Automatische Schranke ersetzt Wachpersonal

Scharfe Augen am Tor

05.09.2005 von Lars Reppesgaard
Durch ein cleveres Projekt zur Nummernschilderkennung kommt Treckerbauer Fendt ohne zweite Pförtnermannschaft aus und wahrt gleichzeitig den Dorffrieden.

Die Sache stank zum Himmel: Jahrelang wälzte sich der Schwerlastverkehr mitten durch den Ortskern von Marktoberdorf im Allgäu. Bis zu 160 Lastkraftwagen pro Tag liefern hier dem Erntetechnikhersteller Fendt die nötigen Komponenten für die tägliche Fertigung von rund 60 Schleppern.

Weil die Volksseele angesichts von Stau, Lärm und Abgasen kochte, verlegte das zur AGCO-Gruppe gehörende Unternehmen die Zufahrt endlich auf die andere Seite des Firmengeländes. "Aus Kostengründen wollten wir für diesen neuen Eingang kein komplettes Pförtnerteam einstellen", erklärt Klaus Kirschke, Leiter der zentralen Instandhaltung bei Fendt.

Die Lösung, die sich Kirschke ausdachte, ist einfach wie nahe liegend. Auf dem Werksgelände wurde ein System installiert, das die Nummernschilder der Lkw erfasst und identifiziert sowie bereits bekannten Fahrzeugen automatisch die Zufahrt gestattet. So verschwinden die Sattelschlepper zügig von der Straße.

Die Technik ist wenig aufwändig: IP-fähige Kameras, die an ein Computernetz angebunden sind, liefern hoch auflösende Bilder. "Auch bei problematischen Lichtverhältnissen wie Beeinträchtigungen durch Gegenlicht oder Reflexe geben die Kameras ein ausreichend kontrastreiches Bild des Nummernschildes wieder", sagt Andreas Scholz.

Zahlen und Buchstaben aus Bildern lesen

Scholz ist Geschäftsführer von Axxteq, dem Softwarehaus, das die andere Systemkomponente programmiert hat: eine Spezialsoftware zur Texterkennung. Dieses zweite Herzstück des Systems funktioniert im Prinzip mit der gleichen Texterkennungstechnologie, die in den Flachbettscannern arbeitet: Sie erlaubt es, aus Bildern automatisch Zahlen und Buchstaben auszulesen. Diese gleicht Fendt mit einer Datenbank schon bekannter Kennzeichen ab. Nicht registrierte Lkw kontaktieren die Pförtner am rund 450 Meter entfernten Haupttor über die Gegensprechanlage und erfassen sie manuell.

Fendt: Nummernschilderkennung
Foto: cio.de

Die Idee mit der Nummernschilderkennung hat sich Kirschke abgeschaut. "Wenn es möglich war, dass im Thüringer Rennsteigtunnel die Nummerschilder von Fahrzeugen in voller Fahrt erfasst werden, musste das doch auch bei uns funktionieren, wo die Lkw vor dem Werkstor still stehen."

Nummerschilderkennung rechnet sich

Der Vorteil der Lösung: Sie ist klein und überschaubar. Bei Fendt veranschlagt man deshalb lediglich 5000 Euro jährlich für Wartung und Software-Updates. Zudem entstehen bei der Lkw-Erfassung automatisch elektronische Ankunftsbelege. Binnen zwei Jahren soll sich die Nummerschilderkennung durch die gesparten Pförtnergehälter amortisiert haben.