Das Verwirrspiel hat ein Ende. Wie SAP-Chef Leo Apotheker in einer Telefonkonferenz vergangene Woche mitteilte, wird das Supportmodell aus Walldorf geändert, genauer: erweitert. Weltweit können alle SAP-Kunden nun zwischen Standard- und Enterprise-Support wählen. "Das neue Support-Modell der SAP ist die direkte Antwort auf die vielen Gespräche, die wir mit unseren Kunden und Anwendervereinigungen geführt haben", sagte Apotheker. "Wir haben dabei die Rückmeldungen und Vorschläge unserer Kunden weltweit berücksichtigt." Darüber hinaus setzt SAP die für 2010 anstehende Preiserhöhung bei Enterprise-Support aus. Laut Apotheker, kommt SAP damit seinen Kunden in einer anhaltend schwierigen Finanzsituation entgegen.
Konkret: Pro SAP-Anwendungs- beziehungsweise Vertragslandschaft kann ein Unternehmen nun eines der beiden Supportangebote wählen. Fällt die Entscheidung für den Standard-Support gilt in diesem Jahr ein maximaler Pflegesatz von 18 Prozent. Zukünftige Erhöhungen erfolgen dann auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen, können also gemäß den AGBs von SAP nach einem länderspezifischen Index steigen. Wer derzeit Enterprise-Support bezieht und zum Standard-Support zurückkehren möchte, muss sich bis zum 15. März 2010 entscheiden und kann dann rückwirkend zum 1. Januar wechseln.
Wählt ein Kunde SAP Enterprise-Support, bleiben bestehende Enterprise-Supportverträge unberührt. Für Kunden in Deutschland und Österreich besteht bis zum Stichtag Mitte März die Möglichkeit, auf Enterprise-Support zu den aktuell geltenden Konditionen, das heißt mit einer Preisobergrenze von 18,36 Prozent, umzusteigen.
Prinzipiell gilt: Nach dem 15.März 2010 schlagen ein Wechsel auf Enterprise-Support oder Nachkäufe von Lizenzen unter Enterprise-Support mit 22 Prozent zu Buche.
Erste Resonanz fällt positiv aus ...
Und was bekommen die Kunden für ihr Geld?
Die Standard-Support-Variante beinhaltet unter anderem Softwareaktualisierungen, Problemlösungsansätze, Wissensvermittlung und Qualitätsmanagement. Enterprise-Support hingegen bedeutet, dass sich SAP darüber hinaus um Kontinuität im Anwendungsbetrieb, Geschäftsprozessoptimierung, Investitionsschutz sowie um Unterstützung bei der Senkung von Gesamtkosten betrieblicher Abläufe kümmern wird.
Die Vertreter der SAP-Anwendervereinigung DSAG sehen sich mit diesem Beschluss in ihrer Beharrlichkeit bestätigt: In einer Reaktion auf die Verlautbarungen aus Walldorf begrüßte man die das optionale Support-Modell und damit das Eingehen auf eine der Kernforderungen der DSAG. Damit werde die Verpflichtung zur Nutzung des Enterprise-Supports auch außerhalb von Deutschland und Österreich aufgehoben. Zudem sei der Mechanismus zur Preisfindung beim Standard-Support (Rückrechnung bis zum Vertragsbeginn) "entschärft", da die Obergrenze nun bei 18 Prozent fixiert ist.
Ebenfalls positiv bewerten die Anwendervertreter, dass generell ein Wechsel von einem Support-Modell ins andere nun einmal im Jahr zu den dann geltenden Konditionen möglich sei. "Wer sich also beispielsweise in diesem Jahr für Enterprise-Support entscheidet, hätte im nächsten Jahr wieder die Möglichkeit zu einer Rückkehr zum Standard-Support", erläutert Andreas Oczko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DSAG und Fachvorstand für den Bereich Operations/Service & Support. Sein Fazit: "Die Entscheidung von SAP haben wir ausdrücklich begrüßt. Für die Mehrheit der SAP-Kunden ist das ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum kundengerechten Support-Angebot."
Unbestritten ist, dass SAP durch sein Einlenken Größe im Umgang mit seinen Kunden zeigt. Statt sich stur zu stellen, hat der Konzern bewiesen, dass er durchaus bereit ist, auf die Bedürfnisse der Unternehmen einzugehen. Eine Fähigkeit, die dem Konzern in der Diskussion der vergangenen 18 Monate immer wieder abgesprochen wurde.
Auch auf Analystenseite ist die Resonanz überwiegend positiv. "Das gestaffelte Modell erlaubt den Kunden, ihr bevorzugtes SAP-Support-Modell zu wählen", kommentiert Nils Niehörster, Industrieanalyst von Raad Research. "Durch das Angebot verschiedener Support-Optionen, die Vereinfachung des Preismodells und die Planungssicherheit für die IT-Budgets hilft SAP den Kunden, eine Entscheidung zu treffen, die auf ihre Geschäftsanforderungen zugeschnitten ist.
... aber es wird auch Kritik laut
Beifall kommt auch vom Analystenhaus PAC. Die Wahlmöglichkeit sei "eine wesentliche Neuerung und eine äußerst positive Nachricht", kommentieren die Marktbeobachter. Einige Wermutstropfen gebe es dennoch. Die Regel, dass für SAP-Kunden aus Deutschland und Österreich der Umstieg vom Standard- auf den Enterprise-Support bei einem Wartungssatz von 18,36 Prozent nur noch bis 15. März 2010 möglich ist, sei "unglücklich". Eine Umstellung nach dieser Frist geht mit einer Erhöhung der Wartungsgebühr für Enterprise Support auf 22 Prozent einher, die gemäß des Preisanhebungsmodells der SAP eigentlich erst im Jahre 2016 fällig werden würde. Hier sollte SAP aus Sicht von PAC den Anwendern zumindest eine Frist bis Ende des ersten Quartals, besser bis Ende des ersten Halbjahres einräumen.
Nicht zuletzt die CIOs in der Schweiz beglückwünschen sich und der SAP zu den nun gemachten Veränderungen. Sie sehen allerdings erst eine erste Hürde auf dem Weg zu einem kundenfreundlicheren Wartungsmodell genommen. In einer spontanen Stellungnahme der zur IG Wartung zusammengeschlossenen IT-Manager heißt es: "Beharrlichkeit, Teamgeist und ein starker Einsatz der IG SAP Wartung Schweiz für eine akzeptable Wartungslösung tragen zu einem weiteren Einlenken der SAP bei. Was wir wiederholt gefordert haben, ist nun zu einem Teil eingetroffen - SAP ändert das Wartungsmodell per 1. Januar 2010." Allerdings blieben von den ursprünglichen Forderungen noch einige wesentliche unbeantwortet. Zudem bestünden offene vertragliche Fragen, die man nun in den nächsten Tagen gemeinsam mit SAP Schweiz besprechen wollen.
Die Schweizer hatten wiederholt von SAP gefordert, auch auf die für die Kunden teilweise unerfüllbaren beziehungsweise massive Mehrkosten verursachende Beistellpflichten (etwa die Englischsprachigkeit der Ansprechpartner beim Kunden, Englische Dokumentation der Systeme und der eingestellten Prozesse) zu verzichten. Detaillierte Services (SLA’s) vor Inkrafttreten der Verträge und darauf aufbauende KPIs zu definieren. Ein Bonus-Malus-System einzuführen, welches Kunden und SAP gleichwertig behandelt sowie fair verhandelte Verträge abzuschließen.