SAP spricht von einer Signalwirkung und schickt sich an, den Einzelhandel zu erobern. Kein einfaches Unterfangen, gilt das Segment doch als eines der am härtesten umkämpften für Unternehmens-Software. Analysten gehen davon aus, dass die Walldorfer jede Menge Konkurrenten haben werden. Denn noch ist Standard-Software im Einzelhandel wenig verwurzelt.
SAP hat jedenfalls gut vorgelegt: Mit Edeka (37 Milliarden Euro Jahresumsatz) ist ein großer Fisch im Netz gelandet. Der jetzt abgeschlossene Vertrag hat ein Volumen von rund 200 Millionen Euro und läuft bis 2012. Und in der vergangenen Woche konnten die Walldorfer einen Vertrag mit dem US-Handelsriesen Wal-Mart bekannt geben. Wal-Mart verwaltet die Finanzprozesse jetzt mit SAP-Software.
Standard-Software für den Handel: Analysten sind skeptisch
Ob der Edeka-Deal allerdings die Signalwirkung für die Eroberung des Handels-Sektors hat, die SAP darin sehen will, gilt unter Analysten als fraglich. So weist Rüdiger Spies, Vice President Enterprise Applications bei IDC, auf die Schwierigkeiten dieser Branche hin - gerade in Deutschland. "In keinem anderen Land sind die Margen bei Lebensmitteln so niedrig", sagt er. Nach wie vor herrsche der Leitsatz, Geiz sei geil. Spielraum für Vorab-Investitionen in die IT bleibe dem Handel kaum.
Auch Lynn Thorenz, Marktanalystin bei Pierre Audoin Consultants (PAC), glaubt nicht, dass das Vorhaben so einfach sein wird. Sie gibt zu Bedenken, dass insbesondere Handelsriesen wie Metro eigene IT-Gesellschaften haben, die seit Jahren Warenwirtschaftssysteme entwickeln. Sie gesteht SAP aber zu, in dem über Jahre laufenden Abkommen mit Edeka dazuzulernen. "SAP wird Lebensmitteleinzelhandels-Funktionen in die Produkte einbringen und davon sicher profitieren", sagt sie.
Rüdiger Spies will den jetzt geschlossenen Vertrag zwischen Deutschlands führendem Einzelhändler und SAP jedenfalls nicht voreilig als Richtungswechsel im Handel deuten. Bei den Expansionsplänen, die Edeka habe, sei dem Unternehmen schlicht nichts anderes übrig geblieben, als die IT zu modernisieren.
Die Edeka Gruppe, Deutschlands führender Lebensmitteleinzelhändler, konsolidiert ihre IT-Aktivitäten sukzessive in der neu geschaffenen Lunar GmbH mit SAP als Partner bei der Harmonisierung vorhandener IT-Systeme. Ziel ist es, Einsparpotenziale im dreistelligen Millionenbereich zu realisieren.
Operative Geschäftsprozesse bündeln
Sitz der Lunar GmbH ist Bielefeld. Der Standort wird damit zum IT-Kompetenzzentrum der Edeka Gruppe mit voraussichtlich 250 Arbeitsplätzen ausgebaut. Die Reorganisation der IT-Landschaft soll mittelfristig abgeschlossen und die operativen Geschäftsprozesse des Unternehmens innerhalb einer gruppenübergreifenden Strategie gebündelt werden.
Neben Funktionen aus der Branchenlösung SAP for Retail werden auch die Unternehmensanwendung SAP ERP sowie die SAP-Net Weaver-Plattform zum Einsatz kommen. Die Edeka harmonisiert auf diese Weise ihre Warenwirtschaftssysteme. Künftig sollen wesentliche Bereiche der Gruppe mit SAP-Lösungen gesteuert werden, darunter das Großhandelsgeschäft sowie der Einzelhandel.
In den vergangenen Monaten haben die IT-Experten von Edeka und SAP gemeinsam die Analyse der Ist-Prozesse abgeschlossen. Dabei wurden unter anderem die Warenwirtschaftsabläufe für Groß- und Einzelhandel, die Stammdatenverwaltung sowie das unternehmensübergreifende Berichtswesen beleuchtet und somit das Fundament für die Implementierungsphase gelegt.
In Zukunft sollen auf Basis einer service-orientierten Architektur für Geschäftsanwendungen (Enterprise SOA) die unterschiedlichen Geschäftseinheiten über einen so genannten Edeka-Geschäftsprozess-Pool (EGPP) ihre Geschäftsprozesse flexibel abbilden. Dazu wird Edeka die SAP-Net Weaver-Plattform einsetzen, ebenso Komponenten für analytische Anwendungen (SAP Net Weaver BI), die Stammdatenverwaltung (SAP Net Weaver MDM) sowie SAP Net Weaver XI für das Integrations- und Schnittstellen-Management.