Dass es überhaupt zwei verschiedene SAP-Planungswerkzeuge gibt, ist durch den Zukauf von OutlookSoft und Business Objects im Jahr 2007 bedingt. Damit wurde das bis dato auf die im Business Warehouse verankerte integrierte Planung (BW-IP) beschränkte SAP-Portfolio um das Produkt "Business Planning and Consolidation" (BPC) erweitert. Beide Werkzeuge zeichnen sich durch individuelle Funktionen und Einsatzmöglichkeiten aus, deren Vorteile die Fach- und IT-Abteilungen gegeneinander abwägen müssen. Das IT-Beratungsunternehmen Camelot ITLab hat in Kundenprojekten einen detaillierten Anforderungskatalog entwickelt, der Unternehmen hilft, die strategisch richtige Entscheidung zu treffen.
Einheitlichkeit versus Flexibilität
BW-IP und BPC haben gemeinsam, dass sie die Planungszyklen von Unternehmen verkürzen, manuelle Tätigkeiten reduzieren und die Planungsqualität steigern sollen. Ein wichtiger Unterschied ist allerdings, dass sich BW-IP eher für eine zentrale unternehmensweite Planung eignet, weil harmonisierte Daten aus dem Business Warehouse genutzt werden können, während BPC mehr für eine dezentrale Fachbereichs- und Abteilungsplanung in Frage kommt. Wer also über die Geschäftsbereiche hinweg einheitlich planen will, ist mit der integrierten Planungslösung BW-IP gut beraten - muss aber auf die Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit verzichten, die BPC den Fachanwendern bietet.
Bei BW-IP sind sämtliche Planungsprozesse vordefiniert, zentral gesteuert und hierarchisch geordnet, was die Verwendung einheitlicher Planungsobjekte und Planungslayouts einschließt. Dadurch kann eine noch höhere Planungsgenauigkeit erzielt werden als mit BPC. Eine weitere Besonderheit von BW-IP ist, dass die IT-Abteilung während des gesamten Produktlebenszyklus die Hoheit über die Administration behält - von der Installation und Wartung bis hin zur technischen Unterstützung der Umsetzung von Planungsthemen.
BPC: Fachanwenders Liebling
In SAP BPC hingegen lassen sich Planungs-szenarien weitgehend eigenständig von den Fachabteilungen erstellen, steuern und warten, da dieses Werkzeug stark an Microsoft Excel ausgerichtet ist und wenig technisches Wissen erfordert. Die Endanwender sind also weitgehend unabhängig von der IT-Abteilung und können in ihrer Planung rascher, flexibler und agiler auf die sich ständig wandelnden Kunden- und Marktanforderungen reagieren. Darüber hinaus lässt sich SAP BPC tendenziell schneller einführen als die integrierte Planungslösung, die klassischerweise in BW entwickelt wird und dementsprechende IT-Ressourcen erfordert.
Unternehmen sollten jedoch beachten, dass für BPC zwar geringere Implementierungs-, dafür jedoch Lizenzkosten anfallen - im Gegensatz zu BW-IP, das mit der SAP-ERP-Lizenz kostenfrei zur Verfügung steht. Wer also bei der Anschaffung seiner Planungswerkzeuge vornehmlich auf die Kosten achtet, dürfte mit BW-IP besser beraten sein.
Außerdem punktet BW-IP gegenüber BPC mit höherer Stabilität, Skalierbarkeit, Performance sowie Datenintegration und -integrität. Demgegenüber bietet BPC den Vorteil, dass SAP Starter Kits und Rapid Deployment Solutions mitliefert, die als Projektbeschleuniger wirken und für einen schnellen Einsatz des Werkzeugs sorgen. Bei BW-IP werden solche Starter Kits dagegen nicht von SAP mitgeliefert, sondern als Add-ons von SAP-Partnern angeboten. Ein Beispiel dafür ist der Planungswizard "Merlin" von Camelot ITLab, mit dem sich die Einführung von BW-IP beschleunigen lässt. Merlin enthält vorkonfigurierte Szenarien für typische Planungsanforderungen von Unternehmen sowie zusätzliche Planungsfunktionen.
Ein weiterer Vorteil von BPC sind die Business Process Flows. Damit können Unternehmen individuelle Workflow- und Statussysteme modellieren, um die Planungsreihenfolge und den Bearbeitungsfortschritt im Rahmen der verschiedenen Planungsaufgaben zu steuern und zu überwachen.
Excel- und Web-Versionen
Gegenwärtig gibt es für beide Werkzeuge sowohl eine Excel- als auch eine Web-Version, mit der geplant und reportet werden kann: Während bei BW-IP der klassische "BEx Analyzer" und "BO Analysis" für eine Planung in Excel erforderlich sind, ist bei BPC das Enterprise-Performance-Management (EPM) "Add-In" zu installieren. Für die Web-Darstellung wird bei BW-IP der "BEx Web Application Designer", bei BPC der "EPM Web Client" benötigt. Künftig kommt bei BW-IP für das Web noch "BO Design Studio" hinzu, das neue Flaggschiff der SAP für Dashboards. Dieses Werkzeug soll auch die mobile Nutzung des integrierten Planungs-Tools ermöglichen, während für BPC eine "EPM Unwired Mobile App" zur Verfügung gestellt werden wird.
Mit HANA lässt sich auch planen
Mit dem neuen "Planning Application Kit" (PAK) will SAP die Vorteile der Datenbanktechnologie HANA auch für die Planung nutzbar machen. Voraussetzung dafür ist, dass BW on HANA eingesetzt wird. Dies ist ab SAP BW Netweaver 7.30 möglich. PAK bietet eine Customizing-Einstellung, um die Berechnungen von der Applikationsschicht in die Datenbankschicht zu verlagern und die Performanz damit beträchtlich zu steigern. So lassen sich neue Planungs- und Simulationsszenarien umsetzen und detaillierte Berechnungen auf Basis von Massendaten vornehmen, die aufgrund der zu langen Antwortzeiten zuvor unmöglich waren. Anwender müssen im Customizing nur den entsprechenden Haken setzen, dann wird die Berechnung automatisch auf HANA ausgelagert.
Die Lizenzkosten im Blick
Mit PAK können Unternehmen ihre Planungszyklen und damit die Administrationskosten reduzieren. Außerdem steigt die Qualität der Planungen und Simulationen, da die Ergebnisse deutlich schneller zur Verfügung stehen als zuvor. Allerdings müssen BW-IP-Anwender Lizenzgebühren dafür einrechnen, und zwar in doppelter Hinsicht: zum einen für BW on HANA, zum anderen für BPC.
So kurios es klingen mag: Damit PAK für BW-IP genutzt werden kann, müssen die Anwender die BPC-Lizenz erwerben. Gerade mittelständische Unternehmen sollten daher Kosten und Nutzen detailliert analysieren, bevor sie sich für PAK entscheiden. Obwohl PAK mit der BPC-Lizenz ausgeliefert wird, können BPC-Nutzer die Customizing-Einstellung erst über eine Zusatzinstallation nutzen: Wenn sie schon von den Vorteilen der schnellen Datenbanktechnologie HANA profitieren wollen, müssen sie die Softwarekomponente HANA BPC installieren.
Derzeit ermöglicht PAK nur Performance-Optimierungen. Künftig sind jedoch auch funktionelle Erweiterungen geplant. Dies ist wichtig für BW-IP-Anwender, die weitere Planungsfunktionen nutzen möchten: Da BW-IP von SAP nicht mehr weiterentwickelt wird, müssen sie künftig auf PAK setzen.
Viele Unternehmen fragen sich besorgt nach der Sicherheit ihrer Investitionen in BW-IP. Wie SAP bereits 2008 angekündigt hat, werden die beiden Planungslösungen jedoch mittelfristig zu einer einzigen Plattform verschmelzen. Vorangetrieben wird diese Entwicklung von SAP HANA, da funktionale Weiterentwicklungen nur noch in PAK zu erwarten sind. BW-IP-Nutzer müssen also die BPC- und darin enthaltene PAK-Lizenz künftig nicht nur dann erwerben, wenn sie die schnelle HANA-Datenbank, sondern auch wenn sie die Funktionserweiterungen nutzen wollen. Umgekehrt wird BPC immer stärker in SAP Netweaver BW integriert, so dass die in PAK vorhandenen Planungsfunktionen künftig auch für BPC verwendbar sein werden.
Paralleleinsatz möglich
Nach aktuellem Stand können Unternehmen BW-IP und BPC je nach den Anforderungen jeweils alleine oder parallel benutzen und die Pläne am Ende zusammenführen. BW-IP-Anwender, die die Performance-Vorteile von BW on HANA wollen, können zusätzlich die BPC- und PAK-Lizenz erwerben und dann mit beiden Werkzeugen gleichzeitig auf HANA planen. Investitionssicherheit verspricht der SAP-Wartungs-zyklus, der für beide Tools noch bis 2020 reicht. Allerdings ist zu erwarten, dass bis dahin beide Lösungen in einer einzigen SAP Planning Engine aufgegangen sind, die auf HANA basiert.