Wo liegen die technologischen Vorteile von HANA (High Performance Analytic Appliance) und wie können Unternehmen daraus einen Geschäftsnutzen ziehen? Auf den ersten Blick scheint das ganz einfach, zumindest für SAPs Chief Operating Officer (COO) Gerhard Oswald, der empfiehlt, mit HANA nicht einfach nur bestehende Prozesse zu beschleunigen, sondern die Geschwindigkeit und Flexibilität von HANA zu nutzen, um Prozesse umzugestalten.
So könnten Unternehmen, die sich heutzutage damit schwer tun, einen KPI innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne zu erstellen bzw. anzupassen (manche sprechen von Monaten) mit HANA einen KPI in einem Bruchteil der Zeit hinzufügen bzw. anpassen.
SAPs Verlautbarungen rund um HANA wecken hohe Erwartungen. Um die Vorteile von HANA jedoch voll ausschöpfen zu können, genügt es aber nicht, SAPs "Wunderwerk" einfach unter ein bestehendes SAP-System zu stellen. Unternehmen sollten sich überlegen, für welche Aufgaben SAPs In-Memory-Technik am Besten geeignet ist und den größten Mehrwert bietet.
3 Anwendungsszenarien für HANA
Grundsätzlich hat SAP drei Anwendungsvarianten für HANA definiert:
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1. Im "Beiwagenbetrieb" für Analytics (als "Analytics-Sidecar"): HANA als Unterstützung von SAP BW.
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2. Als "Primary Persistence": HANA als primäre Datenbank für SAP BW oder für analytische Anwendungen, wie z.B. Smart-Metering-Analytik.
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3. Als Plattform: HANA als alternative Datenbank für die SAP Business Suite (noch nicht verfügbar); HANA bietet eine Laufzeit- und Entwicklungsumgebung für native Anwendungen, die die Applikationsdienste und Bibliotheken der Plattform nutzen.
Zahlreiche Einatzszenarien von HANA
HANA besticht durch Vielfältigkeit: Während viele der aktuellen Einsatzszenarien im analytischen Bereich angesiedelt sind, preisen andere Experten HANA als Anwendungsplattform mit einer völlig neuartigen Architektur. Wenn Anwendungen auf HANA laufen, ist der Transfer von Daten auf einen Anwendungsserver nicht notwendig, da sowohl Daten als auch Geschäftslogik auf demselben Baustein sitzen. Somit können Daten und Code viel effizienter interagieren - vorausgesetzt, der Quellcode wurde für diese Plattform geschrieben bzw. an diese angepasst.
Daten, Logik und Algorithmen befinden sich auf nur einem System und nicht auf zwei bis drei separaten Serverkomponenten (z.B. Anwendungsserver, Datenbankserver). Darüber hinaus sind bei weitem nicht alle Datenbankabfragen in Anwendungen für den spaltenorientierten Datenspeicher von HANA vorbereitet. Um HANA optimal nutzen zu können, sind hier Anpassungen erforderlich.
Ein Großteil des bestehenden SAP-Codes ist nicht optimal zur Verwendung auf HANA geeignet. Das Schreiben von HANA-basierten Anwendungen verlangt neue Skills, einschließlich SQL-Skript und Know-how in der Datenmodellierung. Und selbst wenn bereits vorhandener Code portiert wird, braucht es seine Zeit, bis stabile und zuverlässige Laufzeitbedingungen gewährleist sind.
Vorteile für den Kunden
Einige Experten behaupten, dass der größte Mehrwert nativer HANA-Anwendungen in der Prozessinnovation liegt, während die Variante "im Beiwagenbetrieb" zusätzlich zu einer SAP BW-Installation auf einer relationalen Datenbank den niedrigsten Gewinn abwerfen dürfte. Dies liegt daran, dass native HANA-Anwendungen in vollem Umfang von der Architektur profitieren.
SAP entwickelt solche nativen Anwendungen, wie zum Beispiel "SAP Cash Forecasting", zur Liquiditätsplanung - eine Anwendung, die in keinster Weise wie eine typische SAP-Anwendung anmutet. SAP selbst nennt diese Anwendungen "extrem", da sie auf HANA sowohl vor Ort als auch aus der Cloud eingesetzt werden können. Damit ist HANA eine weitere Platform-as-a-Service-Lösung für SAP.
Die Sicht von PAC
Es zeichnet sich klar ab, dass SAP-Kunden sich mit HANA auseinandersetzen werden müssen. HANA wird zentraler Bestandteil des SAP Lösungspakets werden, dies betrifft Business-Applikationen, Datenanalysesoftware oder die Cloud-Lösungen. Und je mehr Unternehmen auf HANA setzen, umso höher wird der Druck auf andere sein, ihrem Beispiel zu folgen.
Das heißt allerdings nicht, dass HANA die einzige Möglichkeit ist, In-memory-Datenanalysen zu realisieren. In-Memory-Verfahren gab es schon zuvor und dies wird auch in der Zukunft so bleiben. Jedoch hat kein anderer Hersteller vor SAP das Thema zum Kernbestandteil der Produktstrategie erklärt und derart prominent an den Markt herangetragen.
Obgleich SAP viel daran setzt, seine Kunden von HANA zu überzeugen, zeigt sich, dass HANA noch ein neues und nicht gänzlich ausgereiftes Produkt ist. Entsprechend groß sind auch die Fragezeichen bei den Kunden. Unklarheiten bestehen bei Lizenzbedingungen, Skalierbarkeit und ROI-Überlegungen.
Kunden, mit denen wir sprechen, sehen in HANA eine Option, analytische Systeme zu verbessern. Dazu gehört der Einsatz von HANA als Datenbankalternative zu SAP BW. Die Beliebtheit solcher Analyseanwendungen überrascht nicht, hält doch die hohe Business-Analytics-Nachfrage in Unternehmen, insbesondere die aus verschiedenen Abteilungen, die jeweiligen IT-Organisationen auf Trab.
Einen wichtigen Part im HANA-Umfeld spielen die SAP-Partner. Sie können und sollten Beratungsdienstleistungen anbieten, um Firmen den Nutzen, aber auch die Grenzen von HANA aufzuzeigen. Darüber hinaus können sie ihre Kunden bei der Identifikation von HANA-Szenarien unterstützen. Hier kann es hilfreich sein, Testumgebungen bereitzustellen - physisch oder in der Cloud -, um den Kunden ein "HANA in natura"-Erlebnis zu vermitteln.
HANA ist keinesfalls die Antwort auf alle Fragen zum Datenmanagement in der SAP-Umgebung. So werden Unternehmen auch künftig nicht alle ihre Daten in In-memory-Plattformen verwalten, sondern weiterhin auch andere SAP-Technologien sowie Lösungen von Drittanbietern einsetzen.
Frank Niemann ist Principal Consultant Software Markets bei PAC Deutschland.