"Cloud Computing ist ein Zukunftsthema. Dennoch wette ich, dass auch in zehn Jahren nicht alle Software-Module aus der Wolke kommen. Vor allem kritische Anwendungen, darunter viele SAP-Module, bleiben on premise."
Eines ist gewiss: Cloud Computing wird in nicht allzu ferner Zukunft das "on premise"-Geschäft, bei dem der Anwender die IT selbst betreibt, schlucken. Nach einer im Januar 2011 veröffentlichten Umfrage des Branchenverbandes Bitkom nannten 62 Prozent aller Befragten Cloud Computing als das "Top-Thema des Jahres 2011" in der Branche. Zugleich prognostizieren andere Untersuchungen, dass die Cloud schon 2015 die wichtigste Form sein wird, in der IT-Ressourcen zugekauft werden. Dann soll sie herkömmliche Infrastrukturen bereits überholt haben.
Doch was verbirgt sich hinter diesem Trend? Und welche Anwendungen kommen künftig wirklich aus der Wolke? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, möchte ich zunächst kurz darstellen, wie Cloud Computing überhaupt funktioniert. Man kann das "Rechnen in der Wolke" als eine Art logische Weiterentwicklung der IT-Industrie betrachten, die Ansätze wie "Software as a Service" (SaaS) fortführt und neue Formen der Nutzung von IT schafft. Dabei werden verschiedene Ressourcen - ob Software, Hardware oder Dienstleistungen - komplett ausgelagert und von externen Providern bereitgestellt. Auf Anforderung können sie je nach Bedarf abgerufen und genutzt werden.
Ein Angebot, von dem immer mehr Unternehmen Gebrauch machen. So belegt eine aktuelle Studie, die Management Insight Techologies im Auftrag von CA Technologies unter IT-Fachkräften in den USA und Europa durchführte, dass die "Cloud-Denke" in der Wirtschaft stetig wächst. Mehr als 80 Prozent aller Unternehmen und sogar 92 Prozent der großen Konzerne nutzen demnach zumindest einen Cloud-Service, jedes zweite Unternehmen gab an, gleich mit mehreren Services zu arbeiten.
Hauptanreize sind dabei vor allem die hohe Effizienz des Cloud Computing sowie Kostenaspekte. So können IT-Kosten im zweistelligen Bereich gesenkt werden, zugleich reduziert sich der Installations- und Pflegeaufwand vor Ort erheblich.
Warum sensible Anwendungen nicht in die Cloud gehen
Das zeigt: Das Cloud Computing ist erwachsen geworden. Dennoch bin ich mir sicher, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis auch kritische und sensible Anwendungen als sicherer Kundenservice in der "Wolke" verfügbar sein werden. Die höchsten Eintrittshürden sind und bleiben dabei Sicherheit und Kontrolle. Gerade kritische und sensible Anwendungen - zum Beispiel SAP Anwendungen im Bereich Finanzbuchhaltung - werden oftmals nicht in die Wolke ausgelagert.
Ich führe dies vor allem darauf zurück, dass hier ein ständiger und vor allem sicherer Zugriff gewährleistet sein muss. Genau dies aber kann ein Problem sein, zumal das Speichern von Daten in öffentlichen Clouds auch aus Sicherheitsgründen noch als kritisch erscheint. Die gesicherte und vor allem nachvollziehbare Datenerhaltung ist eines der noch immer ungelösten Themen im Cloud Computing.
Hinzu kommt, dass die benötigten Bandbreiten im Internet oft mit anderen "Leitungsfressern" wie YouTube konkurrieren. Hier bedarf es aus meiner Sicht entweder massiver Investitionen der Netzprovider in die Infrastruktur oder die Einführung einer neuen Internet-Governance, die bestimmte Dienste priorisiert - allerdings wahrscheinlich gegen Bezahlung. Wir wissen nicht, wie sich die Bandbreitenproblematik in den nächsten Jahren darstellen wird. Sind die Technologien entsprechend ausgereift, bin ich überzeugt, dass es in zehn Jahren gar keine Rolle mehr spielt, wo unsere Server stehen.
Premium Services sind interessant
Ebenso interessant erscheint mir die Einführung von Premium Services, die bestimmte Datenflüsse priorisieren, indem sie ihnen "mehr Raum" geben. So würde der Cloudverkehr auf die Überholspur gelangen, ein zumindest für Business-Applikationen äußerst interessantes Modell. Der Zugriff erfolgt dann "premium" und gewährleistet gegen einen festgelegten Aufpreis die Verfügbarkeit der Dienste.
Doch Technologieentwicklung hin oder her - ich glaube fest daran, dass die Unternehmen auch weiterhin keine kritischen Applikationen in eine öffentliche Cloud lagern werden. Vielmehr werden sich Modelle wie das "Private Cloud Computing" durchsetzen, bei dem innerhalb einer Firewall ein eigenes, geschütztes Netz für Kunden eingerichtet und kontrolliert werden kann. Eine solche "private Wolke" ist vergleichbar mit der Erweiterung eines lokalen Netzwerkes auf einen Standort im Rechenzentrum.
Unternehmen bauen schon seit Jahren private Clouds
Der Weg dorthin erfolgt zum Beispiel über ein sogenanntes Virtual Routing and Forwarding (VRF) oder - allgemeiner ausgedrückt - ein virtuelles privates Netzwerk. Hierbei werden die Daten gesichert und abgeschottet übertragen, so dass Schnelligkeit und Netzwerksicherheit gegeben sind. Meine Erfahrung aus der Praxis ist, dass gerade große Unternehmen sich bereits seit Jahren private Clouds bauen, auf die die Mitarbeiter dann per Internet zugreifen können. Zum großen Teil sind auch diese Clouds als hybride Lösungen an "on premise"-Installationen gekoppelt.
Das entspricht nach meiner Überzeugung auch dem IT-Szenario der Zukunft. So wird sich eine Mischform aus Cloud und "on premise"-Services etablieren. Dabei bleiben Kern-Applikationen wie individuelle Branchenlösungen und "Mission-Critical Applikationen" "on premise" oder in der privaten Cloud. In der öffentlichen Cloud hingegen sind und werden vor allem Standardanwendungen abrufbar sein. Entscheidend ist, wie all dies genutzt wird. Kombiniert man die einzelnen Cloud-Komponenten entsprechend der eigenen Bedürfnisse mit individuellen Lösungen und Services, so ist das ein guter Weg zu Effizienz und wirtschaftlichem Erfolg. Die IT aus der Wolke wird dazu zweifellos ihren Teil beitragen.
Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!
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