Nebel steigt von der Bühne auf, die ersten Klänge einer E-Gitarre sind zu hören, ein Mann erscheint - die Menge tobt. Was aussieht und sich anhört wie ein Rockkonzert, spielte sich 1994 auf der Kundenmesse des Softwarekonzerns SAP ab. Der Mann an der Gitarre: Hasso Plattner, zu dieser Zeit SAP-Vorstand.
Der Auftritt ist nur eine von vielen Anekdoten, die sich um den Gründer des Softwareriesen ranken. Am 21. Januar wird Plattner 70 Jahre alt. Legendäre Segelrennen mit Konkurrenten oder sein Mäzenatentum sind aus seiner Biografie ebenso so wenig wegzudenken wie er selbst aus dem Konzern. Als Aufsichtsratschef mischt Plattner nach wie vor in der Firma mit - auch wenn er das von sich weist: "Ich bin kein Über-Chef", sagte er im Sommer der "Wirtschaftswoche".
Gemeinsam mit Dietmar Hopp und drei weiteren IBM-Kollegen gründete Plattner 1972 die Firma Systemanalyse und Programmentwicklung. Schon damals sei Plattner der "konstruktive Querdenker" in dem Team gewesen, erzählt Mitgründer Hopp. Er beschreibt den ehemaligen Vorstandskollegen als "extrem fokussiert und erfolgsorientiert" - aber auch als jemanden, der mit einer "gewissen Ungeduld" ausgestattet ist.
Soll heißen: Plattner nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn ihn etwas stört. Mal wettert er gegen das deutsche Steuersystem. Mal gibt er die Losung aus, SAP solle eine "Happy Company" à la Google werden, mal feuert er die Mitarbeiter unverblümt an: "Manchmal will ich die Walldorfer Entwickler packen und schütteln und anschreien: Bewegt euch schneller!"
Das bringt ihm nicht nur Freunde in der Belegschaft und vergraulte auch schon die eine oder andere Führungskraft. Trotzdem wird Plattner geschätzt. "Hasso Plattner ist nach wie vor wichtig für SAP, weil er Dinge voranbringt", sagt Betriebsratschef Stefan Kohl.
Die USA, die Firmen im Silicon Valley, sind Plattners großes Vorbild - nicht unbedingt zum Schaden der Firma. Anfang der 1990er Jahren kommt er von dort zurück und überzeugt seine Kollegen, das aus ihrer Sicht noch nicht ganz fertige Softwarepaket R3 zu verkaufen. Die Wette geht auf: In den kommenden Jahren wird SAP Marktführer.
"Seine große Begabung, Trends vorherzusehen, bringt er nach wie vor mit Gewinn in die SAP ein", lobt Hopp. Die Basis für die schnelle Datenbanktechnologie Hana - einen der Hoffnungsträger, auf die SAP derzeit baut - wurde an dem 1998 von ihm gegründeten Hasso-Plattner-Institut (HPI) an der Universität Potsdam gelegt.
Der gebürtige Berliner verbringt zwar noch viel Zeit in den USA. SAP hat für seinen Aufsichtsratschef sogar ein eigenes Büro in der Niederlassung in Palo Alto im Silicon Valley eingerichtet. 2010 bezog er aber eine Villa in der Nähe seines Instituts am Griebnitzsee, in der schon Churchill residierte. Potsdam profitiert: Beim Wiederaufbau des Stadtschlosses spendierte Plattners Stiftung Fassade und Kupferdach, in diesem Jahr finanzierte sie nach einigem Hin und Her den Wiederaufbau eines historischen Palais als Kunstmuseum.
Das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" schätzt sein Vermögen auf 8,9 Milliarden US-Dollar. Etwa 90 Prozent der Aktienerträge aus seinem knapp zehnprozentigen Anteil an SAP fließen laut einem Firmensprecher in Plattners Stiftungen. In diesem Jahr schloss er sich der Spendeninitiative "The Giving Pledge" an. In Südafrika, wo Plattner sich auch gern mal zum Segeln oder Golfspielen aufhält, unterstützen die Stiftungen Projekte zur Aids-Aufklärung.
Aufgaben genug also, um die Zeit auch ohne SAP zu füllen. Sein Aufsichtsratsmandat läuft 2017 aus. Ans Aufhören denkt Platter einem Sprecher zufolge aber noch nicht. Betriebsratschef Kohl hofft, dass er dem Unternehmen länger erhalten bleibt - nicht nur, weil Plattner ein verlässlicher Aktionär ist. "SAP muss erst noch den Beweis antreten, dass man auch ohne ihn innovativ ist", meint Kohl.
Plattners langjähriger Weggefährte Hopp macht sich da allerdings keine Sorgen. Plattner sei ein kommunikativer Mensch, "der seine Gedanken frühzeitig mit seinem Umfeld teilt", betont der Co-Gründer. "Es droht deshalb keine Gefahr, sollte Hasso sich zurückziehen." (dpa/rs)