Bundesinfrastrukturminister Andreas Scheuer (CSU) will den Mobilfunkausbau in schlecht versorgten ländlichen Regionen mit weiteren Maßnahmen voranbringen. Teil einer "Gesamtstrategie" sollen Regelungen für schnellere Genehmigungs- und Ausbauprozesse sein, wie das Ministerium mitteilte. Als Standorte für Sendeanlagen sollen öffentliche Grundstücke bereitgestellt werden. Gestärkt werden sollen auch Kooperationen von Anbietern beim Ausbau und die Akzeptanz bei Anwohnern. Das Paket werde derzeit erarbeitet und solle in den nächsten Wochen in die Abstimmung zwischen den Ministerien gehen.
Aus der Opposition im Bundestag kam scharfe Kritik am Zustand des deutschen Mobilfunknetzes. Um dessen Ausbau stehe es "dramatisch schlecht", stellte der Vize-Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, fest. Dies sei "exemplarisch für das Versagen der großen Koalition in der Digitalpolitik", sagte er dem "Tagesspiegel".
Weiße Flecken beseitigen
Scheuers Ministerium erklärte, im Zentrum des geplanten Programms stehe, weiße Flecken zu beseitigen. Dafür soll die Strategie über bisherige Auflagen und Zusagen der Anbieter hinausgehen. Konkret ist unter anderem geplant, die Mobilfunkversorgung in Zügen zu verbessern. Dafür sind von Herbst an 50 Millionen Euro als Förderung vorgesehen. In Grenzregionen sollen Netzbetreiber weitere Stationen des LTE-Standards aktivieren oder bestehende in der Leistung maximieren können.
Als Flächen für Sendestandorte seien bereits 17.000 Liegenschaften des Bundes, 5.000 von Sicherheitsbehörden und 120.000 Flurstücke der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung identifiziert worden. Dort sollen Netzbetreibern kürzere Genehmigungsverfahren als an anderen Orten und günstige Miet-Konditionen angeboten werden, hieß es weiter.
Trotz aller Investitionen gibt es vor allem in ländlichen Gebieten nach wie vor Bereiche mit schlechter Handy- und Internetversorgung. Bei der kürzlich beendeten Vergabe der Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G waren weitere Auflagen verankert worden, die einige weiße Flecken verschwinden lassen sollen. Dazu gehört, dass bis Ende 2022 mindestens 98 Prozent der Haushalte in Deutschland mit mindestens 100 MBit pro Sekunde im Download versorgt werden müssen.
Nach einer Analyse der Londoner Firma "Opensignal", über die der "Tagesspiegel" berichtete, haben deutsche Smartphone-Nutzer mit LTE-Vertrag im Durchschnitt in nur 77 Prozent der Zeit wirklich Zugang zum LTE-Netz. LTE ist der zurzeit schnellste großflächig verfügbare Mobilfunkstandard.
Der Grünen-Politiker von Notz beklagte, Deutschland verliere nicht nur international den Anschluss, auch "ohnehin strukturschwache Regionen werden weiter abgehängt". Gerade die CSU, die versprochen habe, das Stadt-Land-Gefälle auszugleichen, sei "damit krachend gescheitert".
Die Netzexpertin der Linksfraktion, Anke Domscheit-Berg, attackierte die Betreiber: Diese fänden "immer neue Ausreden" für ihr Versagen. Zudem habe die Bundesregierung seit Jahren keine Mobilfunkstrategie. Domscheit-Berg plädierte im "Tagesspiegel" für eine regionale Lizenzversteigerung, "bei der ein Anbieter den Zuschlag bekommt, aber dafür 100 Prozent der Fläche versorgen muss". (dpa/rs)