Im Jahr 1999 mit dem Ziel gegründet, den Softwaremarkt zu verändern, hat sich Salesforce im Laufe der vergangenen 16 Jahre zu einem der führenden Anbieter im Cloud-Computing-Markt entwickelt. Ursprünglich als reine Software-as-a-Service-(SaaS-)Lösung für das Kundenbeziehungsmanagement (aktuell: Sales Cloud, Salesforce IQ, Data.com) gedacht, wurde das Portfolio im Jahr 2007 mit einer eigenen proprietären Platform-as-a-Service- (PaaS-)Lösung, Force.com, erweitert.
Salesforce - die Geschichte
Auf Basis der Salesforce eigenen Programmiersprache Apex ermöglicht Force.com Unternehmen die Entwicklung eigener Applikationen, die sich nahtlos mit der Salesforce.com-Umgebung verknüpfen lassen, um beispielsweise Kunden- oder Vertriebsdaten direkt zu speichern oder darauf zuzugreifen. Ein deutsches Unternehmen, das frühzeitig davon Gebrauch gemacht und sein Geschäftsmodell quasi auf die Säulen Salesforce und Force.com aufgesetzt hat, ist Propertybase, eine SaaS-Lösung für das Real Estate Marketing.
Über den AppStore "AppExchange" - im Jahr 2006 ursprünglich als Marktplatz für Hosted Business Applications vorgestellt - lassen sich die auf Force.com entwickelten Applikationen anderen Unternehmen zur Nutzung bereitstellen. Im Jahr 2010 wurde das PaaS-Portfolio mit der Akquisition des Polyglot-PaaS Heroku erweitert, wodurch Salesforce seine proprietäre Haltung etwas aufgelockert hat.
Im Laufe der Jahre wurde das Portfolio weiter in Richtung kundenserviceorientierte Anwendungen ausgebaut:
2009: Service Cloud - Kombination aus klassischer und moderner Kundenkommunikation via Social Networks.
2012: Desk.com (Akquisition von Assistly) - Cloud-basierter Helpdesk zur Interaktion mit den Kunden.
Ein weiterer Fokus wurde auf das Thema Social Collaboration gelegt:
2010: Chatter - Social Collaboration Tool ähnlich Facebook.
2015: Community Cloud - Aufbau von Communities zur Vernetzung mit Kunden, Partnern usw.
Mit der Übernahme von ExactTarget (und dessen Akquisition Pardot, einer Lösung für Marketingautomatisierung) entstand im Jahr 2014 dann die Salesforce Marketing Cloud, mit der sich kundenorientierte Marketingmaßnahmen steuern lassen.
Das aktuelle Salesforce-Portfolio
Neben Lösungen für das Kundenbeziehungs-Management, Marketing und Collaboration innerhalb und außerhalb des Unternehmens hat Salesforce sein Portfolio um weitere Services gezielt erweitert und strategisch ergänzt.
Mit dem Start von Wave Analytics, auch bekannt als Salesforce Analytics Cloud, im Jahr 2014 steht Salesforce-Kunden eine Business-Intelligence-Lösung zur Verfügung, mit der sich zum einen die Daten aus dem Salesforce-Ökosystem selbst als auch aus anderen externen Quellen auswerten und visuell darstellen lassen. Wave Analytics greift hierfür auf die Informationen aus der Sales Cloud (Sales Wave) und der Service Cloud (Service Wave) zu. Als Teil von Wave Analytics lassen sich eigene Wave-Applikationen (Wave Apps) entwickeln, und damit auf die eigenen Bedürfnisse hinsichtlich Umfang und Visualisierung abstimmen.
Um Kunden einen besseren Überblick zu verschaffen - vielleicht auch nur, um einfach für Verwirrung zu sorgen - wurden mittlerweile alle PaaS-relevanten Services (Force.com, Heroku Enterprise und AppExchange) unter dem Namen "AppCloud" zusammengefasst und mit den Services Shield (Verschlüsselung, Compliance, Audit), Thunder, Salesforce Sandboxes (im Prinzip eine "isolierte Spielwiese" für Entwickler und Administratoren) und Lightning Connect (Integration mit Anbietern wie SAP, Oracle oder Microsoft) erweitert.
Event Processing Engine Thunder
Hierbei sollte ein besonderer Blick auf Thunder (IoT Cloud) gerichtet werden, eine Event Processing Engine, mit der Salesforce sich nun aktiv dem Thema des Internet of Things widmet. Thunder ermöglicht das Sammeln und Orchestrieren von Events auf Basis von Daten auf Webseiten, von Sensoren oder anderweitigen Interaktionen, auf die sich dann je nach Situation reagieren lässt.
Salesforce ist kein Neuling im Internet of Things. Bereits im Jahr 2013 auf der Customer Company Tour, wurde ein Use Case vorgestellt, bei dem General Electric (GE) Salesforce Chatter einsetzt, um seine Support-Teams über den aktuellen Status von Flugzeugtriebwerken zu informieren (M2M Kommunikation). Trotz allem hat dieser Anwendungsfall zu dieser Zeit für wenig Aufmerksamkeit gesorgt. Allerdings wurde damit bereits damals schon das mögliche Potenztial der Salesforce-Plattform präsentiert und angedeutet, in welche Richtung Salesforce steuern wird.
Salesforce: Die strategische Perspektive
Der Funktionsumfang des Salesforce IoT-Service-Portfolios fällt im Vergleich zu denen der Amazon Web Services (AWS) oder Microsoft Azure noch verhältnismäßig dünn aus. Das erklärt wohl die ungewohnt zurückhaltende Art von CEO Marc Benioff und seiner Marketing-Armee. Dennoch steckt Potenzial in der Plattform, die mit den dafür notwendigen Entwickler-Tools (PaaS), Analytics Services (Wave) und Event Handler (Thunder) für das Internet of Things vorbereitet wurde.
Zudem muss man Salesforce zu Gute halten, dass darauf geachtet wird, alle Services der Plattform miteinander zu integrieren, um innerhalb von IoT Use Cases in Zukunft ebenfalls auf die CRM-, Sales-, Marketing- und Collaboration-Daten zugreifen zu können, wie es für eine "Digitale Fabrik" erforderlich ist. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Salesforce wird im IoT-Markt zukaufen
Der Ausbau des Portfolios ist zwingend notwendig, um den insgesamt positiven Aufwärtstrend nicht zu gefährden und um im Wachstumsmarkt des Internet of Things nicht den Anschluss an AWS und Microsoft Azure zu verlieren. Hierfür ist es erforderlich, für eigene technische Innovationen zu sorgen. 34 Akquisitionen in den letzten neun Jahren (u.a. Jigsaw jetzt Data.com, ExactTarged / Pardot jetzt Marketing Cloud, Assistly jetzt Desk.com, Rypple jetzt Work.com) haben zu einem überwiegenden Zukauf von innovativen Technologien geführt. Das zeigt zwar unternehmerische und strategische Weitsicht, spiegelt aber nicht die DNA eines technologischen Leaders beziehunsgweise Innovators wider. Es bleibt daher abzuwarten, wie Salesforce sein IoT-Portfolio weiter ausbauen wird - vermutlich durch den Zukauf von bestehenden Lösungen.
Ein weiteres Problem mit dem Salesforce zu kämpfen hat, sind die ständigen Änderungen der Produktnamen und die Neusortierung des Produktportfolios. Dies kommt auf der Kundenseite nicht gut an. Zum Beispiel wurde Radian6 mittlerweile in die Untiefen der Marketing Cloud unter die Kategorie Social verbannt. Thematisch macht das natürlich Sinn. Allerdings sollte Benioff nicht den Fehler begehen und seinem Oracle-Großmeister Larry Ellison zu stark nacheifern. Nebelkerzenaktionen sorgen auf Veranstaltungen für das gewisse Etwas - Kunden behalten jedoch lieber den Durchblick.
Auf dem deutschen Markt kämpft Salesforce in weiten Teilen immer noch mit dem nachhaltigen Aufbau eines starken Partnerökosystems von Systemintegratoren und anderen technischen Partnern. Und das ist zwingend notwendig. Als SaaS-Lösung scheint Salesforce auf dem ersten Blick wie eine der typischen "Low Hanging Fruits" - einfacher Zugriff, schnelles Erfolgserlebnis. Allerdings ist das Gegenteil der Fall. Salesforce ist mit einer hohen Komplexität behaftet, die es zu beherrschen gilt. Von einer simplen Konfiguration ist keine Rede, was sich durch das wachsende Portfolio und neue Anwendungsfälle, die aus dem Internet of Things entstehen werden, noch weiter verstärken wird.
Wie bei den Public-Cloud-Anbietern auf IaaS-Ebene gilt auch für Salesforce: Ohne ein kompetentes Partnernetzwerk wird es schwierig,in Deutschland die Marktanteile und Umsätze zu erzielen, die das US-Headquarter wünscht. Eine strategisch wichtige und vor allem pragmatische Entscheidung ist die Partnerschaft mit T-Systems, die dabei helfen kann, deutsche Kunden auf die Salesforce-Plattform zu ziehen. T-Systems betreibt das deutsche Rechenzentrum von Salesforce in Frankfurt - nach deutschem Recht. Deutsche Salesforce-Kunden nutzen hierbei eine autarke Salesforce-Instanz, die getrennt von der eigentlichen Salesforce Public Cloud existiert. Ob T-Systems die Voraussetzungen hat als alleiniger starker Partner die Herkulesaufgabe "deutscher Markt" zu bewältigen, das bleibt allerdings abzuwarten.