Rocket Internet ist so etwas wie eine Miniatur-Version des Silicon Valley mitten in Berlin: Eine Startup-Fabrik, die wie am Fließband neue Firmen in die Welt setzt. Inzwischen sind es mehr als 70 Unternehmen in aller Welt. Ein Rocket-Börsengang, über den viel spekuliert wird, würde auch dem Ansehen der Startup-Metropole Berlin guttun. Rocket Internet kommentiert die Gerüchte immer noch nicht - hat jetzt aber immerhin die Grundvoraussetzung für den Gang aufs Parkett mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft geschaffen.
Viel ändern wird sich damit zunächst allerdings nicht. Das Gründer-Trio aus den Brüdern Marc, Oliver und Alexander Samwer wolle den derzeitigen Anteil von knapp 66 Prozent auch bei einem Börsengang behalten, berichteten die Finanznachrichtenagentur Bloomberg und die "Süddeutsche Zeitung". Damit hätten sie auch weiterhin das Sagen. Auch die weiteren aktuellen Rocket-Anteilseigner - die schwedische Investmentfirma Kinnevik mit knapp einem Viertel und US-Investor Len Blavatnik mit elf Prozent - wollen sich den Berichten zufolge nicht von Aktien trennen.
Ein klares Signal ist auch, dass Oliver Samwer selbst den Posten des Vorstandschefs übernommen hat. Der Manager Alexander Kudlich, der bisher die Geschäfte führte, ist jetzt einfaches Vorstandsmitglied, wie Rocket bestätigte. Zugleich wird ein Gang an die Börse unweigerlich mehr Einblicke in den Maschinenraum der Firma bringen, denn die Börse verlangt Transparenz.
Die Samwers schmieden nichts geringeres als ein globales E-Commerce-Imperium. Inzwischen entstand ein ausufernder Gemischtwarenladen mit nach ähnlichem Muster gestrickten Mode-Shops in verschiedenen Ländern, Lebensmittel-Zustellern, Taxi-Apps, einem mobilen Bezahldienst, Vermittlern von Busreisen oder Putzfrauen und neuerdings sogar einem Anbieter von Lagerplatz in Großbritannien. Die jeweiligen Firmen werden dabei von ambitionierten jungen "Gründern" gemanagt. Von Rocket kommen Geld und Unterstützung - und manchmal auch ein Todesstoß, wenn sich eine Firma nicht bewährt.
"Wir sind heute die größte Internet-Gruppe außerhalb der USA, Chinas, Japans und Koreas", sagte Oliver Samwer in einem seiner seltenen Interviews im vergangenen Jahr der dpa. Man wolle in der Regel die Nummer eins in den jeweiligen Märkten sein. "Meist probieren wir das Geschäftsmodell zunächst in Europa aus und bringen es dann bei Erfolg in bis zu 50 andere Länder, darunter auch viele Entwicklungsländer." Das Geschäft in solchen Ländern sei zwar komplexer in der Logistik und anderen Rahmenbedingungen, biete aber auch die Aussicht auf höhere Margen und Marktanteile. "Ein langer Atem wird belohnt."
Im Silicon Valley haftet den Samwers immer noch der Ruf der "Klon-Krieger" an, die auf Geschäftsmodelle von US-Startups aufspringen und sie in die Welt tragen - oder den amerikanischen Vorbildern andienen. Schließlich war einer ihrer ersten großen Deals, die deutsche Auktionsplattform Alando nur sechs Monate nach der Gründung 1999 an Ebay zu verkaufen. "Am Ende kommt es nicht darauf an, ob ich als erster eine Idee gehabt habe, sondern darauf, ein Unternehmen aufzubauen, das langfristig existiert, und Kunden zufriedenstellt", kontert Samwer. Zu 99 Prozent sei die Umsetzung einer Idee entscheidend. (dpa/rs)