Die Fronten sind klar - und die Gräben tief: "Der IT-Service ist zu teuer und zu schlecht", heißt es in vielen Fachabteilungen deutscher Unternehmen. Für CIOs sollte die oft pauschale Polemik aber kein Grund sein, in Deckung zu gehen. Denn oft verbirgt sich hinter der Kritik das Unvermögen der internen Kunden, eingeforderte IT-Qualität so zu definieren, dass sie in der gewünschten Weise geliefert werden kann.
Erst seit kurzem kristallisieren sich Methoden heraus, um die Schnittstellenproblematik zwischen internen Kunden und Dienstleistern in den Griff zu bekommen. Mit Service Level Agreements (SLAs) können Leistungen definiert werden, die sich kontrollieren lassen. Wer sich davon jedoch zu viel verspricht, könnte enttäuscht werden. Zwar haben nach einer IDC-Untersuchung im Jahr 2000 von 300 europäischen Großbetrieben 87 Prozent ein SLA-System eingeführt; doch nur 35 Prozent der Agreements seien auch eingehalten worden.
Verträge kontra Realität
Das sagt indes wenig über die tatsächliche Qualität der internen IT-Leistung aus. Denn im klassischen Sinn legen SLAs Verfügbarkeit von Anwendungen, Netzbandbreiten sowie Reaktionszeiten und Eskalationsstufen bei Ausfällen fest. "Wie schnell Fehler jedoch wirklich behoben werden, das steht auf einem anderen Blatt", betont Daniel Kellmereit, Director Corporate Development bei Efoodmanager, einem auf den Lebensmittelhandel spezialisierten E-Business-Dienstleister aus Düsseldorf: "SLAs legen fest, wie schnell man sich um die Probleme kümmert, nicht, wie rasch sie gelöst werden."
Als Dienstleister, der für Dritte IT-Services bietet, sei es deshalb notwendig, sich weniger auf SLAs zu stützen als vielmehr zuverlässige Partner zu wählen. Mit seinem Web-Hosting-Dienstleister hat Efoodmanager zwar ein SLA abgeschlossen, das auch Vertragsstrafen vorsieht. Doch sobald man diese Keule schwinge, räumt er ein, sei das Vertrauen rasch verspielt und die Kooperation beendet. Intern, so Kellmereit, seien Sanktionen noch schwerer durchsetzbar, da die Konflikte zwischen IT und Fachabteilungen sich so eher verschärfen würden.
In der internen Zusammenarbeit geht es aber nicht allein um SLAs, sondern um die gemeinsame Umsetzung von Business-Zielen, die - so die Kritik vieler Spezialisten - oft nicht sauber geplant seien. 90 Prozent aller Unternehmen, schätzt Technologie-Consultant Sven Peters von Cap Gemini Ernst & Young (CGEY), hätten keine Projektdokumentation.
Zu viele Projekte würden auf Zuruf erledigt. "Der Erfolg von internen SLAs und Projektverträgen hängt jedoch von der Reife der Organisation ab", betont er. Während auf IT-Seite oft Bastelkultur vorherrsche statt klarer Business-Zielorientierung, gebe es in den Fachabteilungen oft wenig IT-Verständnis und Projekterfahrung. Peters: "Wichtig ist, dass der CIO Leute hat, die Projektkultur in ein Unternehmen hineintragen."
Münchener Rück: SLA ja, Sanktionen nein
"Das ist nicht im Schnellgang zu schaffen", weiß indes Karl-Heinz Neumann, Leiter Systemsteuerung bei der Münchener Rück, Weltmarktführer der Rückversicherer. Überprüfbare Vereinbarungen zwischen Fachabteilungen und IT gebe es dort seit Jahren. Zunächst, so Neumann, müssten die Fachbereiche ihren Bedarf benennen. Daraus entstünden Projektmodelle mit Leistungsbeschreibungen. Das Go für die Projekte und ihre Priorisierung würde dann ein Gremium aus Fachabteilungen, Organisation, Finanzen, Geschäftsführung und IT festlegen, bevor der Vorstand das Budget schließlich abzeichne.
Neumann: "Das motiviert dazu, Anforderungen an die IT präzise darzulegen." Natürlich seien kurzfristige Anforderungen möglich, aber die müssten das Prozedere ebenfalls durchlaufen. Das Thema SLA-Sanktionen sei dagegen bisher nicht spruchreif geworden, ebenso wenig wie Outsourcing-Ideen, sagt Neumann.
Viag Interkom: internes IT-Marketing
Bei Viag Interkom trägt Jörg Bajohr zwar den Titel Leiter IT-Service Management. Er versteht sich jedoch als Anwalt der internen Kunden, der sowohl bei der Entwicklung der Services für die Fachabteilungen gefordert ist als auch bei deren Umsetzung und Einhaltung. Die Stärke seiner Position wird durch die direkte Anbindung an die Geschäftsführung unterstrichen.
Der Münchener Mobilfunker, der zur britischen MMO2-Gruppe (demnächst: O2) gehört, erfüllt die Forderung der Experten von CGEY und Meta Group: Kataloge aufzubauen, die Leistungen und Aufwand beschreiben. Damit würden nicht nur die Leistungen vergleichbar, so Frank Jestczemski, Senior Consultant der Meta Group. "Der IT-Bereich schafft sich außerdem ein Marketing-Instrument, mit dem er seinen Beitrag zu den Geschäftszielen belegen kann."
SLAs und Projektmanagement gelten oft nur für Großunternehmen als Thema. Aber auch im Mittelstand muss sich jeder IT-Euro in werthaltigen internen Services niederschlagen. Das Schlagwort SLA fällt zwar seltener als in großen Konzernen. "Doch nach dem Euro-Stau", so Uwe Siller, IT-Leiter der Bitburger Brauerei, "werden wir das Thema Leistungsbeschreibungen und -kontrolle nun verstärkt anpacken."
Aber was tun, wenn SLAs und Projektverträge das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden? Fachabteilungen und Vorstände schwingen dann gern drohend die Outsourcing-Keule gegen die IT. Analyst Peters ist skeptisch, ob die Probleme so gelöst werden. Wenn die guten Leute bei einem Outsourcing mitgehen und der IT-Leiter nur in die Rolle eines Geschäftsführers wechselt, sei nichts gewonnen. "Dann fehlt es oft an Mitarbeitern, die Servicevereinbarungen ausarbeiten und überwachen können." Fazit der Experten: Hausaufgaben machen und die Schnittstellenprobleme zwischen IT und Vorstand beziehungsweise Fachabteilungen beseitigen.