Mobile IT, Bring Your Own Device und Cloud Computing haben die einst klaren Verhältnisse in den Unternehmen aus den Fugen gebracht. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber noch immer herrscht Unklarheit über den richtigen Umgang mit der veränderten Lage vor. Das britische Analystenhaus Freeform Dynamics konstatiert in einer Studie mit mehr als 650 Befragten, dass widerstreitende Interessen entstanden sind, und zwar zwischen Business, Usern und IT-Abteilung. Deshalb gelte es, Ungleichgewichte auszugleichen - und das kann der IT im Alleingang schwerlich gelingen.
Vorstände verletzen eigene Regeln
Die Analysten aus England liefern CIOs gute Gegenargumente, wenn ihnen für Probleme der Schwarze Peter zugeschoben werden soll. "Schizophrene Manager müssen Verantwortung übernehmen", heißt es in der Studie recht plakativ. "Eines der größten Probleme im Umfeld des End User-Computings ist die gespaltene Persönlichkeit, die Vorstände oftmals offenbaren."
Gemeint ist damit, dass mit Führungskräften aus dem Business gewissermaßen der Gaul durchgeht, wenn sie selbst mit Tablets, Smartphones und Macs hantieren. In ihrer Management-Rolle betonen sie die Wichtigkeit von Performance und wirksamem Risikomanagement. So fordern sie von der IT ein hohes Niveau an Service und Support ein, verlangen harte Kostenkontrolle und geben sich bei Sicherheit, Compliance und Datenschutz streng. Ihre eigenen Vorgaben unterminieren sie dann aber selbst, wenn man ihnen faszinierende Technologie in die Hand gibt. Ihr Alter Ego als ungeduldiger End User bricht durch.
Wenn Manager taub gegenüber den Vorgaben der IT werden, wird es laut Freeform Dynamics gefährlich. "Die Risiken eskalieren, wenn die Ausnahmen von der Regel ganz oben der Belegschaft ein schlechtes Vorbild liefern", schreiben die Analysten. "Oder wenn die Begeisterung der Führungskräfte im Zusammenspiel mit Lobby-Arbeit aus den Fachbereichen in schlecht vorbereitete BYOD-Projekte mündet, die die Möglichkeiten der IT zur Sicherung der Unternehmenswerte torpedieren."
IT braucht Rechte und Budgets
Die Botschaft von Freeform Dynamics an die Adresse der Manager ist klar: Es ist unlogisch, von der IT die Bewältigung neuer und sich rasch wandelnder Herausforderungen zu fordern, ohne die dafür benötigten Investitionen in Systeme und Prozesse zu ermöglichen. Und es ergibt keinen Sinn, der IT Autorität und Kontrollbefugnisse zu entziehen, ohne vorab zu klären, wer dann für Security und Compliance die Verantwortung trägt. "Das sind keine IT-Probleme, sondern grundsätzliche geschäftliche Fragen", stellen die Analysten klar.
Den wachsenden Einfluss der End User bewerten die Analysten an sich positiv. Allerdings gehe damit auch einher, dass die Nutzer ihre eigenen Bedürfnisse über jene ihre Teams oder des Gesamtunternehmens stellen. Hinzu komme der Hang, Moden und den Wohlfühlfaktor über essenzielle Dinge wie Security, Compliance und Datenschutz zu stellen. "Man sollte nicht in die Falle tappen, die Interessen der User und jene des Unternehmens gleichzusetzen", so Freeform Dynamics.
Für die IT ist es vor diesem Hintergrund nicht schön, mit häufig zu wenig Personal und Geld auskommen zu müssen. Und gesagt zu bekommen, gefälligst für mehr Freiheit und Flexibilität für die User zu sorgen. "Es gibt reichlich Technologie und Techniken, die für Abhilfe sorgen können", konstatieren die Studienautoren. "Aber es benötigt Zeit, Anstrengungen und Geld, um die richtigen Lösungen zum Einsatz zu bringen - und daran mag es fehlen."
Wenig hilfreich sei es, in dieser Lage widerspenstig zu reagieren. Stattdessen gelte es, die Dinge voranzubringen. Und zwar, in dem man die Diskussion von der IT- auf die Business-Ebene hievt. Dazu gehöre es auch, den Chefs im Unternehmen klarzumachen, dass es nicht um "Aufklärung" einer vermeintlich bornierten IT geht, sondern um notwendige Investitionen.
9 Tipps der Analysten
Die zentrale Empfehlung von Freeform Dynamics: Politisch werden und durchsetzungsfähig agieren. CIOs dürften nicht zulassen, dass User, Vorstände und etwaige Kritiker ihre Abteilung als Bremsklotz zeichnen, der dem Fortschritt im Wege steht. Darüber hinaus haben die Analysten neun konkrete Tipps parat, um erfolgreich durch die schwere See zu steuern:
1. Das Unausweichliche akzeptieren: Unabhängig vom Umgang mit der BYOD-Frage ist zu akzeptieren, dass Mobilität, Gerätevielfalt und größerer Einfluss der User unvermeidbar sind. "Besser darauf vorbereit sein als Widerstand üben", so Freeform Dynamics.
2. Lektionen lernen: "Dinge, die noch vor ein oder zwei Jahren zu komplex, zu teuer und sogar unmöglich waren, sind inzwischen oft praktikabel und bezahlbar", heißt es in der Studie. Mit diesen Entwicklungen gilt es Schritt zu halten.
3. Verstehen, wo man steht: In der skizzierten Gemengelage ist es aus IT-Perspektive völlig normal, dass Einzelinteressen im Unternehmen nerven. Darum sollte man genau nachvollziehen, wer genau welche Forderungen stellt. Häufig entpuppt sich dringlich erscheinender Bedarf als Interesse einer Minderheit.
4. Prioritäten setzen: Wenn nicht alles gleichzeitig umsetzbar ist, müssen Prioritäten gesetzt werden. "Man sollte nicht davon ausgehen, dass man sofort alle Probleme einer ganzen Gruppe lösen kann", bemerkt Freeform Dynamics. "Man kann den Usern übrigens auch beibringen, selbst zu priorisieren."
5. Top-Management ins Boot holen: Dabei sollte man die Manager nicht mit Problemen und Hypothesen behelligen. Sie stehen stattdessen auf umsetzbaren Vorschlägen, die sich bereits unternommenen Schritten orientieren und einem konkreten Zeitplan folgen. Puffer sollten dabei eingebaut sein.
6. Zeit herausschlagen: Für den Umgang mit frustrierten Usern rät Freeform Dynamics zu einem Trick. Man sollte Funktionen oder Flexibilität schnell dort bereitstellen, wo es unkompliziert möglich ist. So wird es leichter, für andere Wünsche um mehr Zeit zu bitten.
7. Langfristige Pläne konkretisieren: Hierfür ist die Festlegung präziser Ziele nötig. Zu definieren ist, welche Technologie eingesetzt werden soll und die Roadmap für den Prozess aussieht.
8. Nicht auf Technologie alleine verlassen: Software kann nicht mehr als das Fundament des Gebäudes sein. Hinzu müssen Richtlinien für die User kommen. Erarbeitet werden können diese häufig nur im Zusammenspiel mit Chefetage und Personalabteilung.
9. Anbieter nutzen: Es kann ratsam sein, das Know-how der Anbieter zu nutzen. Die kennen nach Einschätzung von Freeform Dynamics die Anwender-Probleme aus eigener Beratungstätigkeit. Und sie sind in der Regel bereit, ihre Einblicke zu teilen.
Die Studie "The Politics and Practicalities of End User Computing" von Freeform Dynamics entstand in Zusammenarbeit mit VMware.