erkennt in der Sicherheitsproblematik besonders den Treiber der überbetrieblichen Zusammenarbeit, weshalb er langfristig eine hohe Dynamik erwartet.
Der Sicherheitsbereich ist ein Paradebeispiel dafür, dass CIOs in ihrer Rolle noch nicht dort angekommen sind, wo sie sein wollen. „Der CIO ist nach wie vor ein Top-Manager zweiter Klasse – er hat zwar ein C vornedran, richtig Chief ist aber kaum einer“, sagt von Bechtolsheim. Im Vorstand versanden Diskussionen über solche brandaktuellen und wichtigen Themen. Das Business fragt „operativ-taktisch“: „Warum so ein Investment wie SOA? Warum können wir nicht ein Tool aus der Box nehmen?“, während die IT vergeblich versucht, den strategischen Ansatz zu erklären. Von Bechtolsheim: „Die IT hat zu lange auf kleiner Flamme gekocht.“ Zu oft hatten inzwischen andere Business-Bereiche jene Arbeit über den Zaun zum CIO geworfen, für die sie sich nicht zuständig fühlten. Jetzt sprudeln wieder die Gewinne und das ermöglicht IT-Investitionen: Und die haben, so die Ergebnisse der Accenture-Umfrage, bei drei Vierteln der Befragten „hohe oder höchste Priorität“. Das bringt dem CIO dann vielleicht das nötige Selbstbewusstsein, hin und wieder auch mal etwas über den Zaun zurückzuwerfen.