Das Management von DB Schenker hat eine Vision: Der Logistiker soll sich von einem klassischen Spediteur, der Waren von A nach B transportiert, zu einem datengesteuerten Dienstleister transformieren. Das sei ein zentraler Baustein der unternehmensinternen Digitalisierungsstrategie, heißt es, die effektive und effiziente Nutzung unternehmensinterner wie externer Daten für das künftige Geschäft essenziell.
Das Fundament, auf dem die datengetriebene Transformation aufbauen soll, ist die im Jahr 2016 gegründete Abteilung "Data Strategy & Analytics" (DSA). Dieser Bereich fällt Schenker zufolge als Querschnittsfunktion aus der klassischen Matrixstruktur heraus und arbeitet über verschiedene Geschäftsbereiche, Funktionen und Regionen hinweg. Data Strategy & Analytics soll eine unternehmensweite Datenstrategie entwickeln und diese weiter vorantreiben.
Dazu gehört, datengetriebene Geschäftsmodelle zu finden und zu implementieren, genauso wie prozessrelevantes Wissen im Rahmen von Analytik- und Optimierungsprojekten zu generieren, formuliert Schenker seine Anforderungen. Hierbei kämen moderne Verfahren aus den Bereichen Machine Learning beziehungsweise künstliche Intelligenz zum Einsatz, wie zum Beispiel statistische Methoden, Verfahren der Mustererkennung, Simulationen und Optimierungsverfahren.
Die ersten Früchte dieser Anstrengungen seien bereits geerntet, heißt es. Von den analytischen Initiativen der Abteilung profitierten DB Schenker wie auch seine Kunden. Das bestehende Produktportfolio werde mit neuen datengesteuerten Dienstleistungen ergänzt, die über die klassische Spediteurstätigkeit hinausgehen. Bereits im ersten Jahr der neuen Abteilung seien über 30 Use Cases in allen Produktbereichen von DB Schenker initiiert und zehn Prototypen entwickelt worden, die noch im Lauf des Jahres global in der Organisation ausgerollt werden sollen.
Beispielsweise sei es gelungen, komplexe, integrierte Datenanalysen zu Aufkommensprognosen und Netzwerkoptimierung im europäischen Landverkehr in bestehende interne Prozesse zu integrieren. Manche Use Cases generierten Kostenoptimierungen im zweistelligen Millionenbereich. Für einen internen Kunden hat DSA ein integriertes Forecasting- und Routenoptimierungstool auf Basis von digitalisiertem und analysiertem Disponentenwissen entwickelt. Darüber hinaus konnten mittels Data Mining und mathematischen Optimierungsverfahren die Logistiknetze externer Kunden analysiert und optimiert werden.
Eine systematische Analyse von Kundendaten erlaubt zudem Einblicke in das Kaufverhalten der Kunden und half damit, Preise und Kapazitäten besser zu steuern und Produkte stärker an den Kundenbedürfnissen auszurichten. Bereichsübergreifend entwickelte DSA ein Frühwarnsystem, um rechtzeitig potenziell abwandernde Kunden identifizieren und entsprechend gegensteuern zu können.
Um das datengetriebene Geschäft in Gang zu bringen, galt für die Verantwortlichen im Vorfeld, die passenden organisatorischen Voraussetzungen und Abläufe zu schaffen. Kopf der strukturellen Veränderungen ist Markus Sontheimer, seit Juni 2016 Chief Digital Officer bei DB Schenker. DSA ist dabei eine von drei Digitalisierungseinheiten, die Sontheimer lenkt und steuert.
Als Querschnittsfunktion soll DSA auf agile, abteilungsübergreifende Initiativen setzen. Ideen und Ergebnisse würden dabei - ähnlich wie in einem Startup - kurzfristig und zügig umgesetzt, Erfolge schnell nachgewiesen. "Das DSA-Team ist jung, dynamisch und arbeitet explorativ mit einem Fokus auf Machine Learning beziehungsweise Aspekten der künstlichen Intelligenz, wie zum Beispiel autonome Steuerung von Fahrzeugen und Sendungen", heißt es bei Schenker.
Bis das funktionierte, mussten jedoch einige Hürden überwunden werden. Die Verzahnung von bestehendem Business, gewachsenen IT-Strukturen und dynamischen agilen Einheiten wie DSA bleibe Schenker zufolge eine besondere Herausforderung. So seien im Rahmen der Transformationsaktivitäten Probleme beim Datenzugang, der Prozesseinhaltung und der Datenqualität aufgetreten. Doch durch die Entwicklung erster Prototypen habe sich relativ schnell ein digitaler Mindset bei den Mitarbeitern in den Business Units entwickelt.
Daraus ergab sich in der Folge eine Synergie von gestiegener Datenqualität, wachsenden Nutzungszahlen und verbesserten KI-Algorithmen. Außerdem seien abteilungsübergreifend regelmäßige Abstimmungsprozesse etabliert und neue Querschnittsfunktionen, wie die des Business Consultant, eingezogen worden. Das habe geholfen, interne Prozesshürden abzubauen.
Das DSA-Team besteht aktuell unter anderem aus zehn Data Scientists und drei Operations Research Specialists - für DB Schenker vollkommen neue Berufsprofile. Die überwiegend aus den Bereichen Mathematik, Physik, Informatik und Ingenieurswesen stammenden und meist promovierten Experten ständen im engen Austausch mit vier Business Consultants.
Diese fungierten als Schnittstelle zu den jeweiligen Business Units, pilotierten Projekte und entwickelten neue Geschäftsmodelle. Das Team soll darüber hinaus um Big Data Engineers erweitert werden, die sich unter anderem um die Nutzung des unternehmensweiten Data Lake kümmern sollen.