Der Anfang der zentralen Vermessung von SAP-Lizenzen hinterließ bei Thomas Westendorf einige offene Fragen. "Man sieht ein unplausibles Ergebnis, aber man weiß nicht, wie es zustande gekommen ist und wie die Zahlen bereinigt werden können,“ sagt der Projektleiter für die SAP-Systemvermessung bei der MGI METRO Group Information Technology, der IT-Tochter des Handelsunternehmens.
Metro war über die Jahre gewachsen, hatte sich international ausgebreitet und entsprechend vergrößerte sich auch die Systemlandschaft des Handelskonzerns. Allein die Zahl der SAP-Systeme war auf mehr als 200 angestiegen. Eingesetzt wurde die Walldorfer Software zunächst für die Finanzen und das Controlling. Später kam das Personalwesen hinzu und in den vergangenen Jahren hat Metro damit begonnen, auch im Bereich Business Intelligence mit SAP zu arbeiten sowie die Logistik mit SAP-Retail zu steuern.
Die alljährliche Vermessung erfolgte lange Jahre dezentral, nach Ländern beziehungsweise Querschnittsbereichen getrennt. Die Einzelergebnisse flossen nach Walldorf, zurück kam eine Gesamtrechnung sowie eine Aufsplittung der Kosten nach den jeweiligen Bereichen. Bis vor drei Jahren.
2003 wurde das bislang praktizierte Verfahren umgestellt. Der organisatorische Aufwand war der SAP zu hoch, die Zuverlässigkeit aus dem Rückfluss der Einzelvermessungen nicht ausreichend. Stattdessen gab man den Düsseldorfern mit der License Administration Workbench (LAW) ein Tool an die Hand, mit dem eine zentrale Vermessung erstellt werden konnte. "Das war die Wende zu einer zentralen Steuerung und damit auch zu einer zentralen Konsolidierung", blickt Westendorf zurück.
Keine glatte Wende, wie sich herausstellen sollte. Denn in der Praxis gingen die Anforderungen der Metro über die Leistung der LAW hinaus. Die erste Vermessung Ende 2003 lieferte die bereits erwähnten unplausiblen Ergebnisse.
"Wir hatten damals nach den Benutzernamen konsolidiert. Diese waren zwar nicht konzernweit einheitlich, aber wir hatten darauf gehofft, dass die Software die vorhandenen Querverweise zur Konsolidierung nutzt", erzählt Westendorf. Unerwartete Doppelzählungen von Mitarbeiter, die auf verschiedene Systeme zugreifen, waren die Folge.
Wie Metro kämpfen viele Konzerne mit einer sauberen Lizenzvermessung. Marktforscher bestätigen das Dilemma, in dem sich Westendorf bewegte. Die Analysten von AMR Research schreiben über die LAW: "Das Tool hat eine begrenzte Aussagekraft vor allem bei der Vermessung der tatsächlichen Nutzung im wesentlichen Bereich der Named-User-Kategorie."
Im schlechtesten Fall schenken die Unternehmen dem Software-Hersteller bares Geld. So erhöhten sie ihre Ausgaben für Software-Lizenzen in den vergangenen Jahren, nutzen das Potenzial jedoch oft nicht aus. Gartner schätzt den Wert der brachliegenden Lizenzen auf durchschnittlich rund 30 Prozent der Einkäufe. "Da die Kosten für Software im Vergleich zu den Hardware-Kosten rapide steigen, ist das größte Einsparpotenzial über die Beobachtung der Software-Lizenzen zu erzielen“, schreiben die Analysten.
Dieses Potenzial zu heben, ist gerade bei heterogenen, über die Jahre gewachsenen Systemlandschaften eine echte Herausforderung. Also suchte die Metro im Jahr Zwei der zentralen Vermessung ein Kriterium, nachdem eine saubere Konsolidierung funktioniert. Die E-Mail-Adresse der Mitarbeiter war es nicht, denn in einigen Vertriebslinien teilen sich mehrere User eine E-Mail-Anschrift. Schließlich startete man den Versuch, die Zahlen über den Vor- und Nachnamen der SAP-User zu konsolidieren.
Auch die Sortierung nach Namen brachte noch nicht den erhofften Erfolg: das Ergebnis der Konsolidierung ergab eine höhere User-Zahl als sich aus der bloßen Summierung der Einzelsysteme ergeben musste. Die Ursache war schnell gefunden: Vor- und Nachnamen waren über den Gesamtkonzern hinweg nicht einheitlich gepflegt. Westendorf ist hier Realist. "Viele Administratoren legen neue User an ohne sich exakt an eine einheitliche Schreibweise zu halten“, erklärt er. Und das SAP-Tool ist nicht fehlertolerant bezüglich der Schreibweisen.
Ein weiterer Nachteil der Zentralisierung bereitete den Verantwortlichen Kopfzerbrechen: die Kosten ließen sich nicht mehr zuweisen. "Wir standen also vor zwei Herausforderungen“, fasst Westendorf zusammen, "Wir mussten die innerbetriebliche Verrechnung ermöglichen und analysieren, warum die Konsolidierung nicht das erwünschte Ergebnis zeigt.“
Westendorf holte mit der Honico Group eine dritte Partei ins Boot. Die Software des Anbieters war schnell installiert. Das Tool wird zentral auf einem System aufgespielt und holt sich die nötigen Daten der anderen Systeme aus dem Netz. Dank einer Vorabmessung lassen sich Fehler lokalisieren und korrigieren.
2005 fand schließlich die erste Vermessung mit Unterstützung der neuen Lösung statt und endlich war das Resultat glaubhaft. Auch für SAP. "Das Ergebnis ist eins zu eins akzeptiert worden“, sagt Westendorf. Durch den Einsatz des Tools war auch die Zuordnung der Kosten kein Problem mehr.
Anstelle der offenen Fragen stellte sich Routine ein. Heute arbeitet Westendorf die Lizenzvermessung nach einem klaren Schema ab: Spätestens im April schreibt er die Administratoren an und bittet um eine Überprüfung beziehungsweise Bereinigung der Userdaten. Mitte des Jahres folgt eine erste Vermessung - dann ist noch immer Zeit, nicht schlüssige Ergebnisse zu prüfen, nachzubessern und schließlich die endgültige Vermessung zu erstellen.
"Die Prozedur wird dadurch vielleicht nicht beschleunigt, aber sie ist nun sicherer“, sagt Westendorf. In Zukunft will er weitere Möglichkeiten des Tools nutzen: nicht nur die Zahl der User, sondern auch der Einsatz der unterschiedlichen Lizenztypen soll gemessen werden. Damit hat Metro die Möglichkeit zu überprüfen, ob die Kollegen die Anwendungen auch ihrem Lizenztyp entsprechend einsetzen oder ob Lizenzen brachliegen. "Ich bin mir sicher, dass da auch noch positive Effekte herauskommen."